Wolfsmondnacht (German Edition)
Ihr, wo ich Carina kennengelernt habe? Und woher kennt Ihr sie?«
»Ich gehöre zur Familie.« Eine halbe Lüge.
»Aber Ihr seid nicht hier aus der Gegend.«
»Das tut nichts zur Sache. Werdet Ihr Eurer Verantwortung nachkommen?«
Carters Blick wurde ernst. »Ich werde mich nicht aus der Sache herausstehlen, falls Ihr das denken solltet. Ich mit Sicherheit nicht.« Er nahm einen Schluck Rum. »Meine Mutter …« Carter hüstelte. »Sie war die Sklavin eines englischen Grafen. Er war mein Vater und der meines Bruders.« Carter nahm einen weiteren Schluck. Die Knöchel seiner Hand traten hervor, so gewaltsam umklammerte er den Becher. »Mein Vater verkaufte uns alle an einen Mann aus Konstantinopel. Seine Geliebte und seine eigenen Kinder verkaufte er. Der neue Herr war besser. Wir haben hart gearbeitet, um uns freikaufen zu können.« Bitterkeit lag in seinen Worten.
Jean-François starrte ihn an. Was hatte dieser Mann schon alles erlitten?
Carter schüttelte den Kopf. »No, Mister, ich werde mich nicht aus der Sache herausstehlen. Wenn die Kleine meine Tochter ist, so werde ich zu ihr stehen.«
Jean-François schluckte. Dieser Mann stand zu seiner Tochter, die er nie gesehen hatte, mehr als seine eigene Mutter jemals zu ihm gestanden hatte.
»Es freut mich, dass Ihr so denkt.«
»Es ist selbstverständlich.«
»Ist es nicht.«
»Für mich schon. Was habt Ihr mit Carina zu tun? Seid Ihr einer der Leute ihres Vaters?«
Jean-François lachte. »N on , gewiss nicht.«
»Wer seid Ihr dann?«
»Das sagte ich bereits. Ich gehöre zur Familie.«
»Die Wahrheit, Mister! Wer seid Ihr?«
»Ihr Ehemann.«
Carter stand abrupt auf. »Ihr seid wahnsinnig.«
»Gewiss bin ich das. Carinas Vater zwang mich zur Ehe, da offenbar niemand anders greifbar war und mein Geschäft mittlerweile recht bekannt ist. Wenn er herausfindet, dass das Kind schwarz ist, bekommen wir alle Schwierigkeiten. Er ist einflussreich und …«
»Spart Euch die Worte. Carina hat mir damals oft genug erzählt, wie ihr Herr Vater ist. Wie soll es nun weitergehen?« Misstrauen schwang in Carters Tonfall mit.
» Alors , Carina und ich dachten an eine Annullierung der Ehe zu Euren Gunsten. Ich will sie und das Kind nicht auf die Straße setzen.«
»Selbst wenn es nicht Euer eigenes ist?« Carter sah ihn mit zu Schlitzen verengten Augen an.
»Selbst dann nicht.«
»Carina ist nicht gerade einfach.«
»Wer ist schon einfach?«
Carter sah ihn nachdenklich an. »Wohl niemand. Wie lange dauert so eine Annullierung?«
Jean-François hob die Achseln. »Keine Ahnung. Ihr solltet sie jedoch so bald wie möglich mit Euch nehmen, bevor Carinas Vater von der ganzen Sache erfährt. Er hat ein Temperament …«
»Ich frage meinen Captain, ob er sie mitnehmen kann. Begeistert wird er nicht sein. Wenn nicht, hole ich sie in ein paar Wochen ab und bringe sie nach Konstantinopel zu meiner Mutter. Ich sage Euch morgen Abend Bescheid. Treffen wir uns hier um dieselbe Zeit?«
Jean-François nickte. » Oui , Monsieur Carter. Ihr seid ein Mann von Ehre.«
»Habt Ihr daran gezweifelt? Denkt Ihr etwa, nur weil ich ein schwarzer Seemann bin und ein ehemaliger Sklave, besäße ich keine Ehre?« Empörung lag in Carters Worten.
»Eure Handlungen allein machen Euch zu dem, was Ihr seid.«
Carter reichte ihm die Hand. Jean-François blinzelte überrascht und schlug dann ein, was er als ungewohnt empfand. Der Seemann hatte erstaunlich kräftige Hände. Schwielen zeugten von harter Arbeit.
»Bis morgen Abend.«
»À bientôt.« Jean-François lächelte zufrieden. Es lief besser, als er dachte. Jetzt durfte nur Carinas Verwandtschaft nichts von der Sache erfahren, bis sie außer Landes war. Er würde sich eine Ausrede für ihren Vater überlegen müssen. Das roch nach Ärger.
Kapitel 17
Drei Nächte später
Jean-François lächelte, als er sein Haus verließ. Die Weiberübergabe am Hafen hatte geklappt. Carina und Concetta waren mit Jimmy unterwegs nach Konstantinopel.
Der Wind blies Jean-François das Haar ins Gesicht. Erst als er es zurückstrich, bemerkte er die Schatten auf der Gartenmauer. Zu spät! Sie sprangen herunter und ergriffen ihn.
»Merde! Lasst mich los!«, sagte Jean-François.
Jean-François wand sich im Griff der beiden Männer. Einer von ihnen war blond, der andere schwarzhaarig. Erst jetzt bemerkte er den Wolfsgeruch, der ihnen entströmte.
Der Blonde lächelte. »Wisst Ihr nicht, dass das Fluchen im Veneto verboten ist?
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