Wolken über Ebou
natürlich nicht immer so entgegenkommend. Als Aviendha sich Amys und Bair gegenüber beklagte, sie müsse krank sein, weil sie sich fühle, als trüge Rand al'Thor einen Teil von ihr mit sich herum, waren sie in Gelächterausgebrochen. Ihr werdet lernen, belehrten sie Aviendha lachend, und Ihr hättet es schon früher gelernt, wenn Ihr in Röcken aufgewachsen wärt. Als hätte sie jemals ein anderes Leben als das einer Tochter des Speers führen wollen, die mit ihren Speer-Schwestern einherging. Vielleicht empfand Elayne die gleiche Leere. Doch über Rand zu sprechen, verstärkte die Leere anscheinend, noch während man sie füllte.
Sie hatte schon einige Zeit lauter werdende Stimmen wahrgenommen, und jetzt konnte sie auch die Worte verstehen.
»...Ihr beringter Possenreißer!« Nynaeve zeigte einem sehr dunkelhäutigen Mann die Faust, der über die hohe Seite des Schiffes zu ihr herabsah. Er wirkte gelassen, konnte aber andererseits das Schimmern Saidars um sie herum nicht sehen. »Wir sind nicht hier, um darum zu bitten, an Bord kommen zu dürfen, also macht es nichts, wenn Ihr es Aes Sedai verweigert! Laßt sofort eine Leiter herunter!« Die Männer an den Rudern blieben ernst. Anscheinend hatten sie vorher die Schlangenringe am befestigten Anlegesteg übersehen, und sie schienen nicht erfreut darüber, Aes Sedai an Bord zu haben.
»O je«, seufzte Elayne. »Ich muß dies wiedergutmachen, Aviendha, sonst haben wir den Vormittag verschwendet, nur damit sie ihr Frühstück loswerden konnte.« Elayne glitt übers Deck - Aviendha war stolz darauf, die Namen der Dinge auf Schiffen zu kennen -und sprach den Mann oben auf dem Schiff an. »Ich bin Elayne Trakand, Tochter-Erbin von Andor und Aes Sedai der Grünen Ajah. Meine Begleiterin sagt die Wahrheit. Wir wollen nicht darum bitten, an Bord kommen zu dürfen, sondern wir müssen mit Eurer Windsucherin über eine dringende Angelegenheit sprechen. Sagt ihr, wir wüßten vom Gewebe der Winde. Sagt ihr, wir wüßten von den Windsuchern.«
Der Mann blickte stirnrunzelnd zu ihr herab und verschwand dann plötzlich ohne ein Wort.
»Die Frau wird wahrscheinlich denken, du wolltest ihre Geheimnisse ausplaudern«, murrte Nynaeve und zog energisch ihren Umhang zurecht. »Du weißt wieviel Angst sie davor haben, daß Aes Sedai sie alle zur Burg schleppen werden, wenn bekannt wird, daß die meisten die Macht lenken können. Nur ein Dummkopf glaubt, er könne Leute bedrohen, Elayne, und dennoch davonkommen.«
Aviendha brach in Gelächter aus. Nynaeves bestürztem Blick nach zu urteilen, erkannte sie nicht, daß sie einen Scherz auf eigene Kosten gemacht hatte. Elaynes Lippen zitterten jedoch, wie sehr sie sich auch dagegen wehrte. Man konnte sich des Feuchtländer-Humors niemals sicher sein. Sie fanden eigenartige Dinge lustig, aber die besten Scherze entgingen ihnen.
Als Elayne den Bootsmann bezahlt und die Männer belehrt hatte, auf ihre Rückkehr zu warten - woraufhin Nynaeve ihnen sagte, sie würde sie schlagen, wenn sie davonführen; und ihre Beschreibung, wie sie das bewerkstelligen wollte, ließ Aviendha beinahe erneut in einen Lachanfall ausbrechen -, als das alles getan war, schien die Entscheidung gefallen zu sein, daß sie an Bord kommen durften. Es wurde keine Leiter herabgelassen, sondern statt dessen eine flache Holzplanke, deren beide Seile, an denen sie herabhing, schließlich zu einem Seil verflochten war, das zu einer dicken, über die Seite eines der Masten hinausführenden Stange verlief. Nynaeve nahm ihren Platz auf der Planke ein, während sie die Bootsleute eindringlich warnte, keinesfalls unter ihre Röcke zu schauen, woraufhin Elayne errötete, ihre Rocke fest um die Beine zusammengenommen hielt und so gekrümmt saß, daß sie mit dem Kopf voraus hinabzufallen drohte, als sie in der Luft schwankte und auf dem Schiff außer Sicht geriet. Einer der Burschen schaute dennoch hoch, und Birgitte schlug ihm mit der Faust auf die Nase. Sie sahen ihr sicherlich nicht beim Aufstieg zu.
Aviendhas Gürtelmesser war klein und besaß eine nicht einmal einen halben Fuß lange Klinge, aber die Ruderer runzelten dennoch besorgt die Stirn, als sie es blankzog. Sie nahm den Arm zurück, und die Männer ließen sich aufs Deck fallen, als das Messer über ihre Köpfe wirbelte und mit einem wuchtigen Plonk in den dicken Holzpfosten im Bug des Bootes steckenblieb. Aviendha schlang sich ihren Umhang wie eine Stola um den Arm und raffte die Röcke bis über die Knie, so daß
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