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Wolfswechsel - Aktionspreis für begrenzte Zeit (German Edition)

Wolfswechsel - Aktionspreis für begrenzte Zeit (German Edition)

Titel: Wolfswechsel - Aktionspreis für begrenzte Zeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gray
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hatte.
      Steffens kam zurück. Er hatte ein totes Schaf vor sich auf dem Sattel. Warf es vor dem Jungen und mir in den Schnee. Blutrot, fettgelb und schmutzig weiß.
    „ Ein Wolf. Er hat es gestern Nacht aus dem Stall geholt. Er ist allein. Ich habe die Spuren gefunden. Muss ein Junger sein, aus Russland rüber gekommen. Alte Wölfe sind zu schlau, um allein zu jagen.“
      Ich verstand nicht, wovon er sprach. Bis er es mir erklärte: Bereits an dem Abend, als er mich im Wald auflas, war er hinter einem Wolf her gewesen, der sich nachts aus dem Wald heraus bis in den Pferch hinterm Haus schlich, um Schafe zu reißen.
    „ Ich bin gegen diese scheiß Schafe gewesen. Am Ende stecken sie die Pferde noch mit ihren scheiß Krankheiten an. Kühe und Schweine, das mag angehen, aber diese Wollbeutel gehören nicht auf einen Hof.“
    „ Das verdammte Vieh – nicht mal `nen Braten kann man mehr draus machen. Was ist Hauptmann - gehen wir auf Wolfsjagd?“
    „ Warum nicht?“
    Er klopfte mir auf die Schulter, zückte dann seinen Flachmann, prostete mir zu. Nahm einen tiefen Schluck und reichte ihn mir herüber. Nach einem misstrauischen Blick Richtung Haus, bekam auch der Junge seinen Anteil ab. 
      Doch an diesem Tag ist noch mehr geschehen. An diesem Tag kam der Krieg, und mit ihm die Angst zu mir zurück.
    Wie räumt man ein Minenfeld, soll ein General den anderen gefragt haben. Die Antwort: Mit den Stiefeln eines marschierenden Regiments.
      Genau das bedeutet Krieg für mich.
      Krieg hört mit dem Frieden nicht einfach auf. Was Krieg angeht, ist erst der Tod der Flamme die wirkliche Geburt des Feuers. Aus der Maßlosigkeit führt kein Weg je zurück. Sieh Dich um: Die Welt ist voller alter Männer, die Nacht für Nacht einen Kampf mit dem Widerspruch zwischen den Erinnerungen an ihre einzig große Zeit, den Krieg, und ihrem danach plötzlich so erniedrigend farblosem Leben ausfechten. Die Bücher, die sie darüber geschrieben haben, füllen ganze Bibliotheken. Als glaubten sie, sie könnten mit ihren Memoiren ihre Geister bannen. Und Krieg ist auch mehr und anderes als nur die Hölle. Denn wenn die Hölle überhaupt irgendeinen Sinn hat, dann doch nur den, dass in ihr kein einziger Unschuldiger brennt. Krieg aber ist voll unschuldiger Opfer: Frauen, Kinder, Alte und jede Menge armer Schweine, denen man ungefragt  ihre Hundemarken umgehangen hat.
      In dem Moment, als sich an diesem Tag der Krieg auf Bülow zurückmeldete, hockte ich mit heruntergelassenen Hosen im Pferdestall und tat, was jeder von uns ab und an eben zu tun hat. Neben mir, an die Wand gelehnt, die Gabel, mit der ich begonnen hatte Mist auf einen Karren zu schaufeln. Catherina war mit dem Jungen im Haus und Steffens unterwegs, um die Spur des Wolfes zu suchen. 
      Die Tiere warfen nervös die Köpfe. Bevor ich dazu kam, mir den Hintern zu wischen, oder die Hosen drüber zu ziehen, tauchte Steffens in der Stalltür auf, stürmte auf mich zu, griff mich und drängte mich in den Strohhaufen, der am Gang lag.
      Mit runter gelassenen Hosen hüpfte ich ohne zu wissen wie mir geschah, durch den Stall. Steffens gab mir einen Stoss, der mich hilflos ins Stroh warf.
      Ein paar armvoll davon landeten noch auf dem, was von mir noch zu sehen gewesen war, danach verschwand er. Es dauerte nicht lange bis ich begriff was ihn dazu gebracht hatte, mich wie einen Idioten mit nacktem Hintern durch den Stall zu stoßen.
      Ich habe ihre Gesichter nie gesehen. Aber ich habe ihre Stimmen gehört. Mit fünfundzwanzig ist man sich klar, dass die Erde, auf die man scheißt voller Toter liegt. Aber noch mit 17 gibt man den besseren Fanatiker ab. Da braucht`s nicht viel um zu glauben, dass selbst das Gras ausgerissen gehört, damit es grün bleibt. Vor ein paar Monaten spielten die Jungen draußen im Hof noch Räuber und Gendarm. Jetzt nannten sie sich PRÄTORIANER und hatten Macht über Leben und Tod.
    „ Die Russen stehen keine hundert Kilometer von hier, der Führer hat angeordnet, dass die Front begradigt wird. Ihr müsst mitkommen, der Kreisleiter hat die Evakuierung befohlen!“
    Steffens ging nicht auf die Worte des Jungen ein. Er bot ihnen seinen Flachmann an. Sie tranken. Lachten über einen Scherz, den ich nicht verstand.
      Einer fragte nach den Leuten, deren leere Häuser am Rande des Gutes standen.
      Steffens brummte, sie seien fort – schon seit Tagen. Einer der Jungen fragte wohin.
    Ein anderer antwortete ihm. Ich verstand nicht was er sagte,

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