Wolfslegende
über die frühe Hochkultur Sumer regiert. Mit Fähigkeiten, von denen die letzten heute noch lebenden Vampire, allesamt Kelchkinder, nur träumen konnten.
Anum war wieder im Vollbesitz seiner damaligen Macht, während Landru .
Wie flüssiges Feuer rann noch immer der Schock durch Nonas Adern. Sie wußte nicht, wie lange sie hier schon zitternd in ihrem Versteck kauerte und versuchte, das Geschehene auch zu begreifen. Zu glauben, was unablässig in ihrem Gehirn wisperte: Zu spät. Dieses Mal bist du zu spät gekommen, und nun hast du ihn für immer verloren ...
Ihre Hände krampften sich um die Erhebungen eines der Felsen, hinter denen sie sich verbarg. Scharfe Kanten bohrten sich in ihr Fleisch. Blut floß. Aber der Gedanke, sich damit vielleicht dem Feind zu verraten, der ihr Blut würde wittern können, kam ihr nicht. Sie war nicht dazu in der Lage.
Landru war tot.
Noch einmal sah sie in ihrem Geiste Anum an den bereits Gepfählten herantreten und dessen Leichnam einäschern. Landru war kein Kelchgetaufter, dessen Hülle automatisch zerfiel, sobald der Tod ihn ereilte. Landru war wie Anum - - gewesen.
Aber getötet hatte ihn nicht sein Bruder, sondern .
. .. du verfluchter Bastard!
Nonas Blick brannte auf Lilith Eden. Sie war die Erzfeindin der Vampire, ein Zwittergeschöpf, aus der Verbindung eines Sterblichen mit einer Vampirin hervorgegangen. Eine Mischung aus Mensch und Vampir also, der Körper eine furchtbare Waffe, und die Seele .
Was ist aus deiner Seele geworden, Geliebter?
Nona schloß die Augen. Für einen kurzen Moment glaubte sie den Boden unter den Füßen zu verlieren - im nächsten war ihr, als triebe sie Wurzeln. Absurde Wurzeln, die überall aus ihrer Haut hervorbrachen, selbst härtesten Stein durchbohrten, sich darin verankerten und sie für alle Zeit an den Ort binden wollten, an dem Landru an seinem eigenen schwarzen Blut erstickt war.
Nur mühsam fand Nona wieder in die Realität zurück.
Chiyoda. Ob er bereits weiß, daß mein Vorhaben gescheitert ist? Ob er mich zusammen mit Esben Storm und Makootemane, die ihm geholfen haben, mich nach Jerusalem zu versetzen, aus der Traumzeit heraus beobachtet?
Schritte ließen Nona zusammenzucken. Im ersten Moment duckte sie sich tiefer hinter den Haufen Geröll, bis sie begriff, daß niemand auf sie zukam, sondern nur nahe an ihr vorbeiging.
Lilith und Anum entfernten sich vom Ort ihrer Schandtat!
Ich muß ihnen nach, dachte Nona. Ich darf sie nicht aus den Augen verlieren - solange nicht, bis mein Verbündeter am Nachthimmel erscheint und ich Gelegenheit finde, Rache zu üben.
Schreckliche Rache!
Sie lauschte den Schritten, bis sie kaum noch zu hören waren. Dann huschte sie geschmeidig und leise wie auf Katzenpfoten hinterher.
Erst ganz allmählich sickerte in ihr von Trauer getrübtes Bewußtsein, daß sich hier in der Realität bereits andeutete, womit sie in vollendeter Form während ihrer Vision konfrontiert worden war: Lilith und Anum .
... ein Paar?
Was war geschehen, seit sie Lilith in der Nähe der Hermetischen Stadt Mayab verlassen hatte?
Seit der Teufel mir meine Erinnerung an Perpignan" zurückgegeben hat; Perpignan im Jahre 1635 ...
Erstaunt stellte sie fest, daß der letzte Hüter und die Frau im netzartigen Catsuit und mit der rabenschwarzen Haarpracht nicht zur Erdoberfläche strebten, sondern sich lediglich in einen Nebenraum des Kirchenschiffs zurückzogen.
Nonas Staunen wich blankem Haß, als ihr der Grund für die Aufenthaltsverlängerung hier unten klar wurde. Wie sehr wollten sie Landrus Würde noch beschmutzen?
Das Stöhnen des Hurenbalgs und ihres Komplizen hallte weithin durch Jerusalems vergessene unterirdische Regionen
*
Nona unterdrückte jede Anfechtung von Müdigkeit. So nah, wie es zu verantworten war, hatte sie sich an die Kammer herangeschlichen, in der die beiden wie ausgehungert übereinander hergefallen waren. Zwei, die von Natur aus unversöhnliche Feinde hätten sein müssen.
Hatte das Böse, mit dem Lilith im Urwald Yukatans vergiftet worden war, seinen Stachel noch immer nicht verloren? Hatte sie - wie von Gabriel behauptet - die Fronten gewechselt?
Ihr Verhalten schien dies zu untermauern, aber nach dem Mord an Landru würde sie Nonas ewige Feindin bleiben. Es gab nichts, was diese Tat verzeihlich gemacht hätte.
Ich werde dich töten, dachte die Wolfsfrau. Egal, wie, aber du mußt sterben!
Sie versuchte zu verdrängen, daß Gabriel sie offenbar zu Verbündeten hatte machen wollen.
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