Wolfskrieger: Roman (German Edition)
aufgelaufen als nötig. Vali war davon überzeugt, dass sie Glück gehabt haben mussten, weil sie sich nicht den Rumpf aufgerissen hatten. Er musste sich zur Seite rollen, als die Berserker heulend zum Ufer trampelten. Keiner trug einen Schild, nicht einmal eine Rüstung oder einen Helm. Sie hatten nur Speere und Äxte, lediglich der Anführer war mit einem Schwert bewaffnet und führte mit der anderen Hand die riesige Rassel.
Vali blickte in die Runde und fragte sich, wen sie eigentlich angriffen. Außer einem schönen breiten Strand mit hellem Sand, der Sonne, den Vögeln über den Wiesen und saftigem grünem Gras konnte er nichts erkennen. Weit und breit war kein Feind zu entdecken.
Die Berserker waren längst unterwegs und rannten schon über die Insel, als die gewöhnlichen Krieger noch aus den beiden anderen Booten kletterten.
»Komm schon«, drängte Bragi. »Wir greifen sie aus dem Rücken an, um sie zu überrumpeln. Du gehst vor mir. Ich bin zu alt, um den ganzen Weg zu rennen. Vergiss nicht, wir brauchen schöne Frauen und kräftige Männer, die gute Sklaven abgeben. Die anderen töten wir, um für das nächste Mal Angst und Schrecken zu verbreiten.«
Vali stieg aus dem Boot. Es war seltsam, zum ersten Mal den Fuß auf fremdes Land zu setzen. Gern hätte er innegehalten und sich umgesehen, um festzustellen, wie sich dieses Land von seiner Heimat unterschied, doch dazu hatte er keine Zeit.
Inmitten der mit Helmen und Schilden gerüsteten Krieger aus den Knorren folgte er den schnellen Berserkern. Die Insel besaß keine großen Erhebungen und war nicht sehr groß, doch er konnte nirgends Gebäude entdecken. Rasch gingen sie weiter, und als sie einen kleinen Hügel erklommen hatten, fanden sie die ersten Toten. Vier alte Männer, die auf einem gepflügten Feld lagen. Das hohe Alter der Männer konnte er an den weißen Haaren erkennen. Die Gesichter sagten nichts mehr aus, denn die Opfer waren verstümmelt. Die Köpfe waren von unzähligen Schnittwunden verunstaltet, und die Berserker hatten auf sie eingetreten.
Aus der sehr schlichten Kleidung, die sie trugen, schloss Vali, dass es sich um Sklaven handelte. Zudem waren die beiden Köpfe, die halbwegs ihre Form behalten hatten, vorne geschoren, während die Haare hinten lang waren. Anscheinend war das ein Zeichen ihres niedrigen Ranges, ein Symbol der Unterwerfung. In der Nähe lagen Gerätschaften herum, vor allem Rechen und Hacken. Es waren mehr, als die vier gebraucht hätten. Vali fragte sich, warum sie sich nicht einfach hingesetzt hatten, um sich gefangen nehmen zu lassen. Warum sollte ein Sklave für seinen Besitzer kämpfen ? Dann wurde ihm klar, was geschehen war. Er dachte an die Gesänge der Ruderer auf dem Boot, an die Pilze, die sie genommen hatten, an den wilden Sturm zum Ufer. Den Berserkern konnte man sich nicht ergeben. Die Bewohner der Insel hatten nur drei Möglichkeiten: weglaufen, kämpfen oder sterben. Die anderen Sklaven waren geflohen und hatten die Alten zurückgelassen. Vali schüttelte den Kopf. Wenn die Berserker wie von Sinnen alle Einwohner töteten, gab es bei diesem Überfall nichts Wertvolles zu holen. In gewisser Weise war ein Sklave sein eigenes Gewicht in Gold wert.
Er lief einen langen Hang hinauf. Unten am Strand, den er jetzt sehen konnte, befand sich eine Siedlung von etwa fünfzehn Häusern. Ihm fiel auf, dass sie falsch geformt waren. Es gab zwei große Hallen, die einem König gehören konnten, doch die Hütten, die sie umgaben, waren winzig und kreisrund. Das kam ihm nicht richtig vor, weil Hütten rechteckig sein mussten. Sie konnten abgerundete Ecken haben, aber völlig rund durften sie nicht sein. So etwas hatte er noch nie gesehen. Er fand den Anblick fremdartig und aufregend und hätte gern eine Hütte betreten und von innen untersucht.
Da unten waren auch Menschen; Vali hatte selten so viele Menschen auf einem Fleck gesehen. Alle waren Männer, die angesichts der mit Äxten bewaffneten Berserker in Panik gerieten. Nur wenige rafften sich überhaupt auf, sich zu wehren. Die meisten rannten um ihr Leben.
Er beobachtete den Angriff eine Weile, die brennenden Hütten und die Berserker, die die Einwohner niedermachten. Anscheinend waren sämtliche Feinde Sklaven, denn alle waren vorn geschoren und trugen die Haare hinten lang. Vali bemerkte auch, dass kein einziger Berserker sich die Mühe gemacht hatte, etwas zu plündern. Dann blickte er zu dem größten Gebäude, auf dessen Dach ein Kreuz stand. Er hielt
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