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Wolken über dem Meer: Roman (German Edition)

Wolken über dem Meer: Roman (German Edition)

Titel: Wolken über dem Meer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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richtig?«
    »Richtig.« Liam sah Lily an. »Es hat lange gedauert, bis mir das klarwurde.«
    »Wann war das?«, hakte Rose nach.
    »In der Nacht, als du geboren wurdest, Rose.«
    »Wirklich?«
    Liam nickte. »Wirklich.«
    Froh darüber, ihre Hände beschäftigen zu können, setzte Lily ihre Stickarbeit fort. Sie hatte Liams Geschichte während der letzten gemeinsamen Nacht in Melbourne gehört und sah, wie sich Roses Augen beim Zuhören weiteten. Was für ein unermessliches Geschenk Liam einem vaterlosen Mädchen machte. Rose, die sich für böse hielt und ihren Vater vertrieben zu haben glaubte, und Liam, der sie vom Gegenteil zu überzeugen suchte, indem er gestand, dass sie ihm in der Nacht ihrer Geburt sein Selbstwertgefühl zurückgegeben hatte.
    Lily lehnte sich zurück, stickte unverdrossen weiter. Sie lauschte, als die beiden ihre Unterhaltung fortsetzten, und versuchte sich vorzustellen, was als Nächstes geschehen würde.

    Anne Neill stand im Garten zwischen Gasthof und Parkplatz und schnitt Blumen für die Tische im Speisesaal. Sie trug einen großen Strohhut und einen flachen Korb, den sie mit Zinnien, Löwenmaul, Rittersporn und Cosmea füllte. Sie wusste, dass sich Camille im Schaukelstuhl auf der Veranda postiert hatte und sie auf Schritt und Tritt beobachtete. Die Gärten waren das reinste Schmuckstück dank Camilles jahrelanger Hege und Pflege. So ungeduldig Anne zuweilen mit ihrer Schwiegermutter sein konnte, die Blumen waren zweifellos ihre Domäne.
    Als sie den Blick hob, sah sie einen Mann über den schmalen gepflasterten Weg auf sich zukommen. Er hatte widerspenstige rote Haare, die in der Sonne glänzten – wilde Locken, die seine Mutter vermutlich um den Verstand gebracht hatten, als er ein kleiner Junge war. Anne lächelte, als er sich näherte.
    »Puh«, stöhnte er, bevor sie Gelegenheit hatte, ihn zu begrüßen. »Ich war die ganze Nacht unterwegs und dachte, ich würde nie ankommen.«
    »Hallo. Herzlich willkommen.«
    »Danke. Das ist also das Cape Hawk Inn?«
    »Ganz recht.«
    »Aha.« Er blickte sich um. Ein schmaler Ausschnitt des Hafens war zwischen den Bäumen sichtbar. »Und dort liegen die Walbeobachtungsboote vor Anker?«
    »Ja. Haben Sie einen Pauschalurlaub mit Walbeobachtung gebucht? Ich begleite Sie gerne hinein und trage Sie für eine der Touren ein.« Sie streifte ihre Gartenhandschuhe ab, war sich bewusst, dass Camille jede Bewegung beobachtete; wenigstens hatte ihre Schwiegermutter endlich aufgehört, sie zu verdächtigen, mit jedem unbeweibten männlichen Gast zu flirten. Ihre Ansichten über die Ehe – einschließlich Annes überaus glücklicher mit Jude – waren durch ihre eigene Ehetragödie geprägt. Anne hängte sich den Korb über den Arm und ging mit ihm die Treppe an der Vorderseite des Hauses hinauf.
    »Ähm, ich habe keinen Pauschalurlaub gebucht«, gestand er. »Ich habe nicht einmal ein Zimmer reserviert.«
    Anne schnitt eine Grimasse. »Ach du meine Güte. Wir sind komplett ausgebucht.«
    »Wirklich?« Er sah sie überrascht an. »Ich wäre nie auf die Idee gekommen, dass es ein Problem sein könnte, hier eine Unterkunft zu finden, so weit weg von jeglicher Zivilisation.«
    »Gerade deswegen kommen ja so viele Leute hierher. Vor allem im Sommer. Im Dezember wären Sie hier ganz allein auf weiter Flur. Aber jetzt – tut mir leid.«
    Er seufzte, lehnte sich gegen den Türrahmen und blickte sich in der Lobby um. An einem klaren und herrlichen Tag wie diesen war sie wie ausgestorben. Lediglich ein älteres Paar saß auf dem Sofa und blickte hinaus auf die blaue Bucht. Zimmermädchen durchquerten die weitläufige Halle, auf dem Weg zu den Räumen der Gäste. Die wuchtigen offenen Kamine zu beiden Seiten waren blitzsauber gefegt und mit frischem Brennholz bestückt. Blumensträuße schmückten fast jeden Tisch.
    »Vielleicht haben Sie Lust, bei uns zu Mittag zu essen?«, erkundigte sich Anne mitfühlend. »Würde Ihnen bestimmt guttun, wenn Sie die ganze Nacht durchgefahren sind.«
    »Bin ich«, sagte er, aber er wirkte kein bisschen müde. In seinen Augen loderte ein Feuer, als wäre ausruhen oder essen das Letzte, was ihm in den Sinn käme.
    »Wenn Sie wegen der Wale hier sind, kann ich Sie vielleicht auf dem Boot unterbringen, das heute Nachmittag ausläuft. Ich habe da so meine Beziehungen – mein Mann ist der Skipper.«
    Der Mann grinste; sein sommersprossiges Gesicht verzog sich zu einem Lächeln, das ansteckend wirkte. Anne ertappte sich dabei,

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