Wolke 7 inklusive
jetzt sofort bereit, Janine während ihrer Expedientenreise zu vertreten.
»Dann kann ich also zusagen?«
»Klar doch, Kindchen. Mach dir ein paar schöne Tage. Du weißt doch, auf der so genannten Putzfraueninsel ist es interessanter, als die Meisten denken.«
»Da hast du recht«, stimmte Janine der älteren Kollegin zu. Katrin war etwa fünfzig, hatte ihren Job von der Pieke auf gelernt und sogar fast sieben Jahre als Reiseleiterin die ganze Welt bereist. Vor gut zwanzig Jahren hatte sie ihren Mann, einen Bauunternehmer, kennen gelernt, drei Kinder bekommen – und mit Wehmut Abschied vom Beruf genommen. Jetzt, wo ihre beiden Mädchen und der Sohn das Haus verlassen hatten, war Katrin froh und glücklich, ihre
Kenntnisse in der Reisebranche wieder anwenden zu können. Mit dem Computer konnte sie prima umgehen.
»So ein großer Sohn hält einen auf dem Laufenden«, hatte sie Janine erklärt. »Ich bin zwar nicht topfit, aber ganz gut informiert.«
In der Tat, und so war sie für die junge Unternehmerin eine wertvolle Hilfe.
Aber noch war es nicht so weit. Erst einmal galt es, die nächsten vier Wochen zu überstehen. Der Sommer neigte sich langsam dem Ende zu. Die Schulferien waren in einigen Bundesländern schon zu Ende – im Büro der Beginn der so genannten Sauregurkenzeit. Noch waren die neuen Kataloge nicht ausgeliefert, aber die meisten Ferienreisen gebucht.
Janine hatte dennoch keine Langeweile. Zumal sich Olivers USA-Trip um einige Tage verlängerte. »Ich hab hier ein paar interessante Vorträge gehört und bin zu einem Symposion eingeladen. Ich würde gern noch drei Tage anhängen. Kannst du dich um das Pferd kümmern?«, hatte er gefragt, und Janine hatte nur zu gern zugestimmt.
»Wirbelwind, die Zeit nutzen wir beide. Was hältst du von einem langen Ritt durch den Forst?« Da Katrin an diesem Nachmittag im Büro war, konnte Janine ziemlich früh Feierabend machen. Sie hatte das Pferd ausgiebig gestriegelt, jetzt legte sie ihm das Zaumzeug an.
Der Wallach, groß und fast schwarz mit einem hellen Stern auf der Stirn, schnaubte leise.
»Der scheint ja jedes Wort zu verstehen!« Ein Mann, den Janine noch nie auf dem Reiterhof gesehen hatte, kam auf die Box zu. »Hallo, ich bin Bert. Mir gehört der Apfelschimmel da drüben.« Er wies zu einer Box am Ende der Stallgasse. »Wir sind seit gestern hier. Ich heiße Bert Schrader.«
»Hallo. Ich bin Janine. Herzlich willkommen.« Sie schaute kurz zu dem Mann hin. Dunkelblondes, leicht gelocktes Haar, etwa Mitte dreißig. Groß. Schlank. Blaue, ein wenig zu eng stehende Augen. Gewinnendes Lächeln.
»Wollen Sie ausreiten?«
»Sieht wohl so aus.« Himmel, das war nicht gerade eine tolle Konversation! Aber wer schon Apfelschimmel ritt …
Janine mochte keine Apfelschimmel. Schon seit frühester Kindheit nicht. Sie waren falsch – sagte sie sich, da ein wunderschöner Apfelschimmel sie schon in der dritten Reitstunde in hohem Bogen abgeworfen hatte.
Allerdings war dieses neue Tier wunderschön. Vermutlich mit einem Araber in der Ahnenreihe.
»Darf ich mich anschließen? Ich kenne ja die Reitwege hier in der Gegend noch nicht, und …«
»Kein Problem«, fiel Janine ihm ins Wort. Und so ritten sie wenig später durch den einbrechenden Abend.
Bert war ein wirklich guter Reiter. Er erzählte ein wenig von dem Stall, in dem sein Tier vorher gestanden hatte. »Das war auf einem großen Hof im Münsterland. Klar, dass da hohe Ansprüche gestellt wurden. Der Besitzer züchtet unter
anderem für weltbekannte Springreiter. Ich kann froh sein, dass er mir Diabolus so preiswert gelassen hat.«
»Warum das denn? Reine Menschenfreundlichkeit ist mir bei Pferdehändlern noch nie untergekommen.«
»Davon konnte auch keine Rede sein. Diabolus hat ’ne Macke.« Bert grinste.
»Und die wäre?«
»Er mag keine Frauen.«
»Wie bitte?« Janine beugte sich vor. »Das kann doch nicht wahr sein!«
»Ist es aber. Leider. Sogar ein so genannter Pferdeflüsterer konnte da nichts machen. Er mag einfach keine Frauen. Und da viele Mädchen als Helferinnen oder Bereiterinnen agieren, hatten sie ein Problem mit meinem Jungen.« Er klopfte dem Apfelschimmel kurz den Hals.
»Bei uns gibt’s auch zwei Pferdepflegerinnen«, warnte Janine.
»Ich weiß. Und ich hab schon gesagt, dass ich das Meiste selbst tun will. Vorsichtshalber.«
»Was hat Sie denn in unsere Gegend verschlagen? Das Münsterland ist ja doch ein Stück weg von Köln.«
»Stimmt. Aber hier gab’s
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