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Wolken über dem Meer: Roman (German Edition)

Wolken über dem Meer: Roman (German Edition)

Titel: Wolken über dem Meer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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ewig, bis der bürokratische Kram erledigt ist. Es ist wichtig, der Familie einen Lichtblick zu geben.«
    Das war Secret Agents Stichwort. »Ich danke euch allen«, tippte er ein. »Ich bin sicher, White Dawn wollte niemandem zu nahe treten. Es ist nur so, dass wir hier wie eine Familie sind, White Dawn. Diese Leute sind der letzte Rettungsanker für meine Schwester.« Sollte er noch einmal an den kleinen Jake und sein mit Schnittwunden übersätes Gesicht erinnern, den Grund, das Thema überhaupt erst zur Sprache zu bringen? Das Geld für Jakes Operation? Leute, jetzt geht’s rund … Er würde ihnen ein paar Minuten Zeit lassen. Aber das musste er nicht: Bingo.
    »Hallo, White Dawn«, schrieb Spiritfan1955. »Werde dir mal erklären, wie das SpiritTown-Forum funktioniert. Hier geht es um Jakes Leidensgeschichte. Dreizehnjähriger Junge, braucht plastische Operation? Ich bin jedenfalls dabei – Secret Agent, schick mir deine PayRight-Infos, damit ich mein Scherflein beitragen kann.«
    Secret Agent vergeudete keine Sekunde: Er schickte Spiritfan1955 eine Privatnachricht mit Informationen über seine Bankverbindung und das obligatorische ›Danke, Mann‹.
    »Ich mache auch mit«, schrieb PeaceBabe. »Ich habe selbst eine dreizehnjährige Tochter.«
    »Tut mir leid wegen Jake, Kumpel«, lautete die Antwort von OneThinDime. »Ich werde helfen, so gut es geht. Meine Frau hatte letztes Jahr einen Autounfall, und ich weiß, was da alles auf einen zukommen kann. Plastische Chirurgie kostet einen Haufen Geld. Sie hat eine Menge durchgemacht – wir alle. Aber wir haben einen ganzen Monat lang Tag und Nacht die CD-Box ›Spirit Days and Spirit Nights‹ gehört – das hat geholfen. Ich werde für euch beten.«
    »Danke«, schrieb Secret Agent zurück. »Deine Großzügigkeit beschämt mich. Ehrlich. Und ich werde meiner Schwester die CD-Box schenken – tolle Idee. Ist wohl überflüssig zu erwähnen, dass sie sich im Moment gefühlsmäßig auf dem Nullpunkt befindet.«
    »Mit uns kannst du rechnen, Mann«, schrieb Spiritguy1974.
    »Voll und ganz«, stimmte LastCall25 ein.
    Das PayRight-Konto begann sich zu füllen – gute Ausbeute heute Nacht, hat sich gelohnt, dachte Secret Agent und machte Anstalten, seinen fabelhaften Freunden, seiner SpiritTown-Familie eine gute Nacht zu wünschen. Zwischen den einschlägigen Werbsites hin- und herpendelnd, war er auf die mit einer Webcam ins Netz gestellten Bilder aus den niederen Regionen einer Hausfrau in den Badlands gestoßen, wo offenbar sexueller Notstand herrschte – und nun war es allerhöchste Zeit, selbigem abzuhelfen.
    In diesem Moment erschien White Dawns Benutzername im ›Jake Aktuell‹-Forum. Secret Agent lachte in sich hinein. Eine weitere Bekehrte in der Welt der Geldgeber. Eigentlich hatte er die Nase voll und war nur noch erpicht darauf, die Pornobilder anzuklicken. Aber er konnte der Versuchung nicht widerstehen, einen kurzen Blick darauf zu werfen, was White Dawn anzubieten hatte; er scrollte die Nachricht herunter.
    »Vorsicht!«
    Secret Agent erstarrte. Es war unfassbar. Ein einziges Wort stand auf dem SpiritTown-Screen, für jedermann sichtbar. Vorsicht! White Dawns zweite Nachricht – mit der sie alle Welt warnte. Secret Agent hatte das Gefühl, mit einem neuen Feind konfrontiert zu werden – als hätte er gerade einen Stein umgedreht und eine zusammengerollte Klapperschlange darunter entdeckt, zum Angriff bereit.
    Er traute seinen Augen nicht. Eine weitere Nachricht war eingetroffen:
    »Hurrikan Katrina hat Homestead nicht einmal gestreift. Er ist nördlich vorbeigezogen, Armleuchter. Wäre besser gewesen, wenn du die Sturmwarnungen auf der NOAA-Website gelesen hättest, bevor du den Leuten das Geld aus der Tasche ziehst.«
    »Verdammtes Miststück!«, brüllte er. Aber er wusste nicht einmal, ob es sich um einen Mann oder eine Frau handelte – er wusste nicht das Geringste über White Dawn. Er suchte nach einem Benutzerprofil, entdeckte aber keines. Auch gut, er würde es schon herausfinden – da war er sicher. Und wenn er erst wusste, wer sich dahinter verbarg, würde es White Dawn noch leidtun, ihn vor den Augen aller Forumteilnehmer gedemütigt zu haben.
    »Scheiße!«, fluchte er laut, als seine Erektion auch noch beim Teufel war.

Kapitel 21
    I n Boston wimmelte es von Kindern. Lily sah sie überall: Unterwegs mit der Familie, mit irgendwelchen Gruppen, bei Campingausflügen. Sie strebten den Public Gardens, dem Wissenschaftsmuseum,

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