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Wolfswechsel - Aktionspreis für begrenzte Zeit (German Edition)

Wolfswechsel - Aktionspreis für begrenzte Zeit (German Edition)

Titel: Wolfswechsel - Aktionspreis für begrenzte Zeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gray
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klingelte. Rabier nahm den Hörer ab, meldete sich mit einem Grunzen, lauschte eine Weile, bedankte sich dann bei seinem Anrufer und legte wieder auf.
    Er wirkte danach erheblich nachdenklicher als zuvor.

VIII.
     
    „ Wie die Dummheit so ist auch das Böse autohypnotisch“
     
    Peter Sloterdijk, 2002 „ Luftbeben“
     
     
     
    Ich stand neben dem Jungen auf der Wiese vorm Lazarett.
    Ich sagte ihm, dass Berg hatte, was ich brauchte. Es aber nicht kostenlos hergeben würde. Ich sagte ihm, dass ich Berg von früher her kannte.
    „ Lass mir eines der Pferde da und fahr zurück. Sag ihnen, ich komme, sobald ich fertig bin“, schlug ich vor.
    Ich sah den Schrecken in Max’ Gesicht. Er hatte sich verändert. Ein einziger Nachmittag hatte dazu ausgereicht.
    „ Die Soldaten sagen, dass die Russen den Krieg gewinnen. Sie haben nach dir gefragt. Ich habe gesagt, ich weiß nichts über dich.“
    Von der Verachtung, die er mir entgegen gebracht hatte, schien nichts mehr übrig.
    „ Ich habe sie gefragt, ob sie etwas über die Einheit wissen, in der Onkel Sebastian und Holger Steffens dienen. Sie meinten, die gibt’s nicht mehr. Die sollen alle tot sein. Aber das geht doch nicht. Sie können doch nicht ALLE tot sein, oder?“
    Nach dem stickigen Pesthauch im Lazarett tat es gut, im warmen Wind zu stehen und sich vorzumachen, dass Catherinas Mann tatsächlich tot war.
    „ Ich schaff den Weg zurück auch im Dunkeln, ich lass Dir die helle Stute hier.“
    Max ging trotzdem nicht zum Stall. Er blieb neben mir stehen.
    „ Das war Masha, die sie aufgehängt haben. Sie hat beim Apotheker geputzt. Letztes Jahr im Sommer hat sie mir ihre Brust gezeigt. Sie hat immer gelacht, den ganzen Tag. Sie hat mal mit mir getanzt zum Erntefest, bevor sie die Bluse aufgemacht hat.“
    Im Lazarett wartete der Mann, den ich aufzuschneiden hatte. Max sah mich an. Es war noch etwas offen zwischen uns.
    „ Ich weiß, dass Tante Catherina letzte Nacht in deinem Zimmer gewesen ist, Hauptmann.
    Steffens hat gesagt, er schlägt mir den Schädel ein, wenn ich es irgendwem erzähle.“
    Er wandte sich ab. Bevor er den ersten Schritt zum Stall getan hatte, hielt ich ihn zurück.
    Ich glaube, das war der Moment in dem ich mich endgültig entschieden habe. Ich würde nicht zur Front gehen. Ich würde auf dem Gut bleiben.
    Ich würde Catherina dazu bringen mich anzuhören. Ich würde sie dazu bringen mir zu GLAUBEN.
    Ich würde sie dazu bringen mir zu verzeihen, wo es nichts zu verzeihen gab.
    Ich würde diesen verdammten Krieg nicht einfach nur überleben. Ich würde ihn in einem gewissen Sinn sogar GEWINNEN.
    „ Sag Catherina, dass ich zurückkomme. Sag ihr, dass alles gut wird. Morgen Abend spätestens bin ich zurück, hörst du?“
    Er schüttelte meine Hand ab.
    „ Das kann doch nicht sein, Hauptmann. Sie können doch nicht ALLE tot sein – die ganze Einheit? Das gibt es doch gar nicht, oder?“
    Es gab nichts, mit dem ich ihn hätte trösten können. Die Wahrheit hätte dazu am Allerwenigsten getaugt.

PA RIS /  1969
     
    „ Das war dumm von dir.“
    „ Was?“
    „ Dass du gedacht hast, du würdest Deinen Krieg sogar gewinnen. Deine Gräfin hat bestimmt nicht auf dich gewartet. Die wollte bloß einen Kerl im Bett. Und du hast es mit Liebe verwechselt.“
    Wajdas Gesicht blieb eine undurchdringliche Maske.
    „ Hast Du deinen Helden aufgeschnitten?“
      Er antwortete nicht. Er erhob sich und trat an das Drahtgitter. Ein paar Mal strichen seine Finger sanft darüber hinweg.
    Mit Ausnahme eines jungen blonden Mannes hatte man bereits sämtliche Freier zur Vernehmung geholt. Auf der langen Bank im Verwahrkäfig waren nur noch einige Mädchen zurückgeblieben.
    Ruckartig wandte er sich vom Drahtgitter ab. Trat die zwei Schritte zur Bank zurück.
    „ Red nicht so von ihr – Du hast sie nicht gekannt.“
    Natalie wurde klar, dass sie zu weit gegangen war.

Was immer Krieg auch sonst sein mag. Eines ist er sicher: der Himmel für Chirurgen. Niemals sonst bekommst Du die Gelegenheit so frei zu arbeiten wie im Krieg. Stirbt Dir Dein Patient in Friedenszeiten in der Klinik unter den Händen weg, erscheinen jede Menge Leute mit jeder Menge Papier. Die alles was Du für ihn getan oder eben nicht getan hast in Zweifel ziehen.
    Im Krieg relativiert sich das: da rollt man einfach das nächste Stück Kanonenfutter herein. Wird es nichts, dann tippt eben irgendwer einen Heldenbrief: Gefallen für Führer und Vaterland
    Nur Dr. Jakob Weiss aus Berlin

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