Wolfswechsel - Aktionspreis für begrenzte Zeit (German Edition)
trainiert. Und die Einkäufer vom Potsdamer Garderegiment hätten ihre Remonten von keinem anderen Lieferanten haben wollen.
Eines der Tiere schien Steffens besonders am Herz zu liegen. Er streichelte es, lächelte ihm zu, redete sanft auf es ein.
Verstehst Du was von Pferden Hauptmann, fragte er.
Ich bin in einem Fischernest groß geworden. Ich verstehe was von Booten, Wellen, Himmel und Sand – nichts von Pferden. Also schüttelte ich den Kopf.
Steffens meinte sein Pferd wäre ohne den Krieg für das Derby in Baden–Baden bereit gewesen, und dass es gewonnen hätte.
„ Wenn Du morgen in aller Frühe los reitest, kannst Du gegen Mittag in der Kreisstadt sein“, sagte er. Es gäbe ein Wehrmachtslazarett dort. Und irgendwer würde mir von da sicher weiterhelfen. Für das Pferd fände sich beim Apotheker immer ein Platz. Er sei Steffens Freund.
Er meinte was er sagte. Aber ich spürte, dass unter seinen Worten etwas anderes lag. Etwas das er nicht offen auszusprechen wagte.
„ Kannst Du reiten, Hauptmann?“, fragte er nach einer Weile. Ich blieb weiter bei meinem Schweigen.
Er hatte es geschickt eingefädelt, das musste man ihm lassen. Wie man es drehte und wendete – der nächste entscheidende Zug lag bei mir. Er wäre so oder so fein heraus.
„ Bist kein Held, was, Hauptmann? Gut - dann bleib solange Du willst. Ein Paar Hände mehr können nicht schaden.“
So haben wir unser Abkommen besiegelt: Ich würde bleiben, er darauf verzichten, nach den Gründen zu fragen.
Ein zwei Tage, bildete ich mir ein, würde ich auf dem Gut bleiben. Mich dann wieder auf den Weg zur Küste und von da in Richtung Osten machen.
Es konnte kein Fehler sein, meinte ich, Kräfte zu sammeln bevor ich durch die Frontlinie ging.
„ Dieser Krieg ist `ne Schande Hauptmann, nicht mal `n Stück Zucker hab ich mehr für meine Dame hier…“
Er liebte seine Pferde nun mal mehr als die Menschen.
Du glaubst kaum, wie sehr man sich nach einem Bett sehnen kann.
Ich meine, ein richtiges Bett ganz für sich allein. Mit richtigen Laken und einer warmen Decke.
Jahrelang hatte ich im Lager und dem Gefängnis auf Holzpritschen gelegen.
Aber als ich in Bülow kriegte, wovon ich solange geträumt hatte, stellte ich fest, dass ich es nicht aushielt. Es ging einfach nicht. Ich wälzte mich eine Stunde unruhig hin und her. Nur, um schließlich doch auf dem Teppich zu landen. Bloß die Decke nahm ich mit. Es dauerte keine zwei Minuten, bis ich eingeschlafen war.
Der Junge kam irgendwann mitten in der Nacht und weckte mich. Er starrte verwundert auf mich herunter. Ich fragte was zur Hölle los sei, dass er mich mitten in der Nacht weckt.
Eine der Kühe sei zu früh dran. Ihr Kalb liege falsch. Kuh und Kalb würden sterben, wenn es nicht gelänge das Kalb in ihrem Leib zu drehen.
In Hemd und Hose rannten wir über den Hof zum Stall. Steffens und Catherina waren bereits dort. Steffens nur in Nachthemd und Stiefeln. Catherina aber korrekt in Schürze und dunklem Kleid.
Die Kuh tänzelte, rollte die Augen und brüllte vor Schmerz. Ihr Leib war bedeckt mit dampfendem Schweiß, aus ihrem Maul quoll flockig weißer Schaum.
Tiere leiden anders als Menschen. Tiere haben keinen Grund ihren Schmerz zu verbergen.
Das macht es so furchtbar ihnen in ihrem Schmerz zusehen zu müssen.
„ Ich brauche Dich, Hauptmann. Das verdammte Vieh ist zu früh dran und der Junge mit seinem steifen Bein kann sie nicht halten. Einer muss das verdammte Kalb drehen, oder kaputt schneiden, sonst verreckt uns die Kuh.
Du bist Arzt und Kühe sind auch nur Menschen, also sieh zu, dass uns wenigstens die Kuh nicht verreckt, wenn wir das Kalb schon nicht holen können.“
Man hat mich mal für eine der großen Hoffnungen der deutschen Chirurgie gehalten. Und in dem ersten Krankenhaus in dem ich arbeitete galt ich als der Mann für die aussichtslosen Fälle.
Einen Moment hatte ich Angst. Das ging vorbei. Man legt einen Schalter um und ist plötzlich nur noch Arzt. Nur noch denkende Maschine. Du vergisst den Dreck, den Gestank, den Schweiß und die Pisse, in der Du stehst.
Du hörst die anderen Tiere nicht rufen. Du bist nur noch Handwerker, lässt dich in den Mechanismus fallen, den man dich einmal gelehrt hatte und vergisst dich selbst dabei. All die widerstreitenden Stimmen, die das Ich in Deinem Kopf sonst ausmachen, treten gegen die Selbstanweisungen des Arztes zurück.
Ganz gleich, ob dein Patient nun ein
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