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Wolfskinder - Lindqvist, J: Wolfskinder - Lilla stjärna: Wolfskinder

Wolfskinder - Lindqvist, J: Wolfskinder - Lilla stjärna: Wolfskinder

Titel: Wolfskinder - Lindqvist, J: Wolfskinder - Lilla stjärna: Wolfskinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Ajvide Lindqvist
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Gefühl die Freude . Eine andere Art von Freude. Eine Freude, die so groß und durchdringend war, dass sie Trauer ähnelte. Denn sie konnte nicht für ewig bleiben, dafür war sie allzu brennend. Sie konnten sie gemeinsam durch körperliche Nähe und die kollektive Erfahrung am Leben erhalten, aber irgendwann musste sie welken und vergehen. Daher die Trauer.
    Es wurde eine weitere schlaflose Nacht, und schon vor dem Morgengrauen gingen sie hinaus, um im Schutz der Dunkelheit ihre Spuren zu beseitigen. Einige trugen Max Hansens in Plastik gewickelten Körper zum Grab und warfen ihn zusammen mit seinen Kleidern hinein, füllten es mit Steinen und Erde, legten sorgfältig die Grasmatten wieder darauf und stampften sie fest. In ein paar Wochen wären sie mit dem umgebenden Gras wieder zusammengewachsen. Einige räumten in der Garage auf, reinigten alle Werkzeuge und schrubbten die Hobelbänke sauber.
    Als die Dämmerung kam, hatten sie alles in den ursprünglichen Zustand zurückversetzt, und sie versammelten sich auf dem Steg, um den Sonnenaufgang zu betrachten. Linn hatte immer noch Tränen in den Augen, aber nicht aus dem Grund, den die anderen vermuteten. Als sie ihre Gesichter eine Weile in den ersten Strahlen der Sonne gebadet hatten, verschränkte Linn die Arme vor der Brust, wandte sich an Teresa und sagte: »Nächstes Mal möchte ich bohren.«
    Es war vielleicht nicht das Letzte, was Teresa erwartet hätte, aber beinahe. Linns kleines Gesicht sah so schmollend aus, dass Teresa in Lachen ausbrach, und bald lachten auch andere mit. Linn sah sich verärgert um.
    »Was denn? Ich habe fast gar nichts abgekriegt!«
    Das Lachen ließ schnell wieder nach, und es wurde still, als ihre Blicke einander suchten. Sie mussten nicht mehr so viel reden, um miteinander zu kommunizieren, und es stellte sich heraus, dass auch andere in denselben Bahnen dachten wie Linn.
    Nächstes Mal. Dass es ein nächstes Mal gab.
    Um zwölf begannen die Transporte zur Bushaltestelle. Nachdem sich Theres lange mit Anna L. unterhalten hatte, hatte Anna gesagt, dass sie auch weiterhin mitmachen wolle, aber dass sie die Hilfe der anderen benötigen würde. Die solle sie bekommen, das war schließlich der Grund dafür, warum man ein Rudel war und nicht vierzehn Mädchen. Sie umringten sie, sieumarmten sie und teilten ihre Kraft mit ihr. Ronja bot sich an, ihr Auto bis nach Mörby zu fahren, damit sie zusammen mit den anderen Bus fahren konnte.
    Dieser Gedanke erwies sich als wertvoll, weil die Erfahrung erst im Bus richtig bei ihr einsickern konnte, als sie alle zusammen die hintere Hälfte des Fahrzeugs besetzten und Anna sich folglich in einem vertrauten Milieu befand, statt schutzlos und ängstlich zu sein. Nein, jetzt saß sie hier mit den Ihren – den Begrabenen und Wiederauferstandenen, den Hungernden, die Zähne hatten, ihren Rudelschwestern, die sie beschützten. Da kam endlich die Freude.
    »Ihr gehört jetzt zu mir, oder? Und ich zu euch. Wir halten jetzt zusammen. So richtig. Wir können machen, was wir wollen, und wir lassen einander niemals im Stich, oder?«
    Es war keine Frage, sondern eine Feststellung, und Anna holte tief Luft und streckte die Arme aus, als wäre sie jetzt erst richtig aus dem Grab gestiegen.
    Die Mädchen begannen sich an verschiedenen Stationen voneinander zu verabschieden, nicht ohne dass sie sich vorher für den nächsten Sonntag am üblichen Ort verabredet hatten. Teresa fuhr mit Theres nach Svedmyra. Obwohl sie das erste Mal seit über vierundzwanzig Stunden allein miteinander waren, sprachen sie nicht viel, diskutierten nicht darüber, was passiert war, oder über die Reaktionen der anderen. Es ging nicht mehr, weil die anderen jetzt keine anderen mehr waren. Es ging nicht mehr, über sie zu sprechen, als seien sie nicht anwesend.
    Sie trennten sich vor Theres’ Tür. Als Teresa sich umdrehte, um zur U-Bahn zurückzugehen, sagte Theres: »Das war gut.«
    »Ja«, sagte Teresa. »Das war sehr gut.«
    In der U-Bahn und während der folgenden Zugreise kreiste ein einziges Wort ständig durch Teresas Kopf, schlug Haken, zappelte wie ein Fisch in einer zu kleinen Schüssel.
    Urd, Urd, Urd.
    Stimmen unter der Erde. Auf der einen Seite wusste sie, dassdieses Bild von ihrem nach Sauerstoff dürstenden Hirn erschaffen worden war. Auf einer anderen Ebene aber war es wirklich und wahr. Urd war zu ihr gekommen, hatte sich hinter sie gelegt und sich dann ihre dünne Haut wie ein eng anliegendes Kostüm übergezogen. Urd

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