Wolfsmagie (German Edition)
entlockte Kris ein überraschtes Lachen. »Sie mögen ihn nicht?«
Die andere Frau zuckte kommentarlos mit den Schultern.
Hier ging es noch um etwas anderes, und Kris wollte unbedingt herausfinden, was es war. Sie mochte Dougal. Sie plante, mehr Zeit mit ihm zu verbringen. Es sei denn, es gäbe einen guten Grund, es nicht zu tun.
Den Blick unverwandt auf Jamaica gerichtet, wartete sie, bis die Frau schließlich kapitulierte.
»Er ist neu in Drumnadrochit, trotzdem erwartet er, dass man ihn behandelt, als wäre er seit dem Königreich der Pikten hier. Die Leute in Drumnadrochit brauchen eine Weile, bis sie mit Zugezogenen warm werden. Mit den Touristen kommen sie gut zurecht, aber um wirklich dazuzugehören, muss man länger als eine Minute hier gelebt haben.«
»Ich dachte, seine Familie stamme aus dem Dorf.«
»Sein Großvater.« Jamaica wedelte mit der Hand, als würde sie eine lästige Fliege verscheuchen. »Das bedeutet gar nichts. Man muss sich als der Mensch, der man ist, integrieren, nicht als Nachkomme von irgendwem.«
»Okay«, meinte Kris. Für sie klang das nach einer vernünftigen Richtlinie.
»Er ist einfach zu aufdringlich. Hält sich für was Besseres. Es gefällt ihm nicht, dass ich hier akzeptiert bin, er hingegen nicht. Das ärgert ihn. Ich finde, er sollte sich mal locker machen.«
Kris musste lächeln über die moderne Redewendung, gesprochen in einer Mundart, die so alt war wie die umliegenden Berge, doch ihre Heiterkeit verpuffte, als sie sich vorstellte, dass Dougal wegen etwas derart Banalem verschnupft sein könnte. Sie hatte schon mit Menschen zu tun gehabt, die sich wegen Dingen aufregten, die sie nicht kontrollieren konnten, wegen eingebildeter Kränkungen und törichter Begierden. Meist waren es Spitzenkandidaten für künftige Ausraster und Gewaltausbrüche.
Oh-oh , dachte sie, als sie sich erinnerte, dass sie genau das letzte Nacht erlebt hatte.
Nur dass sie letzte Nacht mit Dougal zusammen gewesen war und zugesehen hatte, wie er in Richtung Drumnadrochit davongefahren war, bevor man sie kurz darauf attackiert hatte. Er hätte die Strecke nicht so schnell zurückfahren können, oder doch? Und wozu die Mühe, nachdem er sie jederzeit auf der Fahrt zum Clansman kaltmachen und in den Loch Ness hätte werfen können.
»Mir gefällt das nicht.« Jamaicas Mund war ernst vor Sorge, ihre Stirn gefurcht.
»Ich werde nicht mehr mit ihm ausgehen.«
»Das meinte ich nicht. Dougal ist harmlos. Was mir nicht gefällt, ist, dass ein Fremder, der Ihren Namen kennt, sich bei Hinz und Kunz nach Ihnen erkundigt.« Sie hob beide Arme und breitete sie aus. »Praktisch bei jedem.«
Kris musste zugeben, dass ihr diese Vorstellung auch nicht gerade behagte.
»Haben Sie ihm verraten, wo ich wohne?«
»Das wollte er gar nicht wissen.«
»Was wollte er dann wissen?«
Unruhe verdüsterte Jamaicas Gesicht, und Kris bekam wieder eine Gänsehaut. »Ob Sie glücklich sind.«
Warum nur fand sie das gruseliger, als wenn er nach dem Weg zu ihrer Haustür gefragt hätte?
Kris trank ihren Kaffee und noch einen zweiten, während sie Jamaica versicherte, dass sie auf sich achtgeben würde.
»Sie erzählen Alan Mac von diesem mysteriösen Ist-sie-glücklich-Kerl, sonst tue ich es«, drohte Jamaica.
»In Ordnung.« Aber was sollte sie ihm schon sagen? Dass ein Mann, dessen Namen sie nicht kannte, der durchschnittlich schwer und geschätzt einen Meter achtzig groß war, braune Haare hatte und eine Boston-Red-Sox-Kappe trug, sich nach ihr umhörte?
Was für ein Knaller.
Nachdem Alan Mac sie bereits verdächtigte, sich einen imaginären Freund ausgedacht zu haben, behagte ihr der Gedanke gar nicht, dass er glauben könnte, sie bilde sich nun noch einen zweiten ein. Natürlich könnte sie ihn auffordern, mit Jamaica und Dougal zu sprechen, aber was hatte der Mann schon getan? Sich erkundigt, ob sie glücklich war. Natürlich war das gespenstisch, aber es verstieß nicht gegen das Gesetz.
Kris entschied, die Information für sich zu behalten. Sie musste sicherstellen, dass der Polizeichef den Übergriff von letzter Nacht ernst nahm. Es konnte sehr wohl ein Hinweis auf die Person sein, die nicht nur das arme Mädchen getötet hatte, über das Kris am Loch Ness gestolpert war, sondern auch das andere.
Nach einem kurzen Besuch bei der Bank, wo sie Mandenauers Geld in eine brauchbare Währung wechselte, ging sie zur Polizeiwache. Alan Mac stand vor dem Gebäude. In seiner Straßenkleidung – Sakko,
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