Wolken über Ebou
Jaichim Carridin Schattenfreunde empfing, schien in Vanin den Wunsch zu erwecken, dennoch auszuspeien, gleichgültig, wer es sah. Harnan murmelte etwas über widerwärtige Weißmäntel, und Corevin schlug vor, Carridin der Bürgerwehr zu melden. Das brachte ihm dermaßen empörte Blicke von den beiden anderen ein, daß er sein Gesicht in einem Becher Bier verbarg. Er war einer der wenigen Männer die Mat kannte, die bei dieser Hitze Ebou- Dari-Bier trinken konnten. Beziehungsweise, es überhaupt trinken konnten.
»Seid vorsichtig«, warnte Mat, als Vanin aufstand. Nicht daß er sich wirklich Sorgen gemacht hätte. Vanin bewegte sich für einen solch dicken Mann überraschend gewandt. Er war der beste Pferdedieb in mindestens zwei Ländern und konnte sogar an einem Behüter ungesehen vorbei gelangen, aber... »Sie sind unangenehme Menschen. Weißmäntel und Schattenfreunde - beide.« Der Mann brummte nur und bedeutete Corevin, sein Hemd und seine Jacke anzuziehen und mitzukommen.
»Mein Lord?« sagte Harnan, als sie gingen. »Mein Lord, ich habe gehört, daß es im Rahad gestern Nebel gegeben haben soll.«
Mat hatte sich schon umwenden wollen, hielt aber jetzt in der Bewegung inne. Harnan wirkte besorgt, und er war selten besorgt. »Was meint Ihr mit Nebel?« In dieser Hitze würde dichter Nebel keinen Herzschlag lang bestehen bleiben.
Der Rottenführer zuckte unbehaglich die Achseln und spähte in seinen Becher. »Nebel. Ich hörte, daß ... Wesen ... darin gewesen sein sollen.« Er sah zu Mat auf. »Ich habe gehört, daß Menschen einfach verschwunden sind. Und einige wurden teilweise angefressen aufgefunden.«
Mat hatte Mühe, nicht zu erschaudern. »Der Nebel ist wieder fort, nicht wahr? Und Ihr wart nicht darin. Sorgt Euch darum, wenn Ihr es seid. Mehr könnt Ihr nicht tun.« Harnan runzelte zweifelnd die Stirn, aber es war die reine Wahrheit. Diese Blasen des Bösen -so nannte Rand sie, wie auch Moiraine - brachen auf, wo und wann sie wollten, und selbst Rand schien nichts tun zu können, um sie aufzuhalten. Sich darum zu sorgen, nutzte genauso viel, wie sich darüber Gedanken zu machen, ob einem morgen auf der Straße ein Dachziegel auf den Kopf fallen würde. Oder noch weniger, da man dann beschließen konnte, im Haus zu bleiben.
Es gab jedoch etwas, worüber man sich sorgen sollte. Nalesean hatte ihre Gewinne oben im Raum zurückgelassen. Die verdammten Adligen gingen mit Gold um wie mit Wasser. Mat überließ Harnan seinem Getränk und eilte auf die geländerlose Treppe an der Rückseite des Raums zu, aber bevor er sie erreichte, sprach ihn eines der Schankmädchen an.
Caira war ein schlankes Mädchen mit vollen Lippen und verhangenen Augen. »Ein Mann kam herein und hat nach Euch gefragt, mein Lord«, sagte sie, indem sie ihre Rocke schwang und durch lange Wimpern zu ihm aufsah. Ihre Stimme klang leicht schleppend. »Er sagte, er sei ein Feuerwerker, aber er wirkte auf mich schäbig. Er bestellte Essen und ging wieder, als Herrin Anan es ihm nicht gewähren wollte. Er wollte, daß Ihr bezahlt.«
»Das nächste Mal gebt ihm das Essen«, befahl Mat ihr und ließ eine Silbermünze in ihren Ausschnitt fallen. »Ich werde mit Herrin Anan sprechen.« Er suchte einen Feuerwerker - einen richtigen, nicht irgendeinen Burschen, der Feuerwerk voller Sägespäne verkaufte -, aber das war jetzt unwichtig. Nicht, solange das Gold unbewacht dalag. Und solange es im Rahad Nebel gab, und solange es Schattenfreunde gab und Aes Sedai, und solange die verdammte Tylin den Verstand verlor, und...
Caira kicherte und wand sich wie eine Katze, die man streichelt. »Soll ich Euch etwas gewürzten Wein auf euer Zimmer bringen, mein Lord? Oder etwas anderes?« Sie lächelte hoffnungsvoll und einladend.
»Vielleicht später.« Mat tippte ihr mit der Fingerspitze auf die Nase. Sie kicherte erneut. Das tat sie stets. Caira hätte ihre Röcke so nähen lassen, daß man die Spitzenunterröcke bis zur Mitte des Oberschenkels hätte sehen können, wenn Herrin Anan es zugelassen hätte, aber die Wirtin achtete auf ihre Schankmädchen genauso wie auf ihre Töchter. Fast. »Vielleicht später.«
Mat stieg die breite Steintreppe hinauf und verbannte Caira aus seinen Gedanken. Was sollte er wegen Olver unternehmen? Der Junge würde eines Tages in ernsthafte Schwierigkeiten geraten, wenn er glaubte, Frauen so behandeln zu können. Er würde ihn vermutlich soweit wie möglich von Harnan und den anderen fernhalten müssen. Sie hatten
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