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Wolkengaukler

Wolkengaukler

Titel: Wolkengaukler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anett Leunig
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nicht ausreichend. Vielleicht brauchst du mehr, etwas Beständigeres, Stärkeres.“ Er sah mich an. Ich erwiderte seinen Blick, ohne zu blinzeln, ohne Wut oder Angst, einfach offen und fest. Dann fuhr er fort: „Ich denke, ich werde mich die Tage noch einmal bei dir melden. Aber böse...“, er lächelte schmerzvoll, „nein, böse bin ich dir nicht. Du weißt doch noch: klare Ansagen für jeden von uns.“
    Christoph atmete tief durch: „Okay, dann lass uns jetzt gehen.“
    Er stand auf und ließ seinen Arm von meiner Schulter gleiten, berührte mit seinen Fingern meine Hand. Ich ergriff sie so fest, als wollte ich sie nie wieder loslassen.
    Wir verabschiedeten uns von Falk und gingen, noch immer Hand in Hand, zur Tür. Dort drehten wir uns noch einmal um. Falk sah uns nach: in seinen Augen lagen Liebe und Zuneigung für Christoph, Hoffnung und Vertrauen für mich. Instinktiv zwinkerten wir ihm beide über die Schulter zu, und er zwinkerte zurück. Dann traten wir durch die Tür in die laue Sommernacht.
    Für Christoph war es ein Abschied für immer von Falk, aber auch ein Neuanfang mit mir.
     
    Am nächsten Tag lag ein Brief von ihm im Briefkasten. Christoph öffnete ihn zunächst zögernd, dann jedoch mit fliegenden Fingern. Er las ihn zuerst stumm allein, dann winkte er mich zu sich heran, damit ich ihn über seine Schulter noch einmal mitlesen konnte:
     
    Lieber Christoph!
    Du hast mich gestern ziemlich überrumpelt, regelrecht überfahren. Aber ich war ja auch eine lange Zeit fort gewesen, hatte mich von Dir zurückgezogen und Dich allein gelassen. Da ist das Band zwischen uns wohl zerrissen. Oder war es eigentlich nicht viel mehr als ein Seidenfaden, so dünn wie eine Spinnwebe im Altweibersommer? Das tut mir leid.
    Noch einmal: ich bin Dir nicht böse. Im Gegenteil, ich bewundere Dich. Du hast eine Lektion von selbst gelernt, die ich Dir nie beibringen konnte: loszulassen, Abschied zu nehmen, Dich umzudrehen und alles hinter Dir zu lassen, wenn es nicht mehr weitergeht. Das werde ich nun auch versuchen müssen. Aber ich bin stolz auf Dich. Und ich bin sicher, Du schaffst das. Alles. Ich liebe Dich. Und ich vergesse Dich nicht.
                                                                                                              Falk
     
    PS: Lieber Jann: Halte ihn fest, wenn Du kannst. Er ist etwas ganz Besonderes.
     
    Das war nun schon das zweite Mal, dass jemand so etwas zu mir sagte! Christoph ließ den Brief sinken und sah aus dem Fenster. Mit tonloser Stimme hörte ich ihn murmeln: „Es ist schon seltsam. Da ist jetzt ein Mann da draußen, der mich liebt und an mich denkt. Den ich nie wieder sehen werde, nur in meinen Erinnerungen, und manchmal noch in meinen Träumen. Ich werde ihn auch nicht vergessen.“
    „Das sollst du auch nicht“, flüsterte ich und lehnte meinen Kopf gegen seinen. „Ihr habt euch beide viel gegeben. Aber mehr ging nicht. Es war Zeit abzuspringen.“
    Er nickte langsam. „Es tut noch weh, aber ich denke, irgendwann werde ich nur noch Dankbarkeit spüren, wenn ich an ihn denke. Ich bin froh, dass du mitgekommen bist. Ich bin froh, dass du da bist, Süßer.“
    Es war das erste Mal, dass er mir einen Kosenamen gab. Den mochte ich auf Anhieb, so sehr, dass ich seine Lippen suchte und ihn küsste, zärtlich, leidenschaftlich, tröstend und aufmunternd, mit all meiner Liebe.

 
    IX
    „Christoph, was würdest du sagen, wenn ich dich um etwas ganz Verrücktes bitten würde?“
    Wir lagen in zwei Liegestühlen im Garten, jeder ein Buch in der einen und ein Glas eisgekühltes Ginger Ale in der anderen Hand. Es war Samstag Nachmittag, und Tante Melanie hatte angekündigt, heute Abend auf eine Gartenparty einer Freundin zu gehen, wo sie auch gleich übernachten wollte. Der Abend und die Nacht inklusive des gesamten Hauses würden heute also uns gehören. Ich fand, dass wir diese Gelegenheit nicht ungenutzt verstreichen lassen sollten.
    Christoph schaute etwas irritiert von seinem Buch auf. Er hatte die Haare unter das Basecap gesteckt, um den Nacken zu kühlen. Mit scheinbar kurzem Schopf sah er eigentlich auch nicht schlecht aus. Aber ich liebte sein langes Haar, wie es weich und voll auf seine Schultern fiel; das war einfach etwas Besonderes.
     „Das kommt darauf an, was es ist, und ob ich auch so verrückt bin“, antwortete er, steckte sein Lesezeichen zwischen die

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