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Wolken über dem Meer: Roman (German Edition)

Wolken über dem Meer: Roman (German Edition)

Titel: Wolken über dem Meer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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nur den Anrufbeantworter an der Strippe.
    »Hallo«, sagte eine Frauenstimme. »Ich bin derzeit nicht zu erreichen, aber wenn Sie Ihren Namen und Ihre Telefonnummer hinterlassen, rufe ich Sie so bald wie möglich zurück.«
    Schon als er die Ansage zum ersten Mal gehört hatte, hatte er Maeve geraten, sie zu ändern. Es war besser, den Text von einem Mann aufsprechen zu lassen – oder wenigstens ›wir‹ zu sagen statt ›Ich bin derzeit nicht zu erreichen‹. Doch der Mensch, der es schaffte, Maeve zu irgendetwas zu überreden, musste erst noch geboren werden.
    »Maeve, Patrick Murphy hier«, sagte er. »Ich muss dringend mit Ihnen reden. Ich versuche es später noch einmal. Vielleicht – habe ich bald gute Neuigkeiten für Sie.« Er legte auf; natürlich wusste Maeve genau, worum es sich handelte.

Kapitel 24
    S ecret Agent hatte die Lage jeden Tag überprüft und versucht, sich gegen die Flut der Probleme zu stemmen, die White Dawn ausgelöst hatte. Das ganze Forum wurde von bedrohlichen Enthüllungen überschwemmt, zum Beispiel ›Secret Agent hat mich um mein Geld gebracht‹ und dergleichen mehr. Seit White Dawns Hinweis auf die NOAA-Wetterkarte war auch dem letzten Mitglied des SpiritTown-Forums bewusst geworden, dass Secret Agents Schwester etliche Meilen südlich der Schneise lebte, die der Sturm geschlagen hatte, und ihr Haus unmöglich zerstört sein konnte – nicht einmal schwer beschädigt. Und prompt forderten sie alle ihr Geld zurück.
    Secret Agents Kopf rauchte vom vielen Denken. Wie hatte er es versäumen können, den Weg von Hurrikan Katrina zu überprüfen? Er dachte an all die Menschen, die obdachlos oder verletzt waren, auf Unterstützung aus dem Katastrophen-Hilfsfonds warteten. Warum hatte er sich nicht genauer informiert?
    Dieses Miststück hatte ihn vor den Augen des gesamten Forums gedemütigt. Wer immer sie auch sein mochte, sie war keinen Deut besser als seine Frau. Ständig hatte sie ihm einen Anpfiff erteilt, ihm die Suppe versalzen. Nichts konnte man ihr recht machen. Genau wie White Dawn – die seine Pläne durchkreuzte. Ihn in Verruf brachte. So sorgfältig er die Sache auch eingefädelt hatte, White Dawn war es gelungen, das Kartenhaus zum Einsturz zu bringen.
    Was wäre, wenn er wirklich eine Schwester gehabt hätte, deren Haus durch einen furchtbaren Wirbelsturm dem Erdboden gleichgemacht worden war? Dieses rachsüchtige Miststück hatte es geschafft, die Gans zu schlachten, die goldene Eier legte. Die Spendenbereitschaft der Leute zunichtezumachen. Den Obdachlosen das Geld vorzuenthalten. Das viele Geld, das Secret Agent gesammelt hatte – was wäre, wenn er es wirklich seiner Schwester geschickt hätte? Das waren Dinge, von denen dieses rachsüchtige Miststück offenbar keine Ahnung hatte.
    White Dawn.
    Er meldete sich im Forum an, klickte auf ihr Profil. Was er sah, ließ ihn zusammenzucken. Vorher hatte sie keinerlei Angaben zu ihrer Person gemacht. Nun entdeckte er, dass sie einen Namen eingegeben hatte:
    ›Patty Nanouk‹. Patty – der Name seiner Frau. War es möglich, dass sie dahintersteckte? Dass sie sich im Cyberspace tummelte, um ihn fertigzumachen? Und was bedeutete ›Nanouk‹?
    Er scrollte ein paar Zeilen nach unten, zu der Stelle, an der ein Beruf angegeben werden konnte. Dann las er, was sie – White Dawn, Patty Nanouk oder wer auch immer – geschrieben hatte:
    »Verfechterin der Gerechtigkeit im Kampf gegen psychopathische Betrüger.«
    Sie war es. Wirklich und wahrhaftig. Wie oft hatte sie ihn als Psychopathen bezeichnet? Und wie oft hatte er die Wogen zu glätten versucht – indem er zugab, einer zu sein? Er hatte immer wieder betont, daran sei nur seine schlimme, von Misshandlungen und Gewalt erfüllte Kindheit schuld. Niemand habe ihn geliebt, und niemand außer ihr sei in der Lage, seine Wunden zu heilen.
    Er hatte ihr weisgemacht, dass er mit einer Therapie begonnen hatte. Seminare besuchte. Jede Hilfe in Anspruch nahm und sich um Besserung bemühte. Begriff sie das nicht? Wollte sie ihn einfach im Stich lassen – alles wegwerfen? Sein Leben dadurch vollends zerstören? Wenn ja, war sie keinen Deut besser als er. Sogar noch schlimmer.
    Er hatte sich sein Schicksal nicht ausgesucht. Eine Depression war eine anerkannte Krankheit, genau wie das, woran er litt. Er wollte sie lieben und tat sein Bestes – doch Psychopath zu sein war hart. Es stimmte nicht, dass er weder ein Gewissen noch Mitgefühl hatte, wie es hieß. Er war ein

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