Wolfsruf
ihre Hände griffen in Schlamm und nasses Laub, und sie schrie.
»Sie ist in Schwierigkeiten«, sagte Teddy.
»Es ist die Leitwölfin, Natalia Petrowna«, bestätigte Castellanos. »Sie glaubt, Speranza will ihr den Titel stehlen … Sie wird mit ihr um die Führung kämpfen … wie die Wölfe es tun.«
»Los.« Teddy versuchte, den verwirrten Castellanos aus dem Raum mit den Leichen zu ziehen.
»Verstehst du nicht? Erst müssen wir sie verstecken … sonst machen sie den Jungen dafür verantwortlich; dann wird sein Traum nie Wahrheit werden …«
»Wir haben keine Zeit, uns um die Vision eines verrückten Kindes zu kümmern, Castellanos! Wir müssen Speranza vor dieser Wölfin retten!«
Zu seinem Entsetzen leerte Castellanos den Inhalt einer Petroleumlampe über den Leichen aus, suchte in seinen Taschen nach einem Streichholz -
»Du wirst sie doch nicht verbrennen wollen …«, meinte Teddy.
- und schon flammte ein Ende des Bettes auf, griff das Feuer auf das verschmutzte Nachthemd der Baronin über -
»Komm schon. Schau nicht hin.«
Einen Augenblick lang konnte Teddy seinen Blick nicht von dem Fleisch wenden, das von den schwarzen Knochen zu schmelzen schien. Joaquins Haar löste sich in einem qualmenden Feuersturm auf, dessen Gestank ihn in der Kehle würgte. »Schnell! Vielleicht hast du noch nie einen Menschen brennen sehen … Glaub mir, es ist viel schlimmer, wenn der Mensch noch lebt …« Er schaute ihn flehend an, und Teddy begriff, dass er schon Menschen in den Flammen hatte sterben sehen, dass er vielleicht selbst das Feuer entzündet hatte; er hatte Geschichten über die Comancheros gehört, die jedem den Magen umdrehten.
Sie liefen aus dem Zimmer, stolperten die Treppen hinunter, spürten die Hitze von oben, hörten das Feuer über ihnen prasseln. »Es musste sein«, sagte Castellanos leise, als sie auf die Straße traten und sahen -
»Teddy!«, schrie sie, streckte ihm die Hand entgegen und versuchte, sich aus dem Schlamm aufzurichten.
Und Johnny hörte kleine Stimmen, winzige Geruchssignale, die ihn aus der Kirche heraus riefen.
Er kletterte zum Fenster, schielte hindurch, sah einen Mann, der vier schlafende Kleinkinder bewachte.
Johnny signalisierte ihnen mit seinem Duft: »Fürchtet euch nicht, meine Kleinen. Ihr werdet bald in Sicherheit sein … in einem neuen Leben.« Und weil ihr Schlaf unruhig war, versuchte er, sie zu besänftigen. Ihr Wächter saß reglos in einem schweren Holzstuhl und starrte auf eine Uhr.
»Teddy, Teddy!«, schrie sie wieder, aber Natalia war bereits über ihr, riss ihre Fingernägel über Speranzas Wangen, knurrte, trat sie in den Unterleib, sodass sie gegen einen Pfosten flog.
»Kämpfe!«, fauchte Natalia. »Oder soll ich dich einfach zerstückeln wie ein wehrloses Reh?«
Speranza brach auf den Bohlen zusammen. Natalia sprang, trampelte auf ihre Hände, drückte sie mit ihren Knien zu Boden. Speranza versuchte, sich zu befreien. Traf mit ihren Fäusten Natalias Gesicht, spürte, wie Zähne in ihre Knöchel schlugen, kreischte vor Schmerzen auf.
»Kämpfe! Ach, wenn nur der Mond voll wäre, damit ich mich verwandeln und dich in Stücke reißen könnte!«
Speranza schlug mit aller Kraft auf die pelzige Narbe auf Natalias Wange ein. Klebriges Blut schmierte über ihre Finger. Die Russin stieß einen Schmerzensschrei aus. Speranza nutzte den Augenblick und rollte sich von dem Gehsteig auf die schlammige Straße herunter. Natalia sprang, glitt aus, schlitterte in dem Matsch, versuchte, sich auf den Füßen zu halten, und knallte mit dem Schädel gegen eine Pferdetränke.
»Was willst du hier, du Frau in Männerkleidung … glaubst du, du kannst Hartmuts und meinen Platz einnehmen? Wer von uns beiden ist denn die Wölfin im Schafspelz?«
Speranza versuchte keuchend aufzustehen. Die Augen der Russin hatten die Farbe zornigen Mondlichts. Der Wind schlug schlammverkrustetes Haar in ihr Gesicht.
Die Wunde auf der Wange krümmte sich wie ein kleiner Wurm, und Eiter tropfte wie milchige Tränen heraus. Das ist ihre Achillesferse, dachte Speranza. Wo das Silber sie vergiftet hat, ist die Wunde noch offen!
Natalia zog sich an der Tränke hoch. Sie stand in einem Strahl Mondlicht. Speranza sah, wie sie neue Kraft daraus zog, Stärke, obwohl der Mond noch nicht ganz voll war. Sie konnte sich zwar nicht verwandeln, aber sie war so wölfisch, wie es ohne Verwandlung möglich war. Schaum stand ihr vor dem Mund, sie knurrte, schlug mit den zu Klauen
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