Wolfsliebe - Tochter der Wildnis
Tukanns Tod, seiner einzigen Tochter Sûyra, einer heruntergekommenen, arroganten Frau, die voller Verachtung von ihrem verstorbenen Vater gesprochen und Tikia somit jegliche Hoffnung genommen hatte. Sie sprach weinend von ihren nun zerstörten Träumen, ihren Ängsten und Wünschen und ließ nichts aus.
Als sie geendet hatte, zitterte sie am ganzen Leib und sah beschämt auf ihre Hände. »Warum erzähl ich ihr das alles? Eigentlich wollte ich sie doch nur um Obdach für diese Nacht bitten …« , dachte Tikia verwirrt.
Shila schaute betroffen auf das junge Mädchen, das angespannt auf dem Stuhl saß, und wollte sie nur noch in ihre Arme schließen und sie vor allem Unheil beschützen, das sie noch erwarten würde. Sie stand auf, ging zu einem der Schränke und nahm zwei große Schachteln, einen kleinen Kochtopf und einen großen Becher heraus.
Verwirrt sah Tikia zu Shila, wie diese nun aus der einen Schachtel Milch in den Kochtopf schüttete und ihn auf den Herd stellte. Dann wandte sich Shila wieder Tikia zu, lächelte und fragte: »Hast du Hunger? Ich für meinen Fall könnte noch eine Kleinigkeit vertragen. Ich hoffe, du magst Reisauflauf.« Dann werkelte sie wieder in ihren Schränken herum und begann zu kochen.
Verwundert starrte Tikia sie an. »Ich darf hier essen?«, fragte sie zögernd.
Shila drehte sich lächelnd zu ihr um. »Klar! Wohnen kannst du auch hier, wenn du magst!«
Tikia klappte der Mund auf. »Wohnen? Hier?«, fragte sie atemlos.
»So lange du willst!«, antwortete Shila und werkelte ungestört weiter in ihren Schränken herum.
Tikias Blick verschwamm. Eine Träne nach der anderen kullerte ihr über die Wangen. Wortlos sah sie auf Shila und konnte ihr Glück nicht fassen. Sie würde hier wohnen. Zusammen mit Shila und Kyra. In einem richtigen Haus.
Shila räusperte sich kurz. Aufmerksam horchte Tikia auf. Nahm sie ihr Angebot etwa zurück?
»Ich kann dich doch nicht mitten in der Nacht hinauswerfen! Wie es scheint, bist du alleine gekommen, und da du ja sicher nicht wie diese Sûyra leben willst, wärst du obdachlos, wenn ich dich nicht bei mir aufnehmen würde, und das kann und will ich nun einmal nicht verantworten«, ergänzte Shila, setzte einen weiteren Kochtopf auf den Herd und rührte heftig in ihm. »Ich bin zwar nicht dieser Tukann, und einen Laden besitze ich auch nicht, aber auch ich traf deinen Großvater, als ich noch jung war, und zudem kann ich ausgezeichnet kochen«, lachte sie und drehte sich zu Tikia um. Als sie sah, dass Tikia weinte, beugte sie sich vor und schloss Tikia in die Arme. »Was ist denn los, Kleines? Wenn du nicht hierbleiben magst …«, sagte sie beklommen.
»Nein! Das ist es nicht!«, schluchzte Tikia. »Ich bin bloß so glücklich …«
»Dann lach auch!«, sagte Shila liebevoll und gab Tikia einen sanften Kuss auf die Stirn, wandte sich wieder zum Herd und drehte sich nach einiger Zeit mit dem großen dampfenden Becher in der Hand zu ihr um. »So! Hier hast du einen heißen Kakao! Der wird dir guttun!«, lächelte sie und setzte ihn vor Tikia auf den Tisch.
Misstrauisch blickte Tikia auf die braune Flüssigkeit und roch vorsichtig an ihr. »Riecht gut!« , dachte sie bei sich und schaute dann zu Shila, die sie auffordernd anlächelte.
»Na los! Trink! Aber pass auf, er ist recht heiß!«
Vorsichtig setzte Tikia die Tasse an die Lippen und nippte zögernd am Kakao. »Lecker!« , schoss es ihr durch den Kopf, und glücklich lächelte sie Shila an. »Das schmeckt super!«
»Ja … Kenzô liebt Kakao auch über alles!«
Fragend sah Tikia Shila an. »Wer ist das? Ihr Mann?« , fragte sie sich. Dann musterte sie die recht attraktive Shila, sie konnte sich kaum vorstellen, dass eine so hübsche Frau alleine lebte. »Ja vermutlich ist das ihr Mann« , dachte sie lächelnd.
Da kam ihr ein furchtbarer Gedanke, und ein eiskalter Schauer lief ihr über den Rücken. Was, wenn Shilas Mann sie nicht bei sich haben wollte und sie rausschmeißen würde, sobald er von ihr erfuhr?
Shila schien Tikias Gedanken erraten zu haben, denn sie klopfte Tikia aufmunternd auf die Schulter und sagte in überzeugendem Ton: »Keine Angst, Kenzô wird dich ganz sicher in sein Herz schließen, sobald er merkt, was für ein wundervolles Mädchen du bist.«
Sie lächelte geheimnisvoll und ließ die leicht verwirrte Tikia mit ihren Gedanken allein. Sie drehte sich wieder zu ihrem Herd um.
»Wie dieser Kenzô wohl ist …?« , konnte Tikia sich gerade noch fragen, denn schon
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