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Wolkengaukler

Wolkengaukler

Titel: Wolkengaukler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anett Leunig
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anschaute, meine Reaktion beobachtete und darauf einging, indem er seinen Finger mal fordernder, mal zurückhaltender bewegte.
    Plötzlich löste er den Blick und schloss die Augen, ließ meine Hand los und legte den Kopf in den Nacken. Aus den Augenwinkeln sah ich, wie er sein eigenes Glied umfasste, das sich ebenfalls unübersehbar voller Verlangen nach vorne reckte. Es war faszinierend zuzusehen, wie er sich selbst befriedigte, kräftig und leidenschaftlich. Fast hätte ich darüber seinen Finger vergessen.
    Doch mit einem Mal wurde sein Rhythmus schneller, drängender. Er schaute mich wieder an, tief und verführerisch. Seine Bewegungen waren jetzt lockend und fordernd zugleich, die Stöße in mir kraftvoller. Ich spürte die Welle in mir aufbrausen, schloss die Augen, und mit einem genussvollen Aufseufzen ergab ich mich ihrer Kraft. Eine Sekunde später spürte ich ihn neben mir kommen, heftig, befreit und glücklich.
    Eine Weile standen wir reglos nebeneinander, nach Atem ringend. Dann löste ich meine linke Hand von der Wand, gegen die ich mich mit aller Kraft gestemmt hatte, und er zog rasch und geschmeidig seinen Finger zurück. Wir sahen uns für einen Augenblick an, völlig überwältigt von dieser unglaublichen Befriedigung. Dann schloss ich theatralisch die Augen und flüsterte: „Oh mein Gott ...“ Christoph lachte auf und zog mich in seinen Arm.

 
    VIII
    Ein paar Tage später klingelte wieder einmal das Telefon. Tante Melanie ging ran. Einen Augenblick lang wirkte sie sehr erstaunt, doch dann verschloss sich ihr Gesicht plötzlich. Sie sagte nicht freundlich „Hallo“ oder „Wie geht’s?“, sondern nur ganz kühl und irgendwie förmlich: „Einen Moment bitte.“ Dann winkte sie Christoph heran. „Für dich“, sagte sie knapp und reichte ihm den Hörer. In ihrem Blick lag so etwas wie Bedauern, Mitleid, Ratlosigkeit. Mir fiel auf, dass sie nicht erwähnte, wer denn da am Apparat war. Egal, es war offensichtlich privat. Ich wandte mich wieder meinen Bohnen zu, die ich gerade schnippelte. Trotzdem konnte ich nicht verhindern, Gesprächsfetzen des Telefonats mit anzuhören.
    „Ja, Christoph hier? – Oh, du bist es...!“ Der erschrockene, fast panische Ton in seiner Stimme ließ mich aufhorchen. Erstaunt bemerkte ich, dass Christoph plötzlich blass und nervös wurde. Er drehte sich halb von mir weg, was er beim Telefonieren noch nie getan hatte, senkte den Kopf und murmelte jetzt fast unverständlich in die Sprechmuschel. „Nein, das ist jetzt etwas ungünstig... Du bist in München?! Seit wann.... Nächste Woche, am ersten, das habe ich dir doch geschrieben. Hast du den Brief nicht bekommen?...“
    Aha, jetzt hatte er sich doch verraten! Falk war am anderen Ende! Falk rief hier an! Er war offensichtlich doch früher nach Deutschland zurückgekommen. Wahrscheinlich wollte er Christoph sehen, bevor der nach Kanada flog. Mein Magen krampfte sich zusammen. Ich war erstaunt über dieses intensive Gefühl der Ablehnung. War es Eifersucht? Oder Wut auf Falk? Weil er Christoph so weh getan und trotzdem die Stirn hatte, jetzt hier anzurufen, als wäre nichts gewesen? Erst Christoph im Stich zu lassen, als er ihn dringend gebraucht hatte und sich jetzt, wo er gerade zur Ruhe gekommen war, wieder in sein Leben einzumischen? Ich versuchte, dieses unangenehm bittere Gefühl in mir erst einmal zu verdrängen und konzentrierte mich wieder auf das Gespräch.
    „.... was, heute Abend? Du, das ist ganz schön kurzfristig, ich habe Besuch und ... – Ach nur noch bis morgen? Warum hast du dich nicht früher gemeldet? – Verstehe, okay. Nein, ich bin dir nicht böse.“
    Aber ich!
    „Na gut, hör zu: wir treffen uns gegen acht im ‚Blues’. – Ja, an der Ecke. Du weißt schon. – Ist schon gut, ich kriege das irgendwie hin. –  Ja, bis dann. – Tschau!“
    Wie in Zeitlupe legte Christoph den Hörer auf, stand eine Weile reglos vor der Kommode und starrte auf den Apparat, als könnte der ihm erklären, was da eben aus ihm hervorgesprudelt war.
    Schließlich kam Bewegung in seinen Körper. Er strich sich mit beiden Händen durchs Haar – sie zitterten leicht –, atmete tief durch und drehte sich zu uns um. Sah mich an. Sah zu Tante Melanie. Wieder zu mir. In seinem Blick schienen sich tausend Emotionen gleichzeitig zu spiegeln: Ratlosigkeit, Unschlüssigkeit, freudige Erregung und Verzweiflung, Angst und Ungeduld. Das brachte auch mich irgendwie aus dem Takt. In der Luft lag eine Spannung, die

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