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Wolfskrieger: Roman (German Edition)

Wolfskrieger: Roman (German Edition)

Titel: Wolfskrieger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. D. Lachlan
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Fibel. Die Hexe betrachtete ihre Finger. Sie waren geschwollen und schwarz angelaufen. Trotz der Schmerzen nahm sie die Nadel und ritzte eine Rune ins Leder, dann warf sie das Stück auf den Boden und brach zusammen, stützte sich auf Hände und Knie, würgte und übergab sich.
    Die Schwestern versammelten sich im Kreis um die Rune und murmelten unruhig. Die Hälfte von ihnen sah dies:
     
    Es war nicht, wie sie erwartet hatten, eine der vierundzwanzig Runen, die Odin ihnen gegeben hatte, sondern ein neues Symbol. Seit acht Generationen war den Hexen keine neue Rune mehr geschenkt worden.
    Sie erkannten sofort, dass es etwas Besonderes war, auch wenn sie die Bedeutung noch nicht erfassen konnten.
    Bei einigen schien das Symbol die Vorahnungen von gewaltigen Veränderungen zu verstärken, die sie bereits hatten und mit denen sie die Vorstellung eines Sturms verbanden. Das Symbol erinnerte sie an einen Blitz. Das Gefühl, das von der Rune ausging, fügte sich in ihre Ahnungen ein. Eine Hexe las die Mündung eines Flusses zwischen zwei Hügeln heraus. Eine andere erkannte eine Kirche und wusste, dass sich drinnen etwas Wichtiges befand: zwei Knaben, jeder auf seine Weise bedeutsam für sie. Was hatte es mit den Kindern auf sich? Eines war dem Zauberspruch unterworfen, das andere erfüllte einen anderen Zweck. Aber welchen? Das konnten sie nicht herausfinden. Ein Helfer vielleicht? Nein. Ein Opfer? Auch nicht. Es musste etwas anderes sein. Der zweite Knabe war wie die gelöschte Kerze, wie die Schale mit Regenwasser, wie hundert andere Dinge, welche die Hexen benutzten, um ihre Magie zu wirken. Ein Übermittler irgendeiner Botschaft? Auch das traf nicht zu. Dann begriffen sie es. Der Junge war eine Zutat.
    Wieder andere entdeckten ganz neue Bedeutungen in der Rune, die über die Jahrhunderte überliefert werden sollten, bis das Symbol eines Tages einen Namen erhalten sollte: Wolfsangel. Die Schwestern kannten dieses Wort noch nicht, verstanden aber den Sinn des Symbols. Eine Falle für einen Wolf. Sie sahen sich unter einem drückenden Mond als Schwarm von Staren fliegen und auf dem Dach von König Authuns Halle landen, um den schlafenden König zu rufen und ihm mitzuteilen, dass seine Frau ihm niemals einen Sohn schenken werde, doch dass ihn die Hexen empfangen würden, falls er Rat suchte. Auch die Zukunft sahen sie. Ein Mädchen mit hellblonden Haaren auf einem Hügel. Auch sie war wichtig, nur die genaue Bedeutung konnten die Schwestern noch nicht ermessen. Einige Hexen, die vor der Rune kauerten, betrachteten das Symbol von der Seite:
     
    Es lief den Schwestern kalt den Rücken hinunter, wie es gewöhnlichen Menschen geschieht, wenn sie die Wölfe in den Bergen hören. Wie ein hungriges Heulen durchfuhr sie die Bedeutung der Rune. Die Bedeutung war »Werwolf«.
    Das war der Sinn der Magie, der die beiden Brüder dienen sollten: Der Wolfsgott musste die Gestalt eines Menschen annehmen.
    Die Hexenkönigin war beinahe ohnmächtig und konnte sich nicht mehr auf normalem Wege mit den Schwestern in Verbindung setzen. Erschöpft zog sich ihr Geist zurück wie bei einem Kind, das allein im Dunkeln zurückgelassen wird.
    Sie tippte auf die Rune, und ihre Stimme brach, als sie sprach.
    »Beschützer«, hauchte sie.

Verlust
    D ie Schönheit des Sommers erfüllte ihn so sehr, dass er vor Glück fast platzen konnte. Im Fjord schimmerte ein grelles Licht, das beinahe schmerzte, die Wiesenblumen im grünen Gras leuchteten wie kleine Feuer unter der Sonne. Ein Stück entfernt auf dem Hügel rief ein Mann.
    »Vali! Vali! Wo steckst du? Du Ochse!«
    »Er soll mit mir Wasservögel jagen und kann nicht einmal mich finden«, sagte Vali, während er den Mann aus dem Versteck in einer kleinen Senke beobachtete. Er war dreizehn Jahre alt und fast bereit, bei einem Raubzug mitzufahren, doch er kicherte noch wie ein kleiner Junge.
    »Sie werden dich verhauen«, prophezeite ihm das Mädchen, das bei ihm war. Sie war so alt wie er und trug einen langen Rock. Sie hatte helle Haut und lange blonde Zöpfe und hatte sich einen Kamm aus Walbein in die Haare gesteckt. Neben ihr stand ein Korb mit Kräutern, die sie für ihre Mutter gesammelt hatte.
    »Das ist es mir wert.« Er küsste sie. Es war das erste Mal, nur ein kleiner Schmatz.
    »Lass das!« Adisla stand auf. »Bragi! Er ist hier drüben!«
    Der große Mann rannte herbei.
    »Prinz Vali«, sagte er. »Manchmal machst du mir das Leben sehr schwer. Wo ist dein Speer? Wo ist dein

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