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Wolkentaenzerin

Wolkentaenzerin

Titel: Wolkentaenzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nichole Bernier
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Familie.«
    Kate hätte ihm zustimmen können. Doch dann hätte es niemanden gegeben, der die Wahrheit über Joshua Tree ans Licht brachte. Es war eine Tatsache. Elizabeth hatte dafür gezahlt, hatte nach und nach Geld am Automaten abgehoben und wollte dorthin fahren.
    Dave nahm einen langen Schluck von seinem Bier. Es wurde langsam dunkel, und man konnte nur noch das flackernde Licht einer Kerze durch die Bäume ausmachen. Von nebenan klang das helle Lachen einer Frau herüber. Dave klopfte zweimal mit seiner Flasche auf den Tisch und schaukelte sie auf ihrem Boden hin und her, dann stand er auf und ging ins Haus.
    Zwei Minuten vergingen, dann fünf. Es wurde dunkler. Ein kleines Tier raschelte in den Rosenbüschen, die vernachlässigt unterhalb der Veranda standen. Kate überlegte angespannt, was sie tun würde, falls Dave nicht mehr herauskam. Sollte sie zu ihm gehen? Sie hatten Elizabeth schließlich beide geliebt. Oder sollte sie seine Privatsphäre respektieren, ihre Tasche holen und gehen? Die Nachbarn bliesen die Kerze aus und gingen ins Haus. Im Garten wurde es still.
    Wenn er nach zehn Minuten immer noch nicht wieder da sein sollte, würde sie sich ein Taxi rufen. Sie würde leise die Tür hinter sich ins Schloss ziehen, zu Chris und den Kindern in die Stadt zurückfahren, über der das unsichtbare Bullauge hing, mit dem sie Frieden schließen würde. Das Letzte, was sie von den Martins sehen würde, wäre die Truhe im Flur.
    Diese Gedanken wurden zu einer Möglichkeit, als Dave mit zwei neuen Flaschen Bier wieder herauskam. Er setzte sich in den Sessel und stützte seine Flasche auf dem Oberschenkel ab.
    »Ihre Mutter ist auch an so einen Ort gegangen, als Elizabeth in der Highschool war, irgendein New-Age-mäßiges Zentrum in der Wüste.« Seine Stimme war belegt, und er räusperte sich. »Liz hat nie so richtig herausgefunden, was es damit auf sich hatte, und sie hat sich ziemlich darüber lustig gemacht, aber ich glaube, dass sie es dem Ganzen zugutehält, ihre Mutter wieder auf die richtige Spur gebracht zu haben.«
    Kate bemerkte, dass er sowohl die Vergangenheits- als auch die Gegenwartsform verwendete, und ihr wurde bewusst, dass Liebe eben so war, etwas, das immer zwischen den Zeiten existieren würde.
    In der Ferne ertönte eine Sirene, und ein Hund schlug an, verstummte dann aber wieder. Die Grillen fingen an zu zirpen, bebend über den profanen Insekten, denen es zuvor nicht gelungen war, ihr unangenehmes Schweigen zu überdecken. Für Kate war das in diesem Moment das friedvollste Geräusch auf der Welt. Zum Teil, weil die Unentschlossenheit und die Verantwortung für die Truhe von ihr genommen worden waren, und zum Teil wegen der Erleichterung darüber, mit jemandem darüber reden zu können. Wahrscheinlich lag es auch am Bier. Eine Sandale fiel ihr vom Fuß, und sie ließ die andere ebenso fallen und zog die Füße an.
    Sie bemerkte, wie Dave herübersah auf ihre Füße. Sie waren vorzeigbar, nicht manikürt, aber auch nicht vernachlässigt. Am Rand der Zehennägel war der Nagellack bereits abgeblättert. Es waren die Füße einer Mutter, die sich einigermaßen in Form hielt, die Füße, die ein Mann aus Southbrook täglich an seiner durchs Haus tappenden Frau sah, wenn er eine hatte.
    »Wie sehr hast du mich denn dafür gehasst, dass ich die Tagebücher hatte?« Sie sagte es leicht dahin, doch es lag ein Unbehagen in der Frage, selbst wenn es dabei um eine andere Art Unbehagen ging. Handlangerin. Babysitter-Service . Unter solchen Umständen ausgesprochene Vorwürfe entsprachen immer der Wahrheit.
    »Nee, vielleicht nur ein bisschen zu Anfang. Und dann wieder am Ende.«
    Sein Tonfall war leicht und neckend, ein Anflug seines altbekannten Charmes. Kate blickte auf, um zu sehen, ob sein Gesichtsausdruck weicher geworden war, doch sein Gesicht war immer noch abgespannt und die Wangenknochen markanter, die Wangen darunter eingefallen. Sie fragte sich, ob er von nun an immer so aussehen würde, ob Trauer und Desillusionierung die Geometrie eines Gesichts verändern konnten.
    »Du weißt ja, dass ich nicht darum gebeten hatte. Es ging mir den ganzen Sommer lang schlecht damit.«
    »Du hast dich einfach ein bisschen zu sehr mitreißen lassen.«
    Sie empörte sich, wusste jedoch, dass das zum Teil stimmte.
    »Es tut mir leid, dass ich dich beschuldigt habe, das Buch mitgenommen zu haben.«
    Er sah sie an und runzelte die Stirn. »Dann hast du es also doch verloren.«
    »Nein. Ich bin mir ziemlich

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