Wolfsliebe - Tochter der Wildnis
Mutter, die ihn auffordernd ansah. Zögernd klopfte er Tikia auf den Rücken. »Du solltest jetzt schlafen, es ist schon spät!«, sagte er, drehte sich ohne ein weiteres Wort zur Tür und verließ das Zimmer.
Kaum waren Kenzôs Schritte im Flur verstummt, prustete Shila lauthals los.
»Was ist los?«, fragte Tikia Shila verwirrt.
»Wie der dreingeschaut hat!«, lachte Shila. »Der war so was von verlegen!«
»Verlegen?«, fragte Tikia. »Warum sollte er verlegen gewesen sein?«
»Na, hör mal, du kleines Naivchen! Du hast halbnackt vor ihm gestanden!«
Verwirrt sah Tikia an sich herab. »Aber ich trage doch ein Nachthemd!«
»Kenzô ist auch nur ein Junge!«
Shila packte Tikia sanft an den Schultern und drehte sie zu dem großen Spiegel. »Und du bist ein überaus attraktives Mädchen!«
Shila gab Tikia einen flüchtigen Kuss auf die Wange, schloss sie sanft in ihre Arme, ging dann zur Tür und schaltete das Licht aus.
»Aber …«, setzte Tikia an, denn für sie war das Ganze unverständlich, und da waren noch sehr viele Fragen, die ihr im Kopf herumschwirrten.
»Morgen, mein Schatz! Morgen erkläre ich dir alles! Schlaf jetzt erst einmal!« Lächelnd schloss Shila die Tür hinter sich, und Tikia blieb nichts anderes übrig, als sich wieder zur Ruhe zu legen. Wie zuvor fand sie jedoch keinen Schlaf, denn zu viele Rätsel schwirrten in ihrem Kopf herum. »Warum hatte er auf einmal nichts mehr dagegen einzuwenden, dass ich hier wohne? Hat Koon einen solch starken Eindruck bei ihm hinterlassen?« , fragte sie sich und kuschelte sich tiefer in ihre Bettdecke hinein. »Und warum sollte Kenzô verlegen gewesen sein? Er hatte doch gar keinen Grund zur Scham?!«
Nachdenklich blickte Tikia auf das tiefblaue Seidengewölbe ihres Himmelbettes. Ihr ganzes Leben hatte sie in der freienNatur verbracht, und außer dem wildem Leben und der Liebe, die sie von ihren Eltern und später von ihren Großeltern bekommen hatte, kannte sie nichts. Von einer anderen Liebe als der in ihrer Familie wusste sie nichts, und aus ebendiesem Grund verstand sie Shilas Lachanfall genauso wenig wie dieses leichte Schwindelgefühl in ihrer Bauchgegend, wenn sie die Augen schloss und Kenzô lächelnd vor sich sah.
Sie vergrub ihren glühenden Kopf unter der Bettdecke. »Irgendwie ein schönes Gefühl, dass er mich hierbehalten will« , dachte sie. »Aber warum macht es mich so glücklich?« Fragend blickte sie zu Koon, der jedoch bereits friedlich neben Kyra im Hundekorb schlief. »Muss wohl daran liegen, dass mich jetzt nichts und niemand mehr aus meinem neuen Zuhause vertreiben kann!«
Beruhigt schloss sie die Augen, und bereits nach kurzer Zeit war sie eingeschlafen.
KAPITEL 19
Liebe?
»Aufwachen, Schlafmütze!«
Erschrocken richtete Tikia sich auf. Verwirrt sah sie sich um und seufzte erleichtert, als sie den Störenfried erkannte. »Stimmt ja, ich lebe jetzt bei Shila! In einem richtigen Haus!«, dachte sie fröhlich.
»Morgen, Shila!«, sagte sie müde und gähnte herzhaft.
»Ich habe dir heute Morgen frische Kleidung ausgesucht. Sie liegt dort auf der Kommode!« Shila deutete mit dem Zeigefinger auf den Schrank, der sich neben dem Fenster befand. »Koon habe ich auch schon rausgelassen. Er war ganz wild darauf, endlich aus dem Haus zu kommen. Keine Sorge, Kyra begleitet ihn. Er wird also zurechtkommen«, lachte Shila. »Das Frühstück steht auch bereits seit einer halben Stunde auf dem Tisch! Wenn du Glück hast, hat Kenzô dir noch was übrig gelassen.«
»Kenzô …« , dachte Tikia lächelnd, und prompt machte sich wieder dieses leichte Schwindelgefühl in ihrem Bauch bemerkbar.
»Zieh dich schnell an, und geh dann runter in die Küche! Wenn du fertig mit Frühstücken bist, brechen wir auf!«
Fragend schaute Tikia Shila an.
»Wir wollten dir noch neue Kleidung besorgen, schon vergessen?«
Shila stemmte beide Hände in ihre Hüften und sah Tikia mit gespieltem Vorwurf an.
»Ach ja …«, sagte Tikia schläfrig und rappelte sich hoch. »Ich beeil mich!«, versprach sie und schlurfte ins Badezimmer.
Nach ihrer üblichen morgendlichen Katzenwäsche zog Tikia sich an und ging zögernden Schrittes die Treppe hinab. Von dort erkannte sie undeutlich Kenzôs Umrisse, der am Tisch saß und bereits zu essen angefangen hatte.
Als Tikia in die Küche trat, fühlte sie sich ungewöhnlich schwach, und selbst das Atmen fiel ihr bedeutend schwerer als sonst. »Was ist bloß los mit mir?« , fragte sie sich verwirrt und fasste sich
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