Wolfskinder - Lindqvist, J: Wolfskinder - Lilla stjärna: Wolfskinder
Geruch, der die muffige Atmosphäre in die Flucht schlug. Sie holte tief durch die Nase Luft und drückte den Rücken durch. Theres sagte: »Schließt die Tür.«
Teresa erwartete Proteste. Kalt , eklig , Angst im Dunkeln und so weiter, aber sie blieben aus. Ob es daran lag, dass alle von demselben Zusammensein-Gefühl ergriffen waren wie Teresa, oder daran, dass Theres es gesagt hatte, war unmöglich zu entscheiden. Jedenfalls kam niemand mit irgendwelchen Einwänden, als Anna S. und Malin mit vereinten Kräften die schwere Tür zuzogen und es kohlrabenschwarz wurde. Teresa öffnete und schloss die Augen, ohne einen Unterschied zu bemerken.
Doch. Einen Unterschied gab es. Als sie eine gute Minute in der totalen Finsternis gesessen hatte, schienen die Körper der anderen immer näher zu kommen, so nahe, dass sie sich aufzulösen und durch sie hindurchzufließen begannen. Sie hörte sie, spürte sie, schmeckte sie, und in der kompakten Dunkelheit wurden sie zu einem einzigen Körper, ein paar hundert Kilo Fleisch, das wartete, atmete.
»Wir sind die Toten«, sagte Theres, und ein kaum hörbares Japsen ging durch die Masse, als alle Herzen stehen blieben und aufhorchten. Sie hatte es gesagt. Jetzt war es wahr.
»Wir sind in der Dunkelheit. Wir sind unter der Erde. Niemand kann uns sehen. Es gibt uns nicht. Kleine ist hier. Kleine kam aus der Erde. Kleine bekam Augen. Und Mund. Kleinekonnte singen. Kleine wurde tot. Und lebte wieder. Kleine ist hier. Der Tod ist nicht hier.«
Als Theres die letzten Worte gesagt hatte, hörte man ein einstimmiges Ausatmen. Teresa stand auf und drängte sich durch die Körper hindurch. Als sie zur Tür kam, musste sie sich mit dem Rücken dagegenstemmen, um sie aufzubekommen. Sonnenlicht strömte herein.
Ein Mädchen nach dem anderen kam aus dem Erdkeller und blinzelte in das milde Abendlicht. Sie schauten einander wortlos an, trieben in unterschiedliche Richtungen davon oder sammelten sich in kleinen Gruppen. So vergingen gut fünf Minuten.
Dann schien eine langsame, steigende Woge durch die Luft zu rollen und sie mit kurzen Intervallen zu erfassen. Freude. Linn fand ein paar frühe Walderdbeeren und begann sie auf einen Grashalm zu ziehen. Bald begannen einige der anderen, dasselbe zu tun. Ronja fand einen platten Fußball und sie, Anna L. und Sofie begannen ihn einander zuzupassen. Und so weiter.
Teresa saß auf einem Hackklotz und schaute ihnen zu. Sie hatte Theres fast vergessen, aber jetzt sah sie sie aus dem Keller kommen und die anderen mit zusammengekniffenen Augen betrachten. Teresa ging zu ihr hinüber.
»Hallo.«
Theres antwortete nicht. Ihre Augen waren dunkel, und sie hatte sie nicht wegen des Lichts zusammengekniffen, sondern weil sie etwas sah, das ihr nicht gefiel.
»Was ist?«, fragte Teresa.
»Sie verstehen nicht.«
»Was verstehen sie nicht?«
»Du weißt.«
Teresa nickte langsam. Sie stand neben Theres. Sie war diejenige, die das Wissen besaß. So sollte es jedenfalls sein. Leider stimmte es nicht.
»Nein«, sagte sie. »Ich weiß es nicht. Ich fand es ziemlich beeindruckend, als wir zusammen im Keller waren. Du hast etwas getan. Es ist etwas geschehen.«
»Ja«, sagte Theres und betrachtete die anderen Mädchen, die über das Grundstück tobten. »Zusammen. Nicht jetzt. Nicht Cecilia. Nicht Ronja. Nicht Linn. Nicht Malin …« Sie fuhr fort, bis sie sämtliche Namen aufgezählt hatte, und endete mit: »Nicht du.«
»Was meinst du, was sollen wir tun?«
»Komm.«
Theres drehte sich um und ging in den Keller zurück. Teresa folgte ihr.
Als sie eine Weile später wieder ins Haus kamen, hatten die anderen bereits die Babygläschen ausgepackt und sie nach dem Inhalt in Gruppen sortiert. Das Gemüsepüree war am beliebtesten, während sich niemand mit dem Dillfleisch anfreunden konnte, und sie zankten sich aus Spaß um die Gläschen, während die Löffel kreuz und quer durcheinandergestreckt wurden, damit alle die unterschiedlichen Geschmacksrichtungen probieren konnten.
Sie hatten sich in einem Kreis auf den Boden gesetzt, und Teresa setzte sich zu ihnen, während Theres sich einsam am Küchentisch niederließ, ein Gläschen Königsberger Klopse öffnete und ohne ein Wort einen Löffel hineinsteckte. Die fröhliche Stimmung, die zu Beginn der Mahlzeit geherrscht hatte, verebbte, und alle schielten zu Theres hinüber, die ausdruckslos die graubraune Pampe in sich hineinschaufelte, bis sie zwei Gläschen geleert hatte.
Nicht einmal Teresa, die mit
Weitere Kostenlose Bücher