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Wolkentaenzerin

Wolkentaenzerin

Titel: Wolkentaenzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nichole Bernier
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der Veranda reden hören. Gemurmelte Gesprächsfetzen drangen durch die Bäume, müde Eltern brachten sich am Ende eines langen Tages auf den neuesten Stand. Für jeden anderen mochten sie und Dave genauso wirken. Ihre Bierflaschen standen dicht nebeneinander auf dem kleinen Beistelltisch zwischen ihnen.
    Dave lehnte sich zu ihr hinüber und griff nach dem Babyfon unter dem Tischchen. Er stellte die Lautstärke ein, und Emilys plapperndes Stimmchen gesellte sich zu ihnen auf die Veranda. Wie Noten reihte sie rhythmische Silben aneinander. Ma-ma-ma-ma-ma-ma , auf ihrer eigenen unmelodischen Tonleiter hoch und runter. Kates Kinder hatten ebenfalls beide zuerst Mama gesagt, bevor sie Dada sagten, und sie fragte sich, ob alle Babys dieses Wort unter ihren ersten Wörtern hatten, unabhängig davon, ob es eine Mama im Haus gab oder nicht.
    Dave zog etwas aus seiner Hosentasche und legte es neben Kate auf den Tisch. Ein Foto. Sie stellte ihr Bier ab und zupfte mit den Fingern an ihrem T-Shirt, um das Kondenswasser abzutrocknen. Dann nahm sie das Bild in die Hand. Es zeigte Elizabeth, wie sie Anna im Spielzimmer eine Geschichte vorlas. Sie sah blass und müde neben ihrer sonnengebräunten und lächelnden Tochter aus. »Von wann ist das?«
    »Letzten August, ein paar Tage bevor sie losgefahren ist. Sie sieht schlecht aus, oder?«
    Kate hielt das Foto in der Hand, sagte aber nichts. Elizabeths Gesicht war aufgequollen, ihre Haare matt, und unter ihren Augen lagen dunkle Ringe. Im Grunde sah sie nicht viel anders aus als in den Monaten nach Annas Geburt, doch damals hatte Kate ihr Aussehen falsch gedeutet. Trotzdem war es beunruhigend, zu sehen, wie sehr Elizabeth sich in dem Monat seit Kates Besuch im Sommer auf der Durchreise verändert hatte. Sie hatten im Juli und August mehrmals telefoniert, hatten über die Vorschule gesprochen, den Kindergarten und – wie Kate sich erinnerte – endlos über Kates Verärgerung über einen neuen Kinderarzt. Immer wieder, in allen Einzelheiten. Natürlich hatte sie keine Ahnung gehabt. Sie wandte den Blick vom Foto ab.
    »Sie war krank«, sagte Dave. »Du bist hergekommen, um mir das zu sagen.« Er forderte sie nicht heraus, suchte auch nicht nach Bestätigung. Er wusste es bereits und wollte, dass sie das wusste.
    »Ich glaube, ja.«
    Er schien überrascht. »Dann hat sie es dir auch nicht erzählt.«
    »Nein.«
    Er nickte und wandte sich wieder zum Schaukelgerüst. Er starrte es an, als warte er darauf, dass es etwas tun würde, und Kate wandte sich ihm ebenfalls zu, nur um nicht Dave ansehen zu müssen. Sie rechnete schon beinahe damit, dass die Schaukeln sich in Bewegung setzten, allein durch die Kraft ihrer gemeinsamen stillen Aufmerksamkeit.
    »Ich war sicher, dass du es die ganze Zeit gewusst hast. Ich dachte, deswegen hätte sie dir die Bücher hinterlassen.«
    »Nein.«
    Obwohl es Kate in den Sinn kam, dass es für ihn leichter gewesen sein mochte, zu denken, dass es Elizabeth um etwas Bestimmtes gegangen war.
    »Wie lange weißt du es schon?«, fragte sie. Sie war sich beinahe sicher, dass er das fehlende Tagebuch nicht genommen hatte, aber sie musste nachhaken.
    Er starrte in den Garten. »Als ich einmal angefangen hatte, genauer hinzusehen, war es nicht schwer, herauszufinden. Sie hat sich um alle Rechnungen und Versicherungen gekümmert, das war also alles abgeheftet. Sie hat die Rechnungen vom Onkologen zu denen von der Geburtshelferin getan.«
    Er schien nicht so sehr über den Begriff Onkologe zu stolpern wie sie, die bei der Spezifizität des Titels unwillkürlich an Termine und Behandlungen dachte und eine reale Vorstellung davon zu bekommen glaubte, wie jemand so etwas ganz allein durchstand. Das war das Allerbeste an einem Menschen oder das Allerschlimmste.
    Dave fixierte immer noch die Schaukel, als würde sie ihm Halt geben. Kate zog die Knie an sich heran. »Ich könnte mir nicht vorstellen, so etwas geheim zu halten. Wie viel Energie das kosten muss.«
    »Wer könnte das? Wer würde das wollen?« Er nahm einen Schluck und stellte die Flasche zu heftig auf dem Tischchen ab. Schaum stieg im Flaschenhals auf und drohte überzulaufen. »Ich habe – ich kannte –« Dave versuchte, die richtige Zeitform zu finden. »Elizabeth und ich waren sehr lange zusammen. Ich kann mir vorstellen, warum sie es getan hat. Aber sie hätte es nach all diesen Jahren besser wissen müssen.«
    Es stand im Raum, die Andeutung, dass Elizabeth ihm Fehler hätte vergeben sollen, die er

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