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Wolfsschatten - Handeland, L: Wolfsschatten

Wolfsschatten - Handeland, L: Wolfsschatten

Titel: Wolfsschatten - Handeland, L: Wolfsschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lori Handeland
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seine. Er öffnete die Augen und blickte unverwandt in meine. „Es tut mir leid“, wisperte er.
    „Mir nicht.“ Ich war meinem Instinkt gefolgt, und er hatte mich richtig geleitet. Ian Walker hatte dies schon so lange nicht mehr getan, dass er sich nicht kontrollieren konnte. Jetzt konnte er es.
    Ich watete bis zur Taille ins Wasser, dann drehte ich mich um und wartete auf ihn. Er stand am Ufer und sah mich an, als wäre ich eine der Tiefe entsprungene Nymphe.
    Wie jedes Mal, wenn ich ans Wasser ging, hob ich die Arme und sprach die Worte meiner Urgroßmutter. Als ich sie wieder senkte, beobachtete er mich noch immer.
    „Es existiert noch eine andere Welt unter unserer“, sagte er plötzlich. „Sie entspricht der unseren in jeder Hinsicht, nur sind die Jahreszeiten entgegengesetzt. Darum sind fließende Gewässer im Winter wärmer und im Sommer kälter als die Luft.“
    Ich lächelte, denn es gefiel mir, wie er jedes Mal, wenn etwas seine Erinnerung kitzelte, Geschichten der Alten zum Besten gab.
    „Um in die andere Welt zu gelangen, folgen wir dem Weg der Quellen, die in den Bergen entspringen. Der Eingang liegt an der höchstgelegenen; dort können wir hinüber- und die Wesen auf der anderen Seite zu uns herüberschlüpfen. Du bist so unglaublich schön, Grace, du scheinst von dieser anderen Welt zu sein.“
    Ich schüttelte den Kopf, sodass mein Haar über die Wasseroberfläche peitschte und Tropfen in alle Richtungen versprühte.
    Als Kind hatte man mich so oft angestarrt und mit dem Finger auf mich gezeigt, dass ich gelernt hatte, mich für eine seltsame Erscheinung zu halten.
    „Mir ist kalt“, entgegnete ich, als meine Brustwarzen hart wurden und das Blut direkt unter meiner Haut zu pulsieren schien. „Wärme mich.“
    Ian trat in den Bach und tauchte sofort unter, sprang hoch und tauchte ein zweites Mal hinab. Er wiederholte das Ganze noch mehrere Male. Die meisten Cherokee-Rituale beinhalten die heilige Zahl Sieben.
    Endlich tauchte er zum letzten Mal auf. „Man sollte fasten, bevor man zum Wasser geht.“ Er betrachtete den aufgehenden Mond. „Dieses Ritual wird bei Tagesanbruch vollzogen.“
    Ich streckte die Hände aus und zog ihn zu mir. „Vergiss für einen Augenblick die alten Bräuche.“
    Ich legte die Arme um seine Taille und leckte einen kühlen Tropfen von seiner fiebrigen Haut. Im ersten Moment glaubte ich, Dampf von seinem Körper aufsteigen zu sehen, bevor ich realisierte, dass es eine Nebelschwade war, die schlangengleich über den Bach glitt und uns einhüllte.
    „Grace“, flüsterte er. „Ich war mit niemandem mehr zusammen … “
    Ian ließ den Satz unvollendet, und seine Miene wurde kummervoll. Er versteifte sich, als wollte er einen Rückzieher machen, darum küsste ich ihn. Mit offenem Mund und unter Einsatz meiner Zunge, während ich seine Armmuskeln umfasste und alles, was ich begehrte, was ich brauchte, in diese eine Umarmung legte.
    Er war seit seiner Frau mit niemandem mehr zusammen gewesen – vielleicht auch vor ihr nicht, definitiv aber nicht mehr seit ihrem Tod, wenn man aus seiner Reaktion auf den bloßen Anblick meines Körpers und die Berührung meiner Hand irgendwelche Rückschlüsse ziehen durfte.
    Walker war ein nackter Mann, im Wasser mit einer nackten Frau. Dann endlich erwiderte er meinen Kuss. Er hatte nicht wirklich eine Chance.
    Ich bildete mir ein, dass er es brauchte, jemandem nahe zu sein; ich brauchte es unbedingt, aber nicht auf eine wispernde, kichernde Komm-lass-uns-einander-nahe-sein-Weise. Ich brauchte echte Nähe , die Vereinigung zweier Körper, ein bisschen Sanftheit und Aufmerksamkeit in einer Welt, die davon so wenig zu geben hatte.
    Falls ich in einem verborgenen Winkel meines Gehirns dachte: Vielleicht ist er derjenige; derjenige, der mich nicht verlassen wird , war es mir damals nicht bewusst. Damals war mir nur der Geschmack seines Mundes bewusst, die seidige, nasse Oberfläche seiner Haut, der Duft des Wassers, des Windes und der Nacht. Wir beide gehörten gemeinsam hier und jetzt an diesen Ort. Über den Rest würde ich mir später Gedanken machen … viel später.
    Seine Hände streichelten über meinen Körper, glitten unter und über die Wasseroberfläche; sein heißes Fleisch in dem kalten Bach zu spüren – seine leicht rauen Finger an meiner seidenweichen Haut – entlockte mir ein Stöhnen. Seine Hand streichelte über meine Hüfte, dann wölbte er sie um die eine Brust, anschließend um die andere, bevor er mit dem

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