Wolke 7 inklusive
ein kurzer Händedruck mit Ian, dann ging die gebeugte, kleine Gestalt in den Garten und schnitt einen Arm voll Hibiskusblüten und alle Rosen, die an einem Spalier am Haus emporrankten.
Vorsichtig legte Mathilda diesen Gruß, der Alessas totem Geliebten galt, in den Kofferraum. »Wir sehen uns bald wieder, Tante Alessa«, sagte sie und winkte zum Abschied.
»Nie mehr, meine Kleine«, murmelte die Alte. »Aber das ist gut so.« Noch einmal winkte sie, dann ging sie ins Haus und setzte sich in ihren alten Ohrensessel. Hier hatte sie unendlich viele Stunden gesessen, nach draußen geschaut, wo Valldemossa so oft im Glanz der Sonne lag, und von vergangenen Zeiten geträumt.
Ihr Leben war nicht immer leicht gewesen. Einmal nur hatte sie geliebt – und diese Liebe hatte keine Erfüllung finden dürfen. Der Seefahrer, der ihr Herz einst gewonnen hatte, war von einer großen Fahrt nicht zurückgekehrt. Das Meer hatte ihn verschluckt – und so hatte Alessa, das Mädchen aus den Bergen Mallorcas, nie eine andere, weitere Welt kennen gelernt. Dabei hatte sie sich so darauf gefreut, mit in die Heimat des Geliebten zu reisen.
Jetzt schaute sie wieder hinaus aus dem Fenster ihres kleinen Hauses, versuchte den Wagen auszumachen, in dem Ian und Mathilda saßen. »Alles Glück der Welt für euch«, sagte sie. Dann schloss sie die Augen, seufzte einmal tief auf – und schlief ein.
Nichts ahnend schlenderten Mathilda und Ian unterdessen durch das Dorf, das seine Berühmtheit dem Komponisten Frédéric Chopin und dessen Geliebter, der Schriftstellerin George Sand, verdankte. Die beiden hatten in der Kartause von Valldemossa 1838/39 sechs Winterwochen miteinander verbracht. Nasskalt und ungemütlich war es damals, dem kranken Chopin war der Aufenthalt gar nicht bekommen. Und auch George Sand fand in ihrem Buch »Ein Winter auf Mallorca« nicht gerade schmeichelhafte Worte für die Mallorquiner und ihre Insel.
Und dennoch – gerade durch diese beiden Künstler wurde das Bergdorf weltbekannt. Wohl kein anderes Inseldorf ist so großzügig mit Blumen geschmückt wie das Unterdorf
von Valldemossa mit seiner gotischen Pfarrkirche St. Bartomeu.
»Wunderschön ist es hier!« Begeistert sah sich Ian um. »Das muss ich Grandma zeigen. Und dann sollte sie deine Tante Alessa kennen lernen. Die beiden werden sich bestimmt gut verstehen.«
Mathilda nickte zustimmend. »Das machen wir. Aber erst mal gibt es jetzt für dich ein paar cocas de patata – das ist eine Spezialität, die es nur hier gibt. Für diese Kartoffelkrapfen fahren die Einheimischen meilenweit.« Sie zog ihn hinüber zu einer der vielen kleinen Bäckereien.
»Ich bin aber noch pappsatt«, wandte der Schotte ein.
»Nichts da – die musst du probieren.« Sie schob ihm gleich eine der Köstlichkeiten in den Mund. »Den Rest nehmen wir mit. Bis wir am Cap de Formentor sind, hast du sicher wieder Hunger.«
Da sie Rebecca Hardwich nicht den ganzen Tag über allein lassen wollten, fuhren sie ohne Aufenthalt die Küstenstraße in Richtung Norden, vorbei an Sóller, dem berühmten Kloster Luc und Pollenca bis hin zum Cap.
»Wir gehen erst mal zum Mirador «, erklärte Mathilda. »Zwar müssen wir ein bisschen laufen, aber wenn wir erst oben sind, haben wir den tollsten Blick über die Insel und, mit ein bisschen Glück, den schönsten Sonnenuntergang weit und breit.«
»Na, dann mal los.« Ian nahm ihre Hand, und so gingen
sie hinauf zu dem Aussichtspunkt, von dem aus man gut zweihundert Meter tief hinunterschauen konnte.
»Ob wir hier die Blumen hinunterwerfen können?« Mathilda sah sich unsicher um. »Eventuell landen sie nicht im Meer, sondern unten in der Bucht.«
»Ich versuch’s einfach.« Ian schleuderte den Strauß mit größter Kraft – und wirklich, eine Windbö erfasste die Blumen und trug sie hinaus aufs Wasser, wo sie noch lange auf den Wellen tanzten.
»Das ist Alessas Gruß an ihren Geliebten«, flüsterte Mathilda und lehnte den Kopf an Ians Schulter.
»Sie hat die große Liebe gefunden – so wie wir.« Ian küsste sie liebevoll. »Und wir haben das Glück, unsere Liebe leben zu können – hoffentlich ein langes, erfülltes Leben lang.«
Endlich wieder auf Mallorca!
Janine atmete tief die Luft ein, die hier am Flughafen nun gar nicht besonders gut war. Und dennoch: Janine fand sie herrlich. Noch eine Stunde, dann würde sie auch wieder die vielen Blüten riechen können, die im Garten der »Villa Cloud Seven« blühten.
Sie winkte
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