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Wolkenfern (German Edition)

Wolkenfern (German Edition)

Titel: Wolkenfern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanna Bator
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geheiratet, obwohl er doch noch ein Kind ist, eine verdeutschte Türkin, Nazan heißt sie, ein hübsches Mädchen, war Hostess auf der Landmaschinenmesse in Frankfurt. Sie sind nach Mehrholtz gezogen und haben alles verändert, statt Schweinen haben sie jetzt eine ökologische Schafzucht, eine Käserei und eine traditionelle Wollspinnerei mit dem Namen New Age Wool; vor kurzem haben sie ein Kind bekommen, einen kleinen Sohn, den Papa Hans vergöttert. Grażynka als Großmutter, das wollte Jadzia partout nicht in den Kopf, wie konnte jemand Großmutter werden, der noch nicht einmal wie eine Mutter ausgesehen hatte? Gleich danach war Grażynka nach Polen zu Halinas Beerdigung gefahren; sie hatten sie nach einer, höchstens zwei Wochen zurückerwartet, sie hatte ja nur gesagt, na dann auf Wiedersehen, ihr Lieben, und den Enkel fest gedrückt. Und jetzt war sie schon seit einem Monat weg. Kein Anruf, kein Garnichts, wie vom Erdboden verschluckt. Papa Hans hatte erst nach Grażynka gesucht, war beim Radio gewesen, beim Fernsehen, überall, hatte einen Detektiv engagiert und sogar einen Hellseher bezahlt; später hatte er sich völlig in sich selbst zurückgezogen und gesagt, er werde nicht weitersuchen. Nicht weitersuchen?, versicherte sich Jadzia. Nicht weitersuchen, wiederholte Aniela, er hat nur noch gesagt, im tiefsten Innern habe er immer gewusst, dass seine Grażynka ihn eines Tages verlassen und nicht aus dem Wald zurückkommen würde. Und danach hat er sich zurückgezogen, der ganze Hof wird von Sohn und Schwiegertochter geführt, und er spielt nur mit seinem Enkel und erzählt ihm den lieben langen Tag von Grażynka. Heilige Muttergottes, wie denn aus dem Wald? Jadzia war kein Mensch, dem ein plötzliches Verschwinden auch nur in den Sinn gekommen wäre, und beim Gedanken an den Wald, den sie von ihrem Aufenthalt in Grażynkas deutschem Haus in Erinnerung hatte, brach ihr vor Aufregung der Schweiß aus. Diese dunkle Wand aus Bäumen hinter dem Haus hatte irgendwie etwas Bedrohliches an sich. Jawohl, bestätigte Aniela, in diesen Wald war Grażynka gegangen, meistens abends, immer allein, und sie hatten über Papa Hans gelacht, weil er immer hinter ihr herschaute, als würde sie nicht zurückkommen, dabei war das doch nur ein gewöhnlicher Wald, noch dazu ganz nah. Als sie nach Polen gefahren war, hatten sie sich überhaupt keine Sorgen gemacht, Papa Hans hatte ihr in der Zwischenzeit jede Menge Geschenke gekauft, Kleider, Schuhe, wie er eben so war. Aber Grażynka war nicht aus Polen zurückgekommen. Jede Menge Geschenke und ist nicht zurückgekommen, seufzte Jadzia. Obwohl er ein Kerl war, seiner Frau Schuhe kaufen, das konnte er, sie hatte ihm sicher einen ganzen Haufen davon zurückgelassen; wenn ihr, Jadzia, einer so viel gekauft hätte, wäre sie bestimmt nicht verschwunden. Und dann sagte Aniela noch, dass der Hellseher hundert Mark genommen hatte, er hatte die Augen zugemacht und geredet, aber so seltsam aus dem Bauch. Ein verlassenes Haus habe er gesehen. Wo ist dieses Haus? Was für ein Haus?, hatte Hans nachgefragt; der Hellseher hatte die Augen aufgemacht, noch einmal hundert Mark genommen, die Augen wieder zugemacht, eine Stunde lang geächzt und gestöhnt, noch fünfzig Mark genommen und am Ende gesagt, es sei in einem anderen Land und kein Haus, sondern ein leeres Grundstück mit einem Schuppen oder einer Hütte und einem Gerank von Kletten. Heilige Muttergottes, seufzte Jadzia. Ob Jadzia etwas vermute? Sich vielleicht an irgendwelche Anzeichen erinnere? Hatte irgendetwas an Grażynka vermuten lassen, dass sie vorhatte, spurlos zu verschwinden? Jadzia erschauerte, was für eine geheimnisvolle Geschichte, was für eine Romantik, wie gern würde sie sich an irgendwelche Anzeichen erinnern, wie gern die Einzige sein, die diese mit Scharfblick erspäht hatte. Doch leider erinnerte sie sich an nichts Besonderes. Das Einzige, was ihr im Kopf herumging, betraf mehr ihr eigenes Schicksal als das von Grażynka. Du, Jadzia, wirst auch noch das Tanzbein schwingen, hatte Grażynka ihr beim Leichenschmaus gesagt, lass den Kopf nicht hängen, du wirst auch noch zum Tanzen kommen und dir den Hintern in der Sonne wärmen. Jadzia hatte sie angeraunzt, hier war schließlich das Trauermahl für die Schwiegermutter, und da redete die vom Tanzen, vom Hinternwärmen, das Tanzen konnte ihr gestohlen bleiben, aber vergessen hatte sie diese Worte auch nicht können. Wenn sie besser zugehört hätte, vielleicht hätte sie

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