Wolfsschatten - Handeland, L: Wolfsschatten
würde.
„Sie stellt dir nach?“
„Ein bisschen.“
So, wie ich Katrine kannte, war ein bisschen mit Sicherheit stark untertrieben.
„Hast du ihr gesagt, dass du verheiratet bist?“
„Ja.“
„Es interessiert sie nicht?“
„Nein.“
„Ich denke, du kannst dich jetzt aufsetzen.“
Nachdem ich am Ende der Center Street abgebogen war, steuerte ich auf den nächsten Häuserblock zu, der eine ordentliche Frühstückspension beherbergte, die von den Fosters, einem pensionierten Ehepaar aus Ohio geführt wurde. Sie waren vor fünf Jahren anlässlich des Vollmond-Festivals nach Lake Bluff gekommen und hatten sich so sehr in die Stadt verliebt, dass sie das Hotel aus dem achtzehnten Jahrhundert erworben hatten, kaum dass es auf dem Markt angeboten wurde. Sie gehörten inzwischen ebenso sehr nach Lake Bluff wie ich.
„Die Frau macht mir Angst.“ Ian hob den Kopf und scannte mit den Augen vorsichtig die dunklen Straßen. „Sie hat mehr Ersatzteile als ein Fiat.“
„Ein Fiat?“
Er grinste schnell und verlegen. „Ich habe während der College-Zeit einen gefahren. Weißt du, wofür die vier Buchstaben stehen?“ Ich schüttelte den Kopf. „Fehler In Allen Teilen.“
Ich lachte.
„Damals war es überhaupt nicht komisch.“ Ian stieg aus.
Er nahm meine Einkaufstüten und marschierte den Fußweg zur Veranda hinauf; dort blieb er stehen und griff in seine Tasche. Als ich zu ihm aufschloss, reichte er mir eine der Tüten, bevor er an der Unterseite des Handlaufs eine Feder befestigte.
Jordan saß hinter dem Empfang. „Was tust du denn hier? “, fragten wir beide gleichzeitig.
Ich guckte zu Ian und errötete, was albern war. Nicht nur war Jordan zwanzig Jahre alt, ich war mir auch ziemlich sicher, dass die meisten in der Stadt inzwischen ahnten, dass Ian und ich eine Affäre hatten.
„Er hilft mir nur mit meinen Sachen“, platzte ich hervor.
Jordan grinste nur.
„Mein Haus hat gebrannt. Ich brauche ein Zimmer. Also, was tust du hier?“
„Mrs Foster hat sich am Rücken verletzt. Mr Foster muss schlafen, weil er den ganzen Tag gearbeitet hat. Ich springe für sie ein.“
Jordan sprang in Lake Bluff regelmäßig für andere ein. Es war allgemein bekannt, dass sie jeden Penny für die Duke University sparte.
„Hast du heute nicht den ganzen Tag die Telefone bedient? “, fragte ich.
„Doch. Aber ich bin eine Nachteule. Ich schlafe nicht viel.“
Cal hatte einmal erwähnt, dass sie ein schwieriges Kind gewesen sei, das nur wenige Stunden Schlaf brauchte und die restliche Zeit putzmunter war. Sie hatte ihre Mutter in den Wahnsinn getrieben, während Cal meist nicht hatte helfen können, weil er in irgendeinem Kriegsgebiet stationiert war. Was vermutlich erklärte, warum Jordan ein Einzelkind geblieben war.
Ich gab ihr meine Kreditkarte; sie gab mir einen Schlüssel und streckte Ian die Hand entgegen. „Jordan Striker.“
„Entschuldigung“, sagte ich. „Ich hätte euch vorstellen sollen.“
Die beiden ignorierten mich, schüttelten sich die Hände und tauschten Freundlichkeiten aus. Als Ian mir den Schlüssel abnahm und auf die Treppe zuging, wackelte Jordan mit den Augenbrauen und machte Schmatzgeräusche in meine Richtung.
Was hatte ich gleich noch mal darüber gesagt, dass sie erwachsener ist, als ihr Alter erwarten lassen würde? Ich nehme es zurück.
„Er bringt nur mein Gepäck nach oben“, rechtfertigte ich mich lahm, während Ian bereits die Treppe hinaufstapfte.
„Ich habe kein Problem damit, Grace. Dies ist kein Mädchenpensionat aus den Fünfzigern.“
Sie wandte ihre Aufmerksamkeit wieder dem Notizbuch zu, in das sie bei unserem Eintreffen geschrieben hatte. Ich warf einen Blick darauf und erstarrte.
Da meine Brüder laufend versucht hatten, Dinge vor mir zu verbergen, war ich sehr gut darin geworden, Geheimnisse zu entdecken. Ich hatte praktisch zeitgleich mit dem Lesen gelernt, auf dem Kopf stehende Wörter zu entziffern.
Was ich dieses Mal entschlüsselte, war: Manche Handdesinfektionsmittel behaupten, 99,9 Prozent der Bakterien zu beseitigen. Chuck Norris kann verfluchte 100 Prozent von allem beseitigen, worauf er Lust hat .
„Du bist das Chuck-Norris-Phantom?“
Jordan riss die Augen auf und schlug den Buchdeckel zu, aber es war zu spät. Ich hatte schon den nächsten gelesen: Warum springt Chuck Norris’ Kalender vom 31. März direkt zum 2. April? Keiner verarscht Chuck Norris.
Ich musste mir auf die Lippe beißen, um nicht loszuprusten. „Warum
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