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Wolfsmondnacht (German Edition)

Wolfsmondnacht (German Edition)

Titel: Wolfsmondnacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy Lynn Morgan
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Dafür wird einem die Zunge herausgeschnitten, zwischen den Säulen der Piazzetta die Augen ausgestochen und die rechte Hand abgeschlagen.«
    »Wollt Ihr wissen, welche Strafe es für Widerstand gegen die Staatsgewalt gibt?«, fragte der Blonde.
    Jean-François schüttelte den Kopf. »Kein Bedarf. Warum Staatsgewalt? Was wollt Ihr von mir?«
    »Wir sind Beamte, geschickt von der venezianischen Polizeibehörde, um Euch unter Arrest zu stellen.«
    »Seit wann beschäftigt die Polizei Wesen wie Euch?«
    »Du hast keine Ahnung, wo wir überall sind und welche Macht wir besitzen.« Der Blonde lächelte sphingenhaft. Sie zerrten Jean-François mit sich. Stärker als Menschen waren sie. Zu seinem Bedauern hatte er in dieser Nacht noch nicht getrunken, was ihn schwächte.
    »Ich glaube Euch nicht, dass ihr Beamte seid.«
    »Das ändert nichts am Sachverhalt.«
    »Warum soll ich unter Arrest gestellt werden?«
    »Mord an Sior Giacometti.«
    »Giacometti ist tot?« Nicht dass er dessen Ableben bedauerte, doch es überraschte ihn, da sich dieser bester Gesundheit erfreut hatte, als er ihn das letzte Mal sah.
    » Si, Sior , und Euer Taschentuch, bestickt mit Euren Initialen, wurde neben der Leiche gefunden.«
    »Gewiss ermorde ich ihn und lege mein Taschentuch daneben, um die Spur auf mich zu lenken. So dumm kann doch keiner sein, das zu glauben.«
    Der Blonde packte ihn am Kragen. »Beherrscht Euch. In Eurer derzeitigen Situation bleiben Euch nicht viele Möglichkeiten.«
    Sie zogen ihn in eine Kutsche. Darin saß ein weiterer loup-garou in seiner menschlichen Gestalt, der eine Harlekinmaske trug.
    »Gehen wir zum Carnevale?«, fragte Jean-François.
    »Schweigt!« Des Harlekins Stimme klang dumpf unter der Maske. Irgendetwas an ihm erschien Jean-François vertraut, doch er konnte die Person nicht zuordnen, dafür kannte er zu viele Leute. Am Geruch konnte er ihn nicht erkennen, da er von einem schweren Parfumduft umgeben war.
    In Mestre wechselten sie in eine Gondel. Sie fuhren den canal salso entlang in Richtung Venedig. In den schwarzblauen Wassern der Lagune spiegelten sich die von den Wellen verzitterten Abbilder der Palazzi und der tausend Lichter der Stadt.
    Die Gondel glitt in den Canal Grande , der sich wie ein glitzerndes Band durch Venedig wand. In der Verengung, wo der Canal eine scharfe Linkskurve an der Ecke der Fondamenta Santa Lucia machte, waren Jean-François’ Wächter für einen Moment unachtsam. Er sprang von der Gondel hinab in die nachtschwarzen Fluten.
    Einer der loup-garous stürzte sich hinterher und erwischte seinen Umhang, an dem er Jean-François sowohl zurückhielt als auch sich selbst auf seinen Rücken zog.
    Der loup-garou hielt ihm von hinten ein Messer an die Kehle. Kühl bohrte sich die Klinge in seine Haut und nahm ihm einen Tropfen Blut.
    »Schwimme zurück, Bluttrinker, oder stirb!«
    Der Mann lag schwer wie einen Aufhocker auf Jean-François’ Rücken, als dieser zur Gondel zurückschwamm. Erst als er sich an deren Rand hochzog, ließ er von ihm ab, blieb jedoch dicht hinter ihm. Der Gondoliere starrte ihn an, sagte jedoch nichts.
    Sie fuhren durch zahlreiche kleine Kanäle bis zum Dogenpalast. Der Harlekin wich nicht von Jean-François’ Seite. Ein Messer lag in seiner Hand, verborgen von den langen Ärmeln seines Umhangs. Jean-François wusste, dass er nicht zögern würde, zuzustoßen. Die loup-garous waren gefährlichere und stärkere Gegner, als er gedacht hatte. Er hatte sie unterschätzt.
    Die Gondel legte an. Der Blonde schritt voran über den Landesteg. Jean-François folgte ihm. Der Harlekin und der Schwarzhaarige waren ihm dicht auf den Fersen. Sie stießen auf einen langen Korridor.
    »Leider können wir Euch keinen Platz in den Bleikammern anbieten«, sagte der Harlekin.
    »Dann lasst mich gehen.«
    »Wir bringen Euch in die Pozzi .« Der Harlekin lachte meckernd. »Es tut mir leid, Euch jetzt hier verlassen zu müssen.«
    »Mir nicht.«
    Das Lachen des Harlekins stoppte abrupt. »Eure Frechheit wird Euch noch vergehen, wenn Ihr erst im Kerker seid.« Der Harlekin wandte sich abrupt um und eilte durch den Korridor davon. Sein langes Gewand wehte hinter ihm her. Nur der Duft seines schweren Parfums blieb zurück.
    Etwa zwanzig Türen reihten sich an den langen Korridor. Über jeder von ihnen stand eine spiegelverkehrte, römische Ziffer. Der blonde loup-garou schloss die Tür auf, über der die Nummer elf hing. Jean-François sah, dass die Zelle mit Holz ausgekleidet war.

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