Wolfskinder - Lindqvist, J: Wolfskinder - Lilla stjärna: Wolfskinder
ihren Schlafsäcken auf dem Küchenboden geschlafen hatten, hatten sie zum Frühstück ein paar Babygläschen gegessen, bevor Teresa ihnen erzählte, was in dem Supermarkt passiert war. Was sie getan hatte und wie es danach war.
Sie machte sich keine Gedanken darüber, ob sie ein Risiko einging, wenn sie davon erzählte. Sie musste es jetzt erzählen, und sie erzählte es. Die ganze Geschichte, von dem Augenblick an, als sie und Theres auf der Laderampe gestanden hatten, biszum Kauf der roten Stiefel am folgenden Tag und wozu sie sie in der Schule benutzt hatte.
Dann unterbreitete sie ihren Vorschlag, der kein Vorschlag mehr war, sondern eher eine Aufforderung, das zu tun, was getan werden musste. Theres unterstützte sie, und es gab keine Diskussionen darüber, ob sie es machen sollten, sondern die Gespräche richteten sich direkt auf die Frage, wie sie es machen sollten.
Mit ruhigen Stimmen wurden Ideen präsentiert und auf dieselbe einfache Weise verworfen oder angenommen, wie sie es vor dem Wochenende geplant hatten. Ronja hatte sich schon früh angeboten, den Lockvogel zu spielen, und als dieser Teil geklärt war, ging es nur noch um technische Fragen. Der Holzschuppen, die Plastikfolie, die Werkzeuge. Nicht einmal als die Details festgelegt waren und das Ganze konkrete Formen annahm, reagierte jemand mit Abscheu oder versuchte sich zu distanzieren. Es war, was sie tun mussten, sonst nichts.
Als Teresa in der Garage stand und auf das Grundstück hinaushorchte, fragte sie sich, ob es von Anfang an schiefgelaufen war. Hatte Ronja Max Hansen vielleicht gar nicht gefunden? Teresa hatte ein paar Zeitungsartikel mitgebracht, um Ronja zeigen zu können, wie er aussah, und in denen er auch darüber sprach, dass er meistens ins Café Opera ging. Aber es gab natürlich keine Garantie, dass er auch an diesem Abend dort war.
Teresa hatte bereits begonnen, über Alternativen nachzudenken, als sie jemanden herbeilaufen hörte. Sofie zog die Tür zur Garage auf, und hinter ihr kamen Ronja, Caroline, Anna S. und Melinda, die einen leblosen, in Plastik eingewickelten Körper heranschleppten und auf den Hobelbänken abluden. Teresa schaltete die Leuchtstoffröhren an der Decke ein und machte sich an die Arbeit.
Sie hatte mit mehr Widerstand von Max Hansens Seite gerechnet, aber der Mann wedelte nur kraftlos mit den Beinen, sodass Ronja nur seine Schultern herunterzudrücken brauchte,um ihn am Platz zu halten. Teresa zog seine Arme aus dem Plastik heraus und klemmte seine Hände in den Schraubzwingen der Hobelbänke fest. Erst als sie die rechte Hand mit einer letzten Drehung festzog, war ein gedämpfter Schrei aus dem Plastiksack zu hören. In der Zwischenzeit hatte sich Cecilia seine Beine gegriffen und sie gemeinsam mit Linn über die Kanten der Bänke gebogen und die Füße mit dünnen Seilen an den Sockeln festgebunden.
Alle traten einen Schritt zurück, stellten sich im Kreis um die Hobelbänke herum auf und betrachteten ihren Fang. Max Hansen kam langsam wieder zu Bewusstsein. Sein Körper zuckte hin und her, soweit er es vermochte, nachdem er an allen Extremitäten gefesselt war. Der Sack raschelte, wenn er den Kopf schüttelte, beulte sich aus und ein, wenn er schrie, Luft holte, wieder schrie.
»Lasst mich los, was soll das, wer seid ihr, was habt ihr vor?«
Teresa nahm ein Teppichmesser und schnitt die Tüte über seinem Gesicht auf. Seine Haut war vor Anstrengung und Schreck rot angelaufen. Seine Augen wurden noch ein Stück größer, als er Teresa erkannte.
»Hallo«, sagte sie, worauf Theres ihr einen großzügigen Streifen Textilklebeband reichte, den Teresa über seinen Mund klebte. Sie fand es schade, dass sie ihn nicht schreien hören würde, aber das Risiko war zu groß. Drei der anderen schnitten ihm die Kleider vom Leib. Dann traten sie wieder einen Schritt zurück.
Alles war nach Plan gelaufen und sogar noch besser. Dass Max Hansen auf den Kopf gefallen war, hatte denen, die dafür eingeteilt gewesen waren, ihn einzufangen, sicherlich das eine oder andere blaue Auge oder eine dicke Lippe erspart. Jetzt lag er dort, wo er liegen sollte. Verwendungsfertig.
Sein nackter Körper übte dieselbe abstoßende Wirkung auf Teresa aus wie schon damals, als sie ihn im Film gesehen hatte. Ein schlappes und wulstiges Stück bleichen Fleisches. Wo er jetzt hier so lag, konnte man sich nur schwer vorstellen, was füreine reale Bedrohung er eine Zeit lang für sie dargestellt hatte. Sie musste lächeln. Und dann
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