Wolfstod: Laura Gottberg ermittelt
gebraten.»
«Traurig, dass er es nicht mehr essen konnte», murmelte Laura. «Ich finde es überhaupt traurig, dass Menschen sterben müssen. Das Leben ist eigentlich viel zu schön, um zu sterben.»
«Wirklich erstaunlich, welch tiefe Einsichten du heute Abend hast.» Guerrini verzog keine Miene, als Laura ihm unter dem Tisch einen Fußtritt verpasste. Stattdessen begrüßte er freudig den Kaninchenbraten, der köstlich nach Rosmarin, Thymian und Knoblauch duftete. Schweigend schafften sie auch dieses Gericht, streikten aber endgültig, als Tommasini ihnen frittierte Reisbällchen als Nachspeise anbot. Doch es fehlte ihnen die Kraft, aufzustehen und nach Hause zu gehen, deshalb tranken sie noch einen caffè . Diskret stellte Tommasini biscotti di Prato und zwei Gläser vinsanto daneben. Diskret genossen sie auch diese Köstlichkeit.
«Morgen erzählst du mir was von diesem mysteriösen Montelli, ja?»
«Vielleicht», erwiderte Guerrini und gab Tommasini seine Kreditkarte. Der aber wollte sie nicht annehmen.
«Aber Commissario – es war mir ein Vergnügen. Empfehlen Sie mich weiter und betrachten Sie es als Einladung.»
« No! Ich weiß, dass Polizisten umsonst in Restaurants essen, sich umsonst die Haare schneiden lassen, Wurst und Käse zum Preis von vor dreißig Jahren einkaufen und so weiter und so weiter … ich finde das total beschissen, verstanden? Du hast uns geholfen, und ich danke dir dafür! Ich werde dein Lokal empfehlen, weil es gut ist. Wenn es schlecht wäre, würde ich es nicht machen! Und jetzt buch, verdammt nochmal, die Rechnung von meiner Kreditkarte ab!»
Tommasini zog den Kopf ein und tat, was der Commissario ihm aufgetragen hatte.
«Nicht schlecht», sagte Laura, als sie auf der Straße standen. Das Kopfsteinpflaster glänzte im Mondlicht, und ein Windstoß entfaltete die großen Fahnen, die von allen Häusern hingen. Ganz am Ende der Gasse strahlte hell die Torre di Mangia.
Zu lange geschlafen. Laura wusste es, als sie die Augen aufschlug, tastete nach dem Verband auf ihrer Stirn. Er hatte sich ein wenig gelöst, die Naht pochte leicht. Sie hatte etwas geträumt, deshalb war sie aufgewacht. Etwas Unangenehmes. Aber es war weg. Ihr Handy lag auf dem niedrigen Tischchen neben dem Bett. Sie zog es zu sich heran, entzifferte mühsam die SMS-Botschaften, musste sich zur Seite drehen, um die Sonne abzuschirmen.
Hi, Mama. Alles klar in Monaco. Sofia ist auch brav. Mach dir keine Sorgen, sondern eine schöne Zeit. Luca
Nett, dachte Laura, schloss die Augen und streckte sich wohlig aus. Dann rappelte sie sich auf, setzte sich im Schneidersitz in die Mitte des Bettes und tippte ihre Antwort ein: Hallo, Luca, bin sehr froh, dass es euch gutgeht. Hier ist es ziemlich spannend, Opa ist in Topform. Liebe euch! Mama.
Danach wandte sie sich der zweiten Nachricht zu. Sie stammte von Kommissar Baumann.
Komme im Schneckentempo voran. Der alte Mayer ist eine harte Nuss. Dobler hat sicher Dreck am Stecken. Weiß nur noch nicht, welchen! Ich bleib dran. Hoffe, dass bei dir alles läuft. Peter.
Laura dachte kurz nach und antwortete: Es läuft. Bleib schön dran. Ich ruf demnächst an. Laura.
«Schwachsinn!», murmelte sie und stand leise auf. Was hatte sie nur geträumt? Sie streichelte Angelos Rücken mit ihren Augen. Er lag auf dem Bauch, das Gesicht in den Kissen vergraben, rührte sich nicht. Laura schlich in die Küche, setzte Wasser auf, hängte Teebeutel in zwei große Tassen und ging ins Bad. Vor dem Spiegel löste sie vorsichtig den Verband, der inzwischen bis auf ihre Augenbrauen herabgerutscht war. Die Naht an ihrem Haaransatz war nur ein dunkler Strich mit ein paar Fäden. Haarebürsten tat trotzdem weh, und sie hatte den Eindruck, dass die obere Hälfte ihres Gesichts ein wenig geschwollen war.
Die lauwarme Dusche tat ihr gut. Ein paar Minuten lang blieb sie mit geschlossenen Augen unter dem Wasserstrahl stehen, versuchte sich an den Traum zu erinnern, aber sie bekam nur ein unklares Gefühl von Bedrohung zu fassen. Dachte plötzlich an ihre Tochter Sofia und ihre Beschreibung der Unfähigkeit, sich an Träume zu erinnern. Verschwundene Träume fühlten sich an, als betaste man etwas mit verbundenen Augen und müsse herausfinden, was es sei. Es komme einem bekannt vor, und trotzdem könne man es nicht erkennen, sosehr man sich auch bemühe. Nur eines wisse man ziemlich sicher, ob es etwas Entsetzliches oder etwas Angenehmes ist.
Etwas Angenehmes war es nicht, dachte Laura, drehte
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