Wolfstraeume Roman
Gefühl, von dem Assistenzarzt nicht ernst genommen zu werden, und das verstörte mich.
»Abra, wo ist Hunter?« Ich wandte mich dem texanischen Singsang zu und fühlte mich besser. Red, der meine Hand nicht nehmen konnte, hatte mir stattdessen den Arm um die Schultern gelegt. Ich konnte sein Gesicht zwar nicht sehen, dafür aber seine Brust hinter meinem Kopf spüren.
»Zu Hause.« Der Arzt wickelte den Verband um meine Hand und schnitt dann ein Stück Pflaster ab.
»Und du bist...«
Ich war froh, ihn nicht ansehen zu müssen. »Bei meiner Mutter in Beast Castle.«
Red reagierte nicht auf die Neuigkeit, dass meine Mutter die frühere Vampirqueen Piper LeFever war, die hier in der Gegend jeder kannte. Er holte nur tief Luft und sagte: »Verstehe.« Dann hielt er mich fester als zuvor, und ich merkte, dass ich weinte.
»So«, sagte der Arzt. »Das hätten wir.« Er wandte sich an Red. »Sie bringen Ms. Barrow nach Hause? Dann muss ich Ihnen noch ein paar Anweisungen mitgeben.«
Ich starrte auf das Ohr des Mannes, denn er würdigte mich nun keines Blickes mehr. »Einen Moment, bitte. War’s das schon? Ich brauche also keine intravenösen Antibiotika oder etwas Ähnliches?«
»Lady, die haben Sie vielleicht vor einer Woche gebraucht, aber jetzt nicht mehr.«
Ich sah Red an. »Aber ich hatte Verkohlungen, alle meine Hautschichten waren betroffen, ich habe schon nichts mehr gespürt...«
»Am besten sprechen Sie mit dem Arzt, der Sie schon behandelt hat. Sie können sich auch gerne unser Schaubild ansehen. Es handelt sich eindeutig um Verbrennungen zweiten Grades.« Er zog seine Latexhandschuhe aus. »Also, wollen Sie jetzt die Anweisungen hören, oder nicht?«
Red legte eine Hand auf meine Schulter. »Wir wollen die Anweisungen, ja. Wenn Sie diese Freundlichkeit noch aufbringen können...«
Ich hörte nicht hin, als der Assistenzarzt Red mit säuerlicher Miene erklärte, wie meine verletzten Hände zu behandeln waren. Als wir gehen wollten, kam eine große Frau in einem tomatenroten Jackett auf mich zugeeilt. Ihre blonden Haare hatte sie zu einer Frisur aufgetürmt, die an einen Truthahn erinnerte. Ich fragte mich, ob sie sich für Thanksgiving absichtlich so frisiert hatte.
»Sind Sie Ms. Barrow? Es tut mir leid, aber wir konnten keine Nummer zu dem Namen finden, den Sie mir gegeben haben.« Sie sah in ihrer Akte nach. »Red Mallin. Kann ich vielleicht jemand anderen für Sie kontaktieren?«
Verwirrt wandte ich mich an Red. »Aber irgendjemand muss ihn angerufen haben.«
»Nein«, erwiderte die Frau, nachdem sie noch einmal in ihren Akten nachgesehen hatte. »Wir haben es versucht, aber die Auskunft konnte uns keine Nummer für ihn geben. Tut mir leid.«
»Schon in Ordnung«, meldete sich Red zu Wort und
lächelte die Frau freundlich an. »Ich bin jedenfalls da, und das ist ja das Einzige, was zählt. Am besten bringe ich die Lady jetzt nach Hause.«
Die Blondine mit dem roten Jackett sah uns stirnrunzelnd nach, während Red mir den Arm um die Schultern legte und mich zum Ausgang führte. Sein Körper war dem meinen ganz nahe, und so spürte ich die Kraft, die in ihm steckte.
Er half mir beim Einsteigen in seinen Pick-up und ging dann um das Auto herum zur Fahrertür.
»Du stehst aber nicht unter Schock, oder?«, fragte er, nachdem er sich neben mich gesetzt hatte.
»Eigentlich sollte ich es. Das waren Verbrennungen dritten Grades.«
Red rückte auf der breiten Bank des Wagens näher zu mir hin, legte die Hand unter mein Kinn und brachte mich so dazu, ihn anzusehen.
»Ich weiß, dass sie das waren. Doch als sich dieser Idiot die Verbrennungen angeschaut hat, waren sie bereits am Verheilen.«
»Aber das ist doch nicht möglich.«
»Ich hätte die verbrannte Haut gerochen, wenn es so starke Verbrennungen gewesen wären, wie du meinst. Du wirst deine Hände für eine Weile nicht benutzen können, und der ganze Heilungsprozess wird noch etwas länger dauern, aber Verbrennungen dritten Grades sind das nicht mehr. Da kannst du ganz ruhig sein.«
»Red, Verbrennungen heilen aber nicht so einfach ab. Vor allem nicht so tiefe. Die verschwinden doch nicht von einer Minute auf die andere.«
Red strich mit dem Daumen über mein Kinn. »Doch, das
tun sie, wenn dir dein Mann eine Dosis von dem verpasst hat, was er dir verpasst hat.«
Auf einmal begriff ich, warum Red in jener Nacht nicht mit mir hatte schlafen wollen. Natürlich – er wusste es. Ich sah ihn an. »Du hast es die ganze Zeit gewusst, nicht
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