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Wolfskinder - Lindqvist, J: Wolfskinder - Lilla stjärna: Wolfskinder

Wolfskinder - Lindqvist, J: Wolfskinder - Lilla stjärna: Wolfskinder

Titel: Wolfskinder - Lindqvist, J: Wolfskinder - Lilla stjärna: Wolfskinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Ajvide Lindqvist
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Stockwerke weiter unten war, schaute er durch die Lücke zwischen den Treppen nach oben und meinte Hirsfeldts Mantel vor seiner Tür erkennen zu können. Als ob er dort stand und lauschte.
    Jerry ließ den Gedanken an einen Spaziergang zum ICA Flygfyren sausen und ging mit hastigen Schritten zum Eckladen hinüber. Er wagte nicht, Theres zu lange allein zu lassen,wenn sie aufwachte und irgendetwas tat, während dieser Hirsfeldt durch den Briefschlitz spionierte. Warum konnten diese Leute sich nicht einfach nur um ihren eigenen Kram kümmern?
    Er hatte eigentlich vorgehabt, ganz normale Haferflocken zu besorgen, aber die waren ausverkauft, sodass er gezwungen war, Sempers Frühstücksbrei ab 1 Jahr zu nehmen. Als er den Karton auf das Band legte, schenkte ihm die Kassiererin ein zweideutiges Lächeln. Er hatte sie schon ein paar Mal gesehen, sie hatte ihn gesehen und wusste bestimmt, wer er war. Wenn diese Sache mit Hirsfeldt nicht gewesen wäre, hätte er es bestimmt nicht so ernst genommen, aber jetzt fühlte er sich wie ein gehetztes Tier, als er mit dem Brei in der Plastiktüte nach Hause eilte.
    Theres schlief immer noch, und Jerry setzte sich in den Sessel, um wieder zu Atem zu kommen. Als sie aufwachte, stellte er den Fernseher an und drehte die Lautstärke auf, um mögliche verdächtige Geräusche zu übertönen. Er konnte sich nicht zurückhalten, zwischendurch immer wieder zum Fenster zu gehen und auf die Straße hinunterzuspähen.
    Der Tag verging in Begleitung alter Serien und Werbepausen auf TV4. Theres lag auf dem Sofa und verfolgte das Programm mit stumpfem Blick. Er versuchte sie mit ein paar Löffeln Brei zu füttern. Schließlich setzte er sich in den Sessel, schlang die Arme um seine Knie und fürchtete, dass sie die armselige Mahlzeit wieder von sich geben würde. Als sie es nicht tat, wurde er über alle Maßen froh und fütterte sie noch ein bisschen weiter. Dann wollte sie nichts mehr haben, übergab sich aber auch nicht mehr.
    Die Zwischenfälle mit Hirsfeldt und der Kassiererin hatten die Lage zugespitzt. Er konnte nicht einfach weitermachen wie bisher und so tun, als würde sich irgendwann alles von selbst regeln. Leider war Jerry nur viel zu müde, um sich eine andere Strategie auszudenken. Gelegentlich fütterte er Theres mit ein paar Löffeln Brei, freute sich, wenn sie ihn bei sich behielt,tupfte ihr den Schweiß von der Stirn und saß bei ihr, wenn die Krämpfe ihren Körper wieder durchschüttelten.
    Die Stunden, die sie in ihrer kleinen Blase verbrachten, wurden für Jerry von zwei starken Empfindungen geprägt. Die eine war Klaustrophobie. Das Zimmer fühlte sich kleiner an als gewohnt, die Wände schlossen sich um ihn zusammen, und hinter den Wänden warteten wachsame Augen. Er zog sich in sich selbst zurück, wurde zu einem Brühwürfel zusammengekocht, der nur eine Funktion hatte: füttern und pflegen.
    Die Klaustrophobie fand jedoch ihr Gegengewicht in einem anderen, neu entdeckten Gefühl: der Freude an der Fürsorge. Es war ein zutiefst befriedigendes Gefühl, Theres’ Kopf mit der Hand zu stützen und den Löffel an ihre Lippen zu führen, zu sehen, wie sie die Nahrung, die er ihr gab, herunterschluckte und bei sich behielt. Ihm wurde warm ums Herz, wenn sie vor Erleichterung seufzte, nachdem er ihr glühendes Gesicht mit einem nassen, kühlen Handtuch abgewischt hatte.
    Aber vielleicht war das alles gar nicht so schön. Vielleicht ging es nur um Macht. Darum, dass sie vollständig von ihm abhängig war. Kein Mensch hatte ihn jemals zum Überleben gebraucht, aber Theres brauchte ihn jetzt ganz offensichtlich. Niemand wusste, dass es sie gab. Er könnte ein Kissen auf ihr Gesicht pressen, und niemand würde auch nur einen Mucks sagen.
    Aber tat er es auch? Nein, er nicht. Er kochte Brei und machte feuchte Tücher und wechselte die Bettwäsche und stand immer bereit und pflegte sie. Er besaß eine solche Macht über sie, dass er sie nicht einmal ausüben musste. Jerry war ein guter Junge, ausnahmsweise einmal.
    Um acht Uhr begann Idol . Als ein Mädchen auf die Bühne kam und »Didn’t we almost have it all« mit übertriebenem Pathos herausheulte, lag Theres auf dem Sofa und sang die Melodie mit schwacher Stimme mit. Jerrys Augen wurden feucht, und es lag nicht an dem Mädchen, das im Fernsehen sang.
    »Verdammt, Schwesterherz«, sagte er. »Das würdest du so viel besser machen. Du könntest sie um den Verstand singen.«
    Als es Abend wurde, begann es Theres wieder schlechter

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