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Wolfskinder - Lindqvist, J: Wolfskinder - Lilla stjärna: Wolfskinder

Wolfskinder - Lindqvist, J: Wolfskinder - Lilla stjärna: Wolfskinder

Titel: Wolfskinder - Lindqvist, J: Wolfskinder - Lilla stjärna: Wolfskinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Ajvide Lindqvist
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Herr der Ringe entstanden. An einem langweiligen Tag sitzt ein Literaturprofessor in seinem Büro. Auf ein Blatt Papier kritzelt er: »In einer Höhle in der Erde, da wohnte ein Hobbit.« Er weiß nicht, was ein Hobbit ist oder wie diese Höhle aussieht. Aber es war ein lustiger Satz, wie könnte wohl der nächste Satz lauten?
    Am Wochenende nach dem Zwischenfall mit Jenny saßen Theres und Teresa am Samstagabend zu Hause und hatten nichts zu tun. Sie hatten keine Lust, sich Filme anzugucken, und sie hatten so lange an ihren Songs gearbeitet, dass sie kaum noch Kräfte übrig hatten. Teresa hatte Theres Fünf in eine Reihe beigebracht, aber schon nach einigen Runden waren sie sich so unerträglich ebenbürtig, dass die Partien von derjenigen gewonnen wurden, die am längsten durchhielt, und das war immer Theres.
    Theres schien nicht in der Lage zu sein, Langeweile zu empfinden, und als sie sich am Couchtisch mit einer Partie Gomoku gegenübersaßen, die mittlerweile ein halbes Blatt Papier füllte, befiel Teresa ein verzweifeltes Bedürfnis, sich irgendetwas einfallen zu lassen, was auch immer, etwas Neues.
    Da fiel ihr etwas ein. »Du«, sagte sie. »Wollen wir ein Video machen?«
    Max Hansen hatte seit ein paar Tagen nichts mehr von sich hören lassen, und Theres’ Musikkarriere schien vorbei zu sein, bevor sie überhaupt begonnen hatte. Sie konnten genauso gut einen Spaß daraus machen, es spielte ohnehin keine Rolle mehr.
    Sie suchten sich ein dunkelblaues Laken heraus, das sie an der Wand von Theres’ Schlafzimmer aufhängten, und bauten ein paar kleine Lampen für die Beleuchtung auf. In einer Küchenschublade fand Teresa eine Lichterkette, die sie an die Decke hängten, um für ein Glitzern in Theres’ Augen zu sorgen, wenn sie dorthin schaute.
    Mit Textilband klebte Teresa ihr Handy an einen Stuhlrücken und justierte die Höhe mit ein paar DVD-Boxen unter den Stuhlbeinen, bis Theres’ Gesicht das Display des Handys exakt ausfüllte. Teresa startete die Aufnahme und spielte das Lied auf dem Computer ab.
    Theres weigerte sich, das Konzept Playback in die Praxis umzusetzen, und sang das Lied stattdessen gerade heraus. Vielleicht bewegten sich die Lippen dadurch sogar synchroner, und es war ohnehin kein Problem, die Tonspur des Films zu entfernen und sie durch den bereits eingespielten Song zu ersetzen.
    Die Stimme der wirklichen Theres mischte sich perfekt mit der vorher eingespielten, als sie das ganze Lied gesungen hatte.

    Flieg weit fort, lass dich nicht mehr zwingen
    Flieg bis du abschütteln kannst deine Schwingen
    Flieg aus deinem engen Raum
    Flieg zu mir, flieg zu mir …
    Teresa gewöhnte sich nicht daran; jedes Mal wurde sie erneut in den Bann gezogen. Als Theres zu Ende gesungen hatte, dauerte es eine ganze Zeit, bis sie in der Lage war, sich vorzubeugen und die Kamera auszuschalten.
    Sie hatten in der Schule schon gelegentlich mit iMovie gearbeitet, und Teresa hatte grundlegende Kenntnisse, wie man Videos schneidet und Tonspuren hinzufügt. Als sie das ersetzenwollte, was Theres soeben zur bereits eingespielten Aufnahme gesungen hatte, zögerte sie. Statt die neue Aufnahme ganz zu entfernen, senkte sie lediglich die Lautstärke.
    Was Theres gerade gesungen hatte, klang anders, passte aber gut zu der alten Aufnahme. Die Tonqualität des Handymikrofons war deutlich schlechter, aber der blecherne Sound im Hintergrund gab dem Song ein bisschen mehr Substanz und machte ihn spannender. Teresa war nicht musikalisch, aber wie nannte man das noch?
    »Theres«, fragte sie. »Was du gerade eben gesungen hast. Du hast nicht dasselbe gesungen, sondern so eine zweite Stimme , oder?«
    »Ich weiß nicht. Was ist eine zweite Stimme?«
    »Ich glaube, was du da gesungen hast, war eine zweite Stimme.«
    »Manchmal muss es so sein.«
    Teresa probierte, Theres’ Stimme auf dem Mobiltelefon an verschiedenen Stellen lauter oder leiser zu stellen, nahm sie aus der Strophe heraus und drehte sie bei Teilen des Refrains ordentlich auf, bis Theres sagte, dass es so war, wie es sein sollte. Sie spielten das Resultat mit Bild und Ton auf dem großen Computerbildschirm ab, und alles hing auf eine Weise zusammen, die man schwer beschreiben konnte. Es stimmte einfach.
    Theres’ ruhiges, ausdrucksloses Gesicht, in dem sich allein der Mund bewegte und den dramatischen Text direkt zu der Melodie sang, gelegentlich verstärkt von der elektronisch anmutenden Stimme, die aus einer anderen Welt zu kommen schien. Das passte.
    Teresa

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