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Wolkentaenzerin

Wolkentaenzerin

Titel: Wolkentaenzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nichole Bernier
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kleines Detail, das einmal zu einem Rechtsstreit über einen ruinierten Hermes-Anzug geführt hatte. Der Tisch lockte manch bedeutenden Geschäftsmann an und war ganz einfach als Der Küchentisch bekannt, in einem prätentiösen Versuch, unprätentiös zu sein.
    Das wahre Verkaufsargument jedoch war die Interaktion mit den Köchen. Nur ein paar Schritte entfernt erhob der Chefkoch gemeinsam mit den Leitern der verschiedenen Küchenbereiche, zu denen auch Kate gehörte, die Essenszubereitung zur Performance Art. Es war eine hohe Position für jemanden in ihrem Alter und bestätigte Kates Eltern und ihre Schwester darin, dass jeder einfach nur sein Ding finden musste.
    In den frühen Neunzigern wurde die Küche gerade zur Bühne, Köche erlangten den Status kleiner Berühmtheiten, und die Angestellten des Küchentischs demonstrierten Techniken und beantworteten Fragen der Gäste, was aber nur selten vorkam. Chris war jedoch beeindruckt und zum Niederknien gutaussehend noch dazu. Kate stellte gerade einen Brandteig her, der ihr um ein Haar misslang, als sie bemerkte, dass er sie beobachtete. Sein kupferfarbenes Haar war ziemlich lang für Investorenkreise, und die Fältchen um seine Augen – sie war nicht sicher, ob Alters-, Sonnen- oder Lachfalten – passten eher zu jemand Älterem. Er würde später sagen, dass ihr Gesicht – blass im Kontrast zu ihren schwarzen Haaren, die zu einem Pagenkopf mit dramatisch geradem Pony geschnitten waren, eingerahmt zwischen der Edelstahlplatte des Herds und der Dunstabzugshaube – ihn an das Pariser Kabarett der 40er Jahre denken ließ.
    Er war ihr schon während des Essens aufgefallen, und zwar dadurch, was er nicht war: großspurig, laut oder fordernd, normalerweise Standard bei den Egomanen, die in die Küche kamen. Er bedankte sich nach jedem Gang bei den Angestellten. Er behandelte die Kellnerinnen nicht, als arbeiteten sie in einem Herrenklub. Er lachte nicht über die geschmacklosen Witze eines rotgesichtigen Kollegen. Und er war der Einzige, der sich nicht über die Küchenregeln hinwegsetzte und eine Zigarre anzündete – umso erstaunlicher, als Kate später erfuhr, dass er Raucher war und es kein leichtes Unterfangen war, ihn zum Aufhören zu bewegen, bevor sie heirateten.
    Als er also Kate seine Visitenkarte gab und fragte, ob er sie wegen ein paar Kochtipps anrufen dürfe (er wollte am Wochenende Freunde zum Essen einladen, und was war eigentlich ein Brandteig?), hatte sie zugestimmt. Offensichtlich eine Ausrede und besonders durchsichtig, wenn man betrachtete, dass sich seine Kochkünste in all den Jahren, die sie ihn nun kannte, im Wesentlichen auf Zwiebelsuppe aus der Tüte mit Sour Cream beschränkten. Doch das war Kate egal gewesen. Sie hatte sich von seiner Direktheit angezogen gefühlt, die der ihren ähnlich war, und von der Vermutung, dass er wusste, was er wollte.
    Chris zu heiraten war leichter, als Kate sich eine lebensverändernde Entscheidung jemals vorgestellt hatte. Sicher gab es die körperliche Anziehungskraft und Romantik, wie sie sie auch schon mit anderen erlebt hatte. Aber niemals zuvor hatte jemand ihr so aufmerksam zugehört, ohne etwas Bestimmtes von ihr zu erwarten, sei es nun ein Lachen oder aber Sex am Ende des Abends. Chris erwartete nur sie selbst, wie sie wirklich war. Sie wohnten drei Jahre in Manhattan, bevor James geboren wurde. Als Chris bei dem Hotelinvestor aufstieg, bereisten sie die Orte, an denen seine Firma Geschäfte mit kleinen unabhängigen Objekten vermittelt hatte: Belize, Siena, Phuket, Goa. Sie verließ das Hotel-Restaurant, stieg als Partnerin in einer Patisserie im West Village ein und moderierte eine kleine Kochsendung beim lokalen Kabelfernsehen. Ihr Aufhänger war Hilfe zur Selbsthilfe beim Kochen für Hausfrauen, die meinten, sie seien zu beschäftigt, um sich damit abzuplagen.
    Der Slogan »Nennen Sie mir drei Lücken in Ihrem Tagesablauf, und ich verrate Ihnen ein tolles Abendessen« war zu ihrem Markenzeichen geworden. »Sie müssen es nur wirklich wollen, dann schaffen Sie es auch.«
    Einige Zuschauer hatten ein Problem mit ihrer Botschaft gehabt. Schenken Sie mir lieber drei Minuten Ruhe und dazu ein einfaches Essen aus drei Zutaten , hatte jemand geschrieben. Und jemand anderes: Setzen Sie ihr ein paar Kleinkinder vor die Füße, und dann schauen wir mal, ob sie es »schafft«. Nicht alles ist so einfach, wie es aussieht .
    Normalerweise warf sie die Briefe weg, nachdem sie sie gelesen hatte. Doch diese

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