Wolfskinder - Lindqvist, J: Wolfskinder - Lilla stjärna: Wolfskinder
zu Johannes hinüber, der aus dem Auto gestiegen war und abwartend vor der Kühlerhaube stand. Sie nickte. Der Mann ließ ihre Hand los und sagte: »Aha, na dann möchte ich nicht weiter stören. Lauft und spielt.«
Der Mann wandte sich ab und ging zum Haus, während Teresa und Johannes wie versteinert stehen blieben. Erst als die Haustür hinter ihm ins Schloss gefallen war, verließ Johannes seinen Platz neben der Motorhaube und ging zu Teresa.
»Mein Papa«, sagte er in einem Tonfall, als wollte er um Entschuldigung bitten. »Was machst du hier?«
»Auf dich warten.«
»Hast du auch geklingelt?«
»Ja.«
Johannes schaute zum Haus hinüber und zog eine Grimasse.»Das solltest du besser nicht mehr tun, meine Mama wird dann so … tu es bitte nicht wieder.«
»Nein. Das werde ich nicht.«
Johannes zog die Schultern hoch und ließ ein langes Seufzen hören, wie er es gelegentlich tat. Es ließ ihn sehr viel älter wirken, als er war. Dann sagte er: »Wollen wir etwas machen?«
Irgendetwas war geschehen, was Teresa ermutigte, das zu sagen, was sie jetzt sagte. Draußen war es kalt, sodass es ganz natürlich war, es zu sagen, nur dass sie es noch nie zuvor gesagt hatte. »Wir können zu mir gehen.«
8
Während des Winters trafen sie sich meistens zu Hause bei Teresa, wenn sie nicht draußen unterwegs waren. Arvid und Olof zogen sie zu Anfang noch auf und sagten »Knutschiknutschi« und »Wo ist denn dein Liebster?«, aber als Teresa und Johannes nicht darauf reagierten, hörten sie damit auf.
Meistens spielten sie Spiele. Monopoly, Othello, Schiffe versenken und Kniffel. Ein paar Mal versuchten sie es auch mit Schach, aber Johannes war so unglaublich viel besser als sie, dass es keinen Sinn hatte. Zehn Züge, und Teresa war schachmatt.
»Man muss nur wissen, wie es geht«, sagte Johannes bescheiden. »Papa hat es mir beigebracht. Ich spiele lieber etwas anderes.«
Als es wärmer wurde, begannen sie sich wieder draußen in der Höhle zu treffen. Johannes hatte begonnen, Harry Potter zu lesen, und lieh Teresa das erste Buch aus. Sie mochte es nicht. Sie konnte nicht glauben, was darin stand. Sie hatte zwar Mitleid mit dem Jungen, der so ein beschwerliches Leben hatte, aber als dieser Riese auf seinem fliegenden Motorrad kam, hörte sie auf zu lesen. So etwas passierte einfach nicht.
»Das ist doch nur als ob«, sagte Johannes. »Alles nur erfunden.«
»Aber warum sollte man es dann lesen?«
»Weil es lustig ist.«
»Ich finde es nicht lustig.«
Johannes schmollte und rührte in der Kiste mit den Steinen herum, die sie gesammelt hatten. »Und dieser Robinson Crusoe, den du so magst? Der ist doch auch nur erfunden.«
»Ist er gar nicht!«
»Ist er doch. In Wirklichkeit hat es ihn gar nicht gegeben, das habe ich in der NE gelesen.«
Immer wieder die Nationalenzyklopädie . Sobald es etwas gab, was bewiesen werden musste, kam Johannes mit seiner NE an. Er hatte erklärt, dass sie aus einer Menge dicker Bücher bestand, in denen alles stand. Teresa fragte sich langsam, ob es diese NE wirklich gab. Sie hatte sie jedenfalls noch nie gesehen.
»Nee«, sagte Teresa. »Aber es hätte ihn geben können. Im Gegensatz zu Eulen, die die Post austragen.«
»Wieso, es gibt doch auch Brieftauben.«
»Und fliegende Motorräder? Und Regenschirme, mit denen man zaubern kann? Steht das auch in der NE , dass es so etwas gibt?«
Johannes verschränkte die Arme vor der Brust und starrte zu Boden. Teresa war sehr mit sich zufrieden. Meistens war es Johannes, der es so drehte, dass er das letzte Wort hatte. Diese Runde hatte sie für sich entschieden. Sie zog die Kiste mit den Steinen zu sich herüber und begann sie mit einem leisen Summen der Größe nach zu sortieren.
Nachdem sie sich eine Weile damit beschäftigt hatte, hörte sie plötzlich ein seltsames Geräusch. Wie von einem Frosch oder wenn man sich verschluckt hat. Sie schaute auf und sah, dass Johannes’ Schultern auf und ab hüpften. Lachte er? Sie versuchte, sich eine giftige Bemerkung auszudenken, aber dann erkannte sie, dass er weinte, und alles Gift verrann.
Er weinte auf eine ganz eigene Weise. Ein fast mechanisches »uh-uh-uh« kam aus seinem Mund, während die Schultern im Takt mithüpften. Es hätte ausgesehen wie die schlechte Imitation eines weinenden Jungen, wenn da nicht die Tränen gewesen wären, die ihm die Wangen hinunterliefen. Teresa wusste nicht, was sie tun sollte. Sie hätte Johannes gerne etwas Nettes gesagt, aber ihr fiel nichts ein,
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