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Wolfstraeume Roman

Wolfstraeume Roman

Titel: Wolfstraeume Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alisa Sheckley
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wirkte kreidebleich und elend. Hatte er zu viel getrunken? Er trug zwar eine abgerissene Jeans, sein Oberkörper war jedoch nackt. Zu meiner Überraschung hatte er mehr Behaarung und Muskeln, als ich angenommen hatte. Die Kojoten-Tätowierung auf
seinem Oberarm wirkte jetzt kleiner, nachdem ich sehen konnte, wie entwickelt sein Bizeps war.
    Auf einmal merkte ich, dass ich ihn anstarrte. Unsere Augen trafen sich, und er lächelte.
    »Red! Alles in Ordnung? Woher kommst du?«, wollte ich wissen.
    »Ich wurde hier geboren. Aber meine Kindheit und Jugend habe ich in einem kleinen texanischen Kaff an der Grenze zu Mexiko verbracht.« Seine Stimme klang so heiser, als hätte er sie längere Zeit nicht benutzt.
    »Jetzt mal im Ernst. Hast du hier in der Dunkelheit herumgestanden und Jackie und mich belauscht?«
    »Eine Weile.«
    Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Als er mich erneut ansah, funkelten seine Augen. Was ging in ihm vor? Ich konnte seinen Blick nicht deuten.
    »Man darf doch andere nicht belauschen.«
    »Ehrlich? Dann solltest du aber auch nicht in die Hütte eines Wildfremden gehen und deinen Geruch auf seinem Bett hinterlassen. Wenn man einmal eine Grenze überschritten hat, sollte man andere nicht für etwas Ähnliches verurteilen.«
    »Tut mir leid. Mir war nicht klar, dass ich so... so stark rieche.«
    »Tust du auch nicht.« Er grinste mich ziemlich anzüglich an, so dass mir etwas unwohl wurde. Allerdings auch warm. »Und ich mag deinen Geruch, falls dir das noch nicht aufgefallen sein sollte.«
    Es schien mir an der Zeit, das Thema zu wechseln. »Jackie hält dich für einen indianischen Schamanen.«
    Red schob die Daumen in seine Jeans. »Soweit ich weiß,
stammt das Wort Schamane aus dem Sanskrit. Mein Großvater hat immer gesagt, dass man genauso gut einen Rabbi als einen jüdischen Priester bezeichnen kann, wenn man einen Indianer einen Schamanen nennt.« Er rieb sich das Kinn und sah mich aufmerksam an. »Aber ich habe mal einen Inuit in Kanada kennengelernt, dem ich ein Jahr lang folgen durfte. Durch ihn habe ich sehr viel über Wesen erfahren, die sich nicht immer in der Welt der Wachen bewegen. Aber das macht mich noch lange nicht zu einem Schamanen.«
    »Was meinst du mit der Welt der Wachen?« Ich trat zu ihm hin und nahm ihn am Arm, um endlich von meinem Urin wegzukommen. »Hast du von ihm gelernt, wie man Dinge im Traum erkennen und verstehen kann?«
    »Ja, das auch... ich habe von dir geträumt, Doc.«
    »Wirklich?« Ich richtete den Blick auf den Boden. »Was denn?«
    »Das solltest du doch wissen«, erwiderte Red. »Schließlich warst du ja dabei.« Ich erinnerte mich an den seltsam erotischen Traum mit Red und kam vor Verlegenheit ins Stolpern. »Vorsicht«, sagte er und hielt mich am Arm fest. »Weiß Hunter, dass du hier bist?«
    »Ich habe ihm auf den AB gesprochen. Er war nicht zu Hause.««Ich wusste nicht so recht, ob ich glauben sollte, dass ein Mensch einen anderen in seinen Träumen besuchen konnte. Vor einem Monat noch hätte ich das als unmöglich abgetan. Aber jetzt? Inzwischen hatten sich so viele seltsame Dinge ereignet, dass ich mir nicht mehr so sicher war.
    Red strich über meine Hand, die auf seinem Arm lag. »Dein Mann sucht wahrscheinlich schon nach dir. Am besten bringe ich dich nach Hause.«

    »Aber es ist dunkel. Jackie meinte, dass es gefährlich ist, jetzt noch unterwegs zu sein.«
    Er antwortete nicht. Wir blieben stehen, und es kam mir auf einmal seltsam vor, ihn noch immer am Arm festzuhalten. Red atmete tief ein. Seine Nasenflügel bebten. »Für Jackie mag es gefährlich sein. Sie hat die schlechteste Nachtsicht vom ganzen Bezirk Dutchess County. Aber ich kann dich nach Hause bringen.«
    »Wirklich? Das wäre schön.«
    Ich ließ seinen Arm los und lief zum Trailer. Erst als ich vor der Tür stand, bemerkte ich, dass Red mir nicht folgte.
    »Jackie? Jackie, Red ist hier. Er meint, er könnte mich nach Hause bringen, und wenn dir das recht ist, dann würde ich gerne...«
    Die Tür wurde aufgestoßen, und Jackie steckte den Kopf in die Dunkelheit hinaus. Ihr großer Busen zeichnete sich deutlich unter dem alten Frotteebademantel ab. »Red ist da? Wo ist er?«
    »Ja, Red ist da, und weil ich dir wirklich nicht zur Last fallen möchte, dachte ich...«
    »Red? Abra sagt, du würdest sie nach Hause bringen?« Sie klang so überrascht, dass sie mich geradezu verunsicherte. Es war doch nicht wirklich gefährlich, oder? Wir würden doch sicher nicht von einer

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