Wolfsmagie (German Edition)
Haustür, trat ins Freie und fahndete nach Fußspuren. Dummerweise war der Untergrund rings um das Cottage zu trocken. Sie würde ihre Suche einfach unten am …
Kris hob den Kopf und erstarrte, als ein Reisebus am Straßenrand hielt und eine Horde Touristen ausspuckte. Sollte es in der Nähe des Sees irgendwelche Schuhabdrücke geben, irgendwelche Hinweise auf einen Kampf oder darauf, dass ein Körper über die Erde geschleift worden war, würden sie bald zerstört sein.
Ein Aufruhr ging durch die Menge. »Seht mal!«, rief jemand; dann drängten alle Richtung Ufer und schossen Fotos von ein und demselben Motiv. Kris hoffte bei Gott, dass es nicht eine weitere Leiche war.
Bis sie die Straße endlich überquert hatte – für diese frühe Morgenstunde herrschte ungewöhnlich viel Verkehr –, hatten die Touristen das Interesse verloren und waren zum Strand hinabspaziert. Kris entdeckte nichts, das so viel Aufregung gerechtfertigt hätte.
Sie war bereits auf dem Rückweg zum Haus, als ein heftiges Platschen sie herumwirbeln ließ. In circa dreißig Metern Entfernung ragte nun ein kleines, dunkles Etwas aus dem Wasser. Es sah aus wie ein kopfförmiger Stein mit einer Vertiefung dort, wo das Auge sein würde. Die Sonne traf direkt auf diese Mulde und bewirkte, dass sie funkelte und sich zu bewegen schien.
Als Kris einen Schritt nach rechts machte, folgte ihr das glitzernde »Auge«. Sie huschte nach links, es tat es ihr nach.
»Kein Wunder, dass hier jeder an Nessie glaubt«, murmelte sie. Der Loch Ness war echt bizarr.
Kris kehrte zum Cottage zurück, dabei entdeckte sie neben der Eingangstür ihren Rucksack, den sie im Verlauf des nächtlichen Kampfs fallen gelassen haben musste. Sie linste hinein. Ihre Kamera war noch da und offenbar unbeschädigt. Als sie wieder zum See guckte, war der Stein ebenso spurlos verschwunden wie Liam.
Hm, vielleicht war auch er nie da gewesen.
10
Nach einer langen, heißen Dusche, die ihre Schmerzen größtenteils linderte, checkte Kris rasch ihre E-Mails und fand unter dem üblichen Spam, das sie dazu einlud, sich den Penis vergrößern zu lassen, den sie nicht hatte, oder Medikamente zu kaufen, die sie nicht wollte, eine Nachricht von Lola.
KEIN ANRUF . KEIN BESUCHER .
Kris war nicht sicher, ob sie darüber froh sein sollte oder nicht. Sie hätte gern eine Erklärung gehabt. Andererseits war die Vorstellung, dass jemand in Chicago nach ihr gefragt haben könnte, bevor er anschließend hier auftauchte …
Verteufelt beunruhigend.
Bestimmt hatte es mit diesen Nachfragen im Dorf gar nichts weiter auf sich. Vermutlich nur ein erfolgloser Autor, der herausfinden wollte, wie man einen Verleger fand, und glaubte, dass Kris über die nötigen Beziehungen verfügte. Ihres Wissens kam so etwas häufig vor.
Trotzdem sollte sie nach dem Überfall letzte Nacht kein Risiko eingehen.
Kris machte sich auf den Weg nach Drumnadrochit. Sie würde Alan Mac ihre Geschichte erzählen und ihm alles Weitere überlassen. Außerdem würde sie zur Bank gehen und Mandenauers Franklins in Königin-Elisabeths umtauschen.
Aber zuerst würde sie einen Stopp im Jamaica’s einlegen. Kris hatte zu viele Spinnweben im Kopf, um ohne Kaffee über Devisenumtausch, rätselhafte Übergriffe oder potenziellen Tod durch Ertrinken zu plauschen, und heute Morgen würde sie ihn nicht selbst kochen.
Abgesehen davon war es noch sehr früh. Sie bezweifelte, dass Alan Mac schon auf der Wache sein würde, und die Bank hatte definitiv noch nicht geöffnet, während Jamaicas Fenster erleuchtet waren und Kris köstliche Düfte entgegenströmten, kaum dass sie in die Straße einbog.
Die Besitzerin stand wie gewohnt hinter dem Tresen. Als Unternehmerin wusste Kris, dass der einzige Weg, Profit zu machen, oft darin bestand, sich um alles selbst zu kümmern.
»Das Übliche?«, fragte Jamaica und schwenkte eine Tasse, als schüttelte sie einen Würfelbecher.
Kris nickte, wohlwollend registrierend, dass sie bereits ein Übliches hatte. »Ich bin Kaffeeholikerin«, erklärte sie Janmaica. »Das kommt wohl von sehr vielen frühen Arbeitsschichten am Computer.«
»Sie sind Frühaufsteherin?«, fragte Jamaica, als sie die Tasse vollschenkte.
»Ja. Ich komme gern schon auf Touren, bevor ich zur Arbeit gehe. Meine Lieblingszeit ist die vor Sonnenaufgang.«
Kris nahm den Kaffee entgegen und bezahlte ihn mit ihren letzten Pfundnoten. »Können Sie mir sagen, wo die nächste Bank ist?«
»Einen Block die Straße rauf, dann einen
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