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Wolfskuss - Handeland, L: Wolfskuss

Wolfskuss - Handeland, L: Wolfskuss

Titel: Wolfskuss - Handeland, L: Wolfskuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lori Handeland
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dann Zeit für Fragen.
    „Meine Tür stand offen. Ich nahm an, dass das Reinigungspersonal sich verspätet hatte. Ich bin direkt reingegangen.“ Er stieß einen verärgerten Seufzer aus. „Tut mir leid, aber ich habe die Klinke berührt.“
    Ich zuckte die Achseln, dann machte ich eine kreisende Bewegung mit dem Finger, um ihn aufzufordern, weiterzuerzählen. Die Menschen wäre n – unzähligen Folgen von NYPD Blue zum Trot z – überrascht, wenn sie wüssten, wie oft Spuren zerstört wurden, noch lange bevor wir am Tatort eintrafen.
    „Hier drinnen sah es so aus.“ Er breitete die Arme aus, um das Chaos zu umfassen. „Ich habe die Polizei angerufen, dann den Sicherheitsdienst. Jemand hat nach etwas gesucht.“
    Da er mit seiner Geschichte fertig zu sein schien, fragte ich: „Wonach?“
    „Hast du das Totem noch?“
    Ich stutzte, runzelte die Stirn und zwang meine Hand, still zu bleiben, anstatt meine Hosentasche zu überprüfen. Ich konnte den Talisman spüren, wie er sich scharfkantig gegen das obere Ende meines Oberschenkels drückte. Falls Cadotte hingesehen hätte, wäre ihm die Kontur aufgefallen, auch wenn man sie leicht für die eines Schlüssels oder eines anderen kleinen Gegenstands hätte halten können.
    „Nicht dabei“, log ich. „Du glaubst, jemand war hinter dem Totem her und hat deshalb dein Büro auf den Kopf gestellt?“
    „Es fehlt nichts. Ich habe es überprüft.“
    „Vielleicht hast du einem Schüler einmal zu oft eine Sechs gegeben.“
    „Ich vergebe keine Sechsen.“
    „Na, vielleicht dann eine Fünf zu viel.“
    „Die vergebe ich auch nicht.“
    „Dann werde ich mich bei Ihnen einschreiben, Professor. Klingt genau nach meiner Art von Unterricht.“
    Seine Mundwinkel zuckten. Ich war froh, ihn aus diesem erstarrten, zombiehaften Zustand auftauchen zu sehen. „Wer weiß sonst noch, dass ich das Totem hatte?“
    Ich selbst. Cadotte. Clyde.
    Ich runzelte die Stirn. Der Einzige von uns, der nicht wuss­te, dass ich das Totem inzwischen zurückbekommen ­hatte, war Clyde. Aber welches mögliche Motiv könnte er haben, Ca­ dottes Büro zu verwüsten? Auch wenn Clyde ihn nicht mochte, würde er nicht seinen Job riskieren, nur um seine Wut aus­zutoben.
    Dann dachte ich wieder an das Papier, das Cadotte unterschrieben hatte und das nun verschwunden war. Verdammt, jeder der Zugang zur Asservatenkammer und damit zu dem gestohlenen Beweismaterial hatte, könnte das hier getan haben. Aber aus welchem Grund?
    „Jessie?“
    Ich hob den Blick. „Vielleicht hat die Person, der es gehört, danach gesucht?“
    „Und warum sollte sie zu mir kommen statt zu dir?“
    Hm, gute Frage.
    „Wer wusste außer uns beiden, dass ich das Totem hatte?“, wiederholte er.
    „Clyde.“ Ich zuckte die Schultern. „Und jeder mit Zugang zur Asservatenkammer.“
    Schnell erklärte ich ihm das mit der Bestätigung, dem Asservatenverzeichnis und den verschwundenen Indizien.
    Cadotte blinzelte verwirrt. „Das ergibt keinen Sinn.“
    Ich musste ihm zustimmen. „Vermutlich besteht gar kein Zusammenhang zwischen den Vorfällen.“
    „Warum dann ausgerechnet mein Büro und nicht das von jemand anderem? Warum alles durchstöbern und dann nichts mitnehmen?“
    Ich ließ den Blick über den Raum schweifen. Da war unendlich viel Papier. Bücher, Notizen.
    „Arbeitest du an irgendetwas?“
    Cadotte hatte finster zu Boden gestarrt, doch jetzt sah er hoch. „Hmm?“
    Ich erschrak. Eine Sekunde lang hatten mich seine dunklen, zornigen Augen an die des Wolfs erinnert, den ich letzte Nacht auf der Lichtung gesehen hatte.
    Ich rieb mir meine eigenen Augen, und als ich ihn wieder ansah, entdeckte ich in seinen nichts als Neugier. Warum um alles in der Welt sollte ich an einen tollwütigen Wolf denken, wenn ich in William Cadottes Augen sah?
    Weil ich viel zu müde war, um zu arbeiten, viel zu schwach, um in seiner Nähe zu sein. Es fiel mir schwer, an irgendetwas anderes zu denken als daran, wie er schmeckte, wie er roch, wie er nackt im Mondlicht und völlig bekleidet auf meinem Balkon ausgesehen hatte.
    Trotzdem hatte er, seit ich in den Raum gekommen war, nicht die leiseste Andeutung gemacht, dass wir mehr waren als Bekannte. Vielleicht waren wir das seiner Auffassung nach auch nicht. Vermutlich brachte er ständig Frauen nur mit seinen Küssen zum Orgasmus.
    Vermutlich drehte ich so langsam durch, denn die Vorstellung, dass er andere Frauen auf dieselbe Weise berührte, wie er mich berührt hatte, machte mich

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