Wolfskinder - Lindqvist, J: Wolfskinder - Lilla stjärna: Wolfskinder
nichts gehört. Aber sie hatte über die Situation nachgedacht und war zu dem Ergebnis gekommen, dass es keine Alternative gab.
Stattdessen erwiderte sie Karl-Axels Grinsen, als ob er etwas Lustiges gesagt hätte, machte einen Schritt nach vorn und trat ihn zwischen die Beine. Die Stiefel waren vorn mit einer Stahlkappe verstärkt, und der Treffer war so gut wie perfekt. Karl-Axel fiel um, als hätte man einen Stöpsel herausgezogen, krümmte sich auf dem Boden zusammen und begann zu zittern, bevor er überhaupt auf die Idee kam zu schreien. Sein Mund öffnete und schloss sich, und sein Gesicht wurde bleich. Teresa beugte sich über ihn.
»Was sagst du? Was wolltest du sagen, Karl-Axel ?«
Irgendetwas zwischen Quietschen und Flüstern drang aus Karl-Axels Mund, und Teresa meinte, ihn sagen zu hören: »Nur ein Scherz …« Sie setzte den Fuß auf seine Wange, drückte sein Gesicht gegen den Boden und wandte sich an die anderen.
»Will hier noch jemand einen Scherz machen?«
Niemand meldete sich, und Teresa nahm den Fuß weg. Die Sohle hatte einen gestreiften Abdruck auf Karl-Axels Wange hinterlassen. Sein Körper zuckte, während er die Hände gegen seinen Unterleib drückte und unartikuliert zischelte. Sie betrachtete ihn und spürte keine Freude. Er war nur ein jämmerlicher und ängstlicher kleiner Junge, und sie bereute es sogar ein bisschen, dass sie so hart zugetreten hatte.
Da war nichts mehr zu machen. Sie setzte sich auf die Bank und verschränkte die Arme vor der Brust, wartete darauf, dass dieser kleine Zwischenfall vorübergehen würde. Es würden vermutlich noch mehr werden, aber sie hatte ihre alte Idee von der Einfachheit wieder aufgenommen und für diesen Tag einen Plan gemacht. Sobald irgendjemand sie auf irgendeine Weise zu verhöhnen versuchte, würde sie zutreten. Den Mädchen gegen das Schienbein, den Jungs in die Eier, wenn es ging. Das war alles.
Weitere Schüler aus ihrer Klasse kamen dazu, und Karl-Axel weigerte sich nach wie vor, wieder aufzustehen. Man unterhielt sich im Flüsterton, und die Nachgekommenen wurden über die Situation ins Bild gesetzt.
Agnes kam erst in der letzten Minute vor Unterrichtsbeginn. Karl-Axel war es bis dahin gelungen, sich so weit zu berappeln, dass er mit dem Rücken an den Schrank gelehnt auf dem Boden saß. Sie legte den Kopf schief und fragte: »Warum sitzt du hier?«
Karl-Axel schüttelte den Kopf, und Patrick sagte: »Teresa hat ihn getreten. Zwischen die Beine. Verdammt hart.«
Agnes wandte sich Teresa zu, und ein zweideutiges Lächeln zeigte sich auf ihren Lippen. Zuerst dachte Teresa, dass es eine Art Billigung war, aber als Agnes sich nicht neben sie setzte, wie sie es sonst zu tun pflegte, schwante ihr, dass es nur ein Lächeln aus Verlegenheit war.
Teresas Plan funktionierte über Erwarten gut. Alle in der Klasse gingen ihr aus dem Weg, und an diesem Tag machte niemand mehr eine Bemerkung. Nicht einmal Jenny brachte eine Gemeinheit über ihre Lippen, solange Teresa in Hörweite war. Sie konzentrierte sich auf ihren inneren Wolf und blieb unberührt.
Nur während des Mittagessens geriet ihre Verteidigung insWanken. Niemand setzte sich neben sie, aber als sie vor ihrem gefüllten Teller saß, spürte sie die Blicke der anderen, die auf sie gerichtet waren, hörte das Flüstern. Was würde Ekel-Teresa mit dem Essen machen? Was würde sich Kotz-Teresa jetzt in den Mund stopfen?
Sie betrachtete den Teller, auf dem zwei panierte Fischfilets neben vier Kartoffeln lagen, dazu noch ein paar Tomatenviertel am Rand. Ein Klumpen stieg aus ihrem Magen auf, blieb in ihrem Hals stecken und wurde zu einem Unwohlsein. Sie konnte jeden treten, der sich ihr in den Weg stellte, aber sie konnte das nicht essen.
Aufstehen und zum Resteeimer gehen, das Essen vom Teller kratzen und den Speisesaal verlassen. Alle würden hinter ihrem Rücken lachen. Oh, was sie für einen Spaß hätten!
Rauch stieg von dem Teller auf. Das dampfende Blut aus der aufgerissenen Flanke des Beutetiers traf auf die kalte Luft. Die Kiefer spannten sich, als sich ihre Zähne durch die Muskeln und Sehnen mahlten. Zuckende Nerven im sterbenden Fischfilet und dann der Biss, der alles Leben auslöschte. Der rote Saft der Tomaten rann durch ihre Kehle. Nicht der kleinste Bissen durfte den Krähen überlassen werden.
Als sie aufstand und den leeren Teller zur Geschirrabgabe brachte, war das weiße Skelett blank genagt. Eine geglückte Jagd, eine Mahlzeit, die den Körper für den Rest des
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