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Wolfstränen - Roman (German Edition)

Wolfstränen - Roman (German Edition)

Titel: Wolfstränen - Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vanessa Farmer
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Notlicht.
    Nell huschte zur Treppe hin und lauschte nach oben.
    Stimmen drangen zu ihr herunter.
    Wütende Laute.
    Es war Adrians Stimme.
    Etwas polterte zu Boden. Nell schrak zusammen und presste sich in den Schatten der Wand. Eine Tür wurde geöffnet und jemand kam die Treppe hinab. Stiefelsohlen krachten auf die Stufen. Die Schritte verhielten. Die Tür oben fiel zu.
    Nell drückte den knisternden Stoff an ihren Körper um sich nicht zu verraten. Wenige Meter von ihr entfernt stand jemand, der ebenso wie sie in die Dunkelheit lauschte. Nell meinte den Atem des Anderen zu hören. Verdammt, es konnte sich doch nur um Drought oder Adrian handeln. Keinen von beiden mußte sie fürchten, trotzdem befahl ihr ein tiefsitzender Instinkt, sich verborgen zu halten.
    Die Gestalt stapfte an ihr vorbei. Hätte sie ihren Arm ausgestreckt, hätte sie ihn berühren können.
    Es war Drought.
    Für den Bruchteil einer Sekunde konnte sie sein habichtartiges Profil sehen, dann war er an ihr vorbei und ging die Treppe zur Eingangshalle hinab.
    Die Haustür fiel ins Schloss.
    Drought hatte das Gebäude verlassen.
    Zuerst hielt Nell das Geräusch für Wind, der sich in den Gängen von Stairfield House verirrt hatte. Dann erkannte sie es wieder. In Adrians Zimmer fingen die Wölfe an zu heulen und zu schnappen. Es klang, als kämpften tollwütige Tiere miteinander.
    Entsetzt raffte Nell ihren Rock, rannte den Flur hinunter und warf die Kammertür hinter sich zu.
    In dieser Nacht bekam sie keinen Schlaf, denn es dauerte mehr als eine Stunde, bis die Monster über ihr verstummten.
     

6
     
    Als Nell am nächsten Morgen die Küche betrat, wartete Drought auf sie. Er starrte sie an und verzog höhnisch seine Lippen. »Na, Mädchen? Versuchen Sie jetzt, sich den Herrn an Land zu ziehen?«
    »Sie sind widerlich«, antwortete Nell und erinnerte sich an den Zorn, den sie in der letzten Nacht auf Drought verspürt hatte, Zorn, der so allumfassend war, daß sie sogar an Gewalt gedacht hatte. Sie schämte sich nicht für diese Gedanken.
    »Ich hoffe, Sie sind sich bewusst, daß Sie für einen Mann arbeiten, dessen gesellschaftliche Stellung es nicht zuläßt, sich mit einer ...« Drought suchte nach dem passenden Wort. Er lachte gepresst und winkte ab.
    »Sie mischen sich in Dinge ein, die Sie nichts angehen, Drought«, sagte Nell, deren Zorn wieder erwachte. Was bildete sich dieser aufgeblasene Schnösel ein?
    »Für Sie noch immer Mister Drought«, zischte der Butler. Er deckte eine Haube über die Teekanne. »Mir scheint, Sie benehmen sich schon jetzt wie eine Hausherrin.« Er blickte auf und nagelte Nell mit seinen Augen fest. »Vergessen Sie eines nie ... Sie sind nur ein Hausmädchen. Ich bin diesem Haus seit Jahrzehnten treu und ich würde es niemals zulassen, daß Sir Blackhole einen Fehler begeht.«
    So, wie Sie ihm den Zugang zu seinem eigenen Haus verwehren, nicht wahr?, wollte Nell hinzufügen, verkniff es sich jedoch. Dieser Mann war gefährlich. Sie spürte es mit jeder Faser. Der letzte Satz war eine unverhüllte Drohung gewesen. Wieder fragte sie sich, was Adrian an seinem Butler fand. Ein schlechtes Urteilsvermögen traute sie ihm nicht zu, und doch ...
    »Es läuft immer auf dieselbe Frage hinaus, Mister Drought! Warum hassen Sie mich so sehr?«
    Für einen winzigen Moment verschleierte sich Droughts stechender Blick. »Ich hasse Sie nicht, Nell! Nein, das tue ich nicht – aber ich weiß, was für Sir Blackhole gut ist. Ich kannte ihn schon, als er noch ein Baby war.« Er schob ihr mit einer harten Bewegung das dekorierte Tablett über den Tisch zu. Er starrte Nell an. »Was wissen Sie denn schon?« Seine Lippen pressten sich aufeinander. Es schien Nell, als wolle der Butler noch etwas sagen. In diesem Moment drehte er sich zum Herd um. »Machen Sie Ihre Arbeit!«
    Nell starrte auf den gebeugten Rücken des Mannes, nahm das Tablett und verließ die Küche.
     
     
     
    Adrian Blackhole war im Salon. Er ließ die Zeitung sinken und lächelte ihr entgegen. Seine Augen waren dunkel und zeigten tiefe Ringe. Die Wangen wirkten eingefallen, als gehöre er zu denen, die sich schon zum Frühstück eine Prise Arsen genehmigten. »Hatten Sie eine gute Nacht?«, fragte er. Seine Stimme klang rauh.
    »So einigermaßen«, log Nell.
    »Man wird die Gauner erwischen«, flüsterte Adrian. »Ich frage mich nach wie vor, warum sie uns überfallen haben. Mein Geld wollten sie nicht, was also hatten sie vor?«
    Mörder!
    Nell stellte das Tablett

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