Wolfstod: Laura Gottberg ermittelt
vermutlich gerade gestorben, also nichts wie weg. Ist es möglich, dass er in seiner Aufregung den Laptop vergisst?»
«Natürlich ist es möglich, und das wäre genau der Fehler, der ihm eigentlich nicht hätte unterlaufen dürfen.» Laura trank den Rest des Kaffees, verzog das Gesicht und schüttelte sich.
«War es einer der hübschen Burschen, von denen Peters gesprochen hat?»
«Unwahrscheinlich. Dann wäre er nicht am Laptop interessiert gewesen.»
«Aber der alte Fiat …»
«Tarnung. Nur ein Idiot würde mit einem auffälligen Luxuswagen zum Morden vorfahren.»
«Kommt aber vor.»
«Ja, bei Idioten, denen die Sicherung durchbrennt.»
«Also gut, gehen wir davon aus, dass es kein Idiot war. Es ist wirklich schade, dass Peters nicht gewartet hat, bis der andere rauskam, oder ihm nachgefahren ist. Das würde unsere Arbeit wesentlich erleichtern.»
«Lass uns weiter nachdenken!» Laura faltete den Pappbecher zusammen. «Altlander sitzt tot in seinem Stuhl. Es ist Sonntag. Der Mörder kann also davon ausgehen, dass Altlander nicht so schnell entdeckt wird. Wahrscheinlich hat er Enzo Leone wegfahren sehen oder wusste sogar, dass der häufig die Wochenenden woanders verbrachte. Vielleicht ist er tagsüber zurückgekommen und hat den Laptop geholt.»
Guerrini lehnte sich in seinem Ledersessel zurück und verschränkte die Arme hinter dem Kopf.
«Vielleicht ist er aber nicht zurückgekommen, weil er sich nicht traute. Vielleicht kam ihm jemand zuvor. Elsa Michelangeli zum Beispiel. Vielleicht hat sie Altlander bereits viel früher gefunden, als sie angegeben hat. Und sie wusste, dass dieser Laptop wichtige Informationen enthielt und außerdem Altlanders letztes Werk – jedenfalls was davon festgehalten war.»
«Und sie nahm den Laptop an sich und versteckte ihn. Erst danach verständigte sie die Polizei. Klingt nicht schlecht. Dafür spricht auch, dass ihr Haus durchwühlt wurde und der brutale Überfall auf sie.» Laura zielte mit dem zerknautschten Pappbecher auf den Papierkorb, verfehlte ihn aber.
«Also weiter!», seufzte Guerrini und betrachtete den Pappbecher auf dem glänzenden Parkettboden. «In den frühen Morgenstunden – nachdem Tommasini und ich den volltrunkenen Enzo Leone ins Bett gebracht hatten und Stille eingekehrt war –, da tauchte noch einer auf und suchte den Laptop. Diesmal mit einer Leiter. Aber da muss noch einer gewesen sein, weil auch die Siegel an der Tür aufgebrochen wurden.»
«Vielleicht wurde die Leiter nur aufgestellt, um gründlich Verwirrung zu stiften. Vielleicht war Leone gar nicht betrunken, sondern hat euch was vorgemacht.»
«Bitte hör auf, Laura. Er stank nach Alkohol, als hätte er darin gebadet!»
«Das kann ich auch, wenn ich schnell einen Mund voll Grappa schlucke und mir einen ordentlichen Schwall über die Bluse kippe … Was hast du eigentlich mit diesem Montelli? Wie kommst du auf die Idee, dass er etwas mit Altlanders Tod zu tun haben könnte? Montelli ist reich, hat ein florierendes Unternehmen und war zufällig ab und zu bei Altlander eingeladen. Vielleicht hat Leone ihn nur auf die Liste gesetzt, weil er ihn nicht leiden konnte. Leone traue ich alles zu! Warum du aber mit gefletschten Zähnen an Montellis Zaun entlangstreifst, ist mir immer noch nicht klar.»
Guerrini fuhr auf, doch ehe er aufbrausend antworten konnte, brummte sein telefonino . Er zog es aus der Jacke, die über seiner Stuhllehne hing, und hatte einen Gesichtsausdruck, als würde er es am liebsten zerquetschen.
«Guerrini!», schnauzte er.
Laura drehte die Augen zur Decke, stand auf und ging zum Fenster. Unten im Hof fuhr gerade ein Einsatzwagen mit Blaulicht los. Aber ganz oben, am obersten Rand des Fensterausschnitts, den sie übersehen konnte, leuchtete eine Ecke des Doms in der Sonne. Welch merkwürdige Mischung, dachte sie.
«Wir sind zum Mittagessen eingeladen», sagte Guerrini und trat hinter sie. Er legte beide Hände auf ihre Schultern. «Entschuldige meine schlechte Laune.»
Laura hatte keine Lust, auf diese Bemerkung einzugehen.
«Von wem sind wir denn eingeladen?»
«Von unseren Vätern. Sie haben gemeinsam tagliatelle al tartufo zubereitet und einen Salat. Außerdem müssen sie uns unbedingt sofort etwas mitteilen, was angeblich wichtig für die Ermittlungen ist.»
«Ich hab gewusst, dass die beiden besser sind als d’Annunzio und Tommasini.»
«Hast du ihnen wirklich einen Auftrag gegeben?» Guerrinis Hände auf ihren Schultern griffen ein bisschen
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