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Wolken über dem Meer: Roman (German Edition)

Wolken über dem Meer: Roman (German Edition)

Titel: Wolken über dem Meer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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Raben. Sie versperrten ihr die Sicht, aber Rose hob den Blick von ihrem Buch und sah Liam über den gebeugten Kopf ihrer Mutter hinweg auf der Schwelle stehen. Er setzte sein strahlendstes Lächeln auf.
    »Du bist wieder da!«, rief Rose.
    »Keine noch so wilden Pferde hätten mich fernhalten können.«
    »Gibt es wilde Pferde in Nova Scotia?«
    Er tat, als sei er tief in Gedanken versunken. »Wilde Adler, wollte ich sagen.«
    »Oder wilde Wale.«
    Lily lächelte, doch ihr Blick schweifte durch den Raum, schien ihn um jeden Preis zu meiden. Er konnte sich keinen Reim darauf machen – normalerweise hatte sie kein Problem damit, ihn unverblümt mit diesem unergründlichen Ausdruck in den Augen zu mustern. Meistens lag eine Herausforderung in ihnen – ihr Kinn war trotzig erhoben, als wollte sie sagen: »Nur zu!« Doch im Moment wirkte sie fast zerbrechlich, als hätte sie jede Kampfeslust eingebüßt, und ihre Hände, die das Gitterleinen hielten, zitterten.
    Er hätte sie gerne danach gefragt, aber das musste warten, bis sie beide außer Hörweite waren. Also packte er den Beutel aus, den Anne ihm mitgegeben hatte.
    »Das soll ich euch von Anne geben. Das Kissen hat deine Freundin Jessica gemacht.«
    »Meine allerbeste Freundin.«
    »Das scheint auf Gegenseitigkeit zu beruhen.«
    »Das ist ja Nanny!« Rose berührte den gestickten Wal. »Das Kissen riecht nach zu Hause.«
    »Es ist ja auch mit Kiefernnadeln von Cape Hawk gefüllt«, sagte Liam.
    »Warum steht da ›Bringt Rose Heim‹?«
    »Sie vermisst dich«, sagte Lily und warf Rose einen verschwörerischen Blick zu, der Freude und Triumph ausdrückte.
    »Das kann ich nur bestätigen«, meinte Liam. »Die Nanouks helfen ihr, noch mehr Kissen zu machen und sie im Gasthof zu verkaufen, um Geld für deine Behandlung zu sammeln, damit du so schnell wie möglich gesund wirst. Das wünscht sich auch Nanny. Und sie teilt es dir auf die anschaulichste Weise mit, die man sich nur vorstellen kann, Rose.«
    »Ich möchte ja gesund werden«, erwiderte Rose kleinlaut.
    »Das wirst du auch«, sagte Lily. »Du bist schon dabei. Und mit jeder Minute geht es ein wenig mehr bergauf.«
    »Die Sachen hat Jessica ebenfalls gebastelt. Für dich, damit du sie den Schwestern schenken kannst.«
    Lily und Rose stöberten in der Plastiktüte mit dem Kiefernzapfen-Schmuck, doch plötzlich entschuldigte Lily sich, ließ ihr Stickzeug fallen und eilte auf den Flur hinaus. Liam wäre ihr gerne gefolgt, aber Rose sah ihrer Mutter ängstlich nach, und deshalb zwang er sich, sitzen zu bleiben.
    »Warum ist sie nach draußen gegangen?«, fragte Rose.
    »Vielleicht holt sie die Schwestern.«
    »Wir fliegen morgen nach Boston.«
    »Ich weiß.«
    »Hast du Jessica gesehen? Ich hatte schon Angst, dass sie überlegt, ob sie sich nicht eine neue beste Freundin suchen sollte. Ich könnte es ihr nicht verdenken – ich bin ja nicht mehr da.«
    »Du wirst bald wieder zu Hause sein. Und wie mir scheint, hat sie nur eine beste Freundin – dich. Deshalb heißt es auf den Kissenhüllen ›Bringt Rose Heim‹.«
    »Nanny und sie warten auf mich?«
    »Rose«, begann Liam. Er wusste nicht, wie er ihr die Sache begreiflich machen sollte. Rein wissenschaftlich gab es dafür keine Erklärung – und deshalb zögerte er, sie zu erwähnen, bis er Gewissheit hatte.
    »Kommst du mit uns nach Boston?«, riss ihn Rose aus seinen Gedanken.
    »Das würde ich mir nie entgehen lassen.«
    »Manchmal frage ich mich …« Sie verstummte. Liam drängte sie nicht und machte auch keinen Versuch, ihr jedes Wort aus der Nase zu ziehen. Sie räusperte sich. Er sah die Schläuche und Drähte, die in ihren Körper hinein- und hinausführten, hörte das Sirren und Klicken der Maschinen ringsum. Er hätte sie am liebsten auf den Arm genommen, sie gewiegt und ihr gesagt, dass alles gut werden würde. Doch sie wusste zu gut Bescheid über ihre Krankheit, um aus solchen Gemeinplätzen Trost zu schöpfen. Die Augen der Neunjährigen waren wissender als die so mancher Professoren, die an seinem College unterrichtet hatten.
    »Was fragst du dich, Rose?«
    »Ich frage mich, was Mom ohne mich anfangen würde. Ich bin alles, was sie hat.«
    Er sah, wie sie den Arm ausstreckte, um seine Hand zu halten, und kam ihr entgegen. Aber sie reichte an seiner gesunden Hand vorbei und ergriff stattdessen die Prothese. Ihre kleine Hand mit dem bläulichen Hautton und den keulenartigen Fingerkuppen umklammerte seine große, künstliche, plumpe Hand. Die

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