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Wolfskrieger: Roman (German Edition)

Wolfskrieger: Roman (German Edition)

Titel: Wolfskrieger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. D. Lachlan
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Eingeweide.
    Auf einmal, zum ersten Mal überhaupt, seit sie als kleines Mädchen zu ihren Schwestern unter der Erde gekommen war, fühlte sich die Hexenkönigin wie das Kind, das sie eigentlich war. Die Gegenwart dieses gequälten Mannes ängstigte sie, denn dies war ein Wesen, das selbst die Götter fürchteten.
    Neben ihm stand eine silberne Schale. Die Hexe trat vor, hob sie auf und fing das Gift auf, bevor es dem Gott ins Gesicht tropfte. Sie wusste jetzt, wer er war – Loki, der Herr der Lügen, der die Götter betrog und die Helden ins Verderben lockte. Manchmal aber, manchmal war er auch der Freund der Menschen.
    »Ich sende in meinen Qualen meinen Geist aus. Gepeinigt reise ich durch die neun Welten, Hexe. Siehst du, was sie mir angetan haben, die blutrünstigen Götter, die in Kämpfen so viele Leben genommen haben, nur weil ich ein einziges kleines Leben nahm? Wer hätte schon Baldur lieben können, den vollkommenen Gott, den stinkenden Speichellecker? Aber da er sterben konnte, war er wohl doch nicht ganz so vollkommen, oder?«
    Die Hexe hatte schon lange nicht mehr gesprochen, höchstens einmal mit Eingeweihten und Dienern, die erst spät, mit sieben oder acht Jahren, in die Höhlen kamen. Also schwieg sie jetzt.
    »Du hast mir eine Gunst erwiesen, du hast mir Linderung verschafft. Was willst du?«
    Er drehte den Kopf zu ihr herum. In ihrer ganzen langen Ausbildung, in ihren Unterhaltungen mit den Felsgeistern, den Zwergen und den Elfen, hatte sie noch nie einen so schrecklichen Anblick gesehen. Das ganze Gesicht schien eine einzige große Blase zu sein, die jeden Moment aufplatzen konnte. Die Schale floss über, ihre Finger schwollen an, als das Gift sie berührte. Rasch schüttete sie die dampfende Flüssigkeit auf den Boden, doch bevor sie die Schale wieder über ihn halten konnte, fiel das Gift der Schlangen abermals auf Loki herab und versengte und schwärzte seine Haut. Der Gott schrie und übergab sich, und die Hexe schob die Schale unter den Giftstrom.
    »Zweimal hast du mir Linderung von diesen Qualen verschafft. Was willst du? Für die erste Linderung, die du mir… geschenkt hast, verrate ich dir, dass ihr alle, du und deine Schwestern, dem Tod nahe seid. Ihr seid an Magie und Wissen zu stark geworden, und er, der eifersüchtige Herrscher Odin, will euch… vernichten. Odin kommt zu euch in euer Reich auf der Erde. Er hat eine menschliche Gestalt angenommen und sucht euch in Fleisch und Blut heim. Seine… zerstörerische Magie ist mächtig.«
    Das verwunderte die Hexe sehr. Sie stand Odin nahe, hatte den Gott schon viele Male angerufen und sogar gehofft, ihn mit ihrem Wasseropfer zu finden.
    Hustend und würgend, weil das Gift seine Wirkung tat, sprach Loki weiter. »Für die zweite Linderung, die du mir verschafft hast, will ich dir verraten, dass es in deiner Macht liegt, dieses Schicksal abzuwenden. Er… ist sich seiner selbst noch nicht bewusst, der Gott ist noch nicht erwacht. Er weiß noch nicht, wer er ist. Handle schnell und… greife ihn an. Zwei Knaben gibt es, Feuer und Frost. Einer muss leben, der andere sterben.«
    Abermals floss die Schale über. Gullveig schüttete das Gift weg und hielt das Behältnis wieder über den kreischenden Gott. Inzwischen waren ihre Arme angeschwollen und wie verbrannt, die Finger geradezu taub. Nur ihre Ausbildung half ihr, die Schmerzen zu ertragen.
    »Niemand ist je geblieben und hat mir… drei Schalen Linderung geboten«, sagte Loki. »Für diesen Dienst will ich dir die Antwort geben. Wenn die Welt zu Ende geht, wird Odin mit dem Wolf kämpfen und sterben. Du musst auch den Wolf auf die Erde bringen, da Odin bereits dort wandelt. Lass den Geist des Wolfs in einem Mann Gestalt annehmen, genau wie der Gott zu Fleisch und Blut geworden ist. Hier ist deine Rune und deine Führerin. Sie kann einen Gott töten. Nimm sie von einem, der es weiß.«
    Der Hexe fiel etwas ein: »Zeige mir meinen Feind.« Doch der Dampf des Gifts behinderte die Sicht, im beißenden Gestank musste sie würgen, und sie ließ die Schale fallen. Dunkelheit senkte sich über sie. Zum ersten Mal seit neun Tagen schrie sie auf, und die Jungen warfen ein Seil herab, um sie aus dem Wasser zu ziehen.
    Die Hexe hustete und spuckte das Wasser aus, während sie aus dem Senkloch geholt wurde. Die Jungen zogen sich zurück und machten Platz für die Schwestern. Die anderen Hexen gaben ihr kein Essen, kein Feuer, keine Decken und keine Medizin, sondern nur das Stück vom Gürtel und die

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