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Wolkentaenzerin

Wolkentaenzerin

Titel: Wolkentaenzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nichole Bernier
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lange nicht geschrieben habe, aber das stimmt nicht. Ich habe in den letzten drei Jahren geschrieben. Ich habe ein neues Tagebuch angefangen, als wir nach Connecticut gezogen sind. Aber ich habe den Fehler gemacht, zu viel über alles zu schreiben – die neue Schule und wie schwer es war, Freunde zu finden, wie sehr ich Anna vermisste, wie schlecht es Mom ging und wie es schlimmer wurde, nachdem Dad ausgezogen ist.
Und vor vier Monaten hat Mom es dann gefunden und weggeworfen. Sie hat meine persönlichsten Aufzeichnungen gelesen. Und dann vernichtet. Sie hat gesagt, dass ich gefälligst keine Details über ihr Privatleben zu schreiben hätte und dass ich natürlich wieder schreiben könnte, wenn ich etwas Positiveres und Lebensbej ahendes mitzuteilen hätte. Mit so etwas muss ich mich jetzt die ganze Zeit herumschlagen, seitdem sie in der Spinner-Abteilung im Buchladen einkauft.
Also versuche ich es noch mal. Ich kann nicht versprechen, regelmäßig zu schreiben, aber schauen wir mal, wie es läuft.
29. November 1979
Thanksgiving war ätzend nicht so »positiv«, wie es hätte sein können. Mir hatte es schon davor gegraut, aber dann hat Claires Familie uns eingeladen, und Überraschung! Mom hat ja gesagt! Ich habe sofort angefangen, mir Sorgen zu machen. Was, wenn Mom zu viel »Cola« trank? Was, wenn sie etwas »nicht so Lebensbejahendes« sagte? Alles war möglich. Aber ich hätte mir gar keine Sorgen machen brauchen, weil es nie stattgefunden hat. Als ich an Thanksgiving aufgewacht bin, lag Mom schlafend auf dem Sofa, mit Beweismaterial auf dem Couchtisch, dass sie sich heimlich einen genehmigt hatte.
Ich bin lange laufen gegangen, und als ich nach Hause kam, war sie wach, aber ihr war hundeelend, und wir konnten auf keinen Fall zu Claire gehen. Ich wollte allein hingehen, aber da ist sie sauer geworden und hat geheult und gesagt: »Wir sind immer noch eine Familie, verdammt, auch wenn es keine besonders große Familie ist, und wir sollten zusammen feiern.« Ich musste Claire anrufen und sagen, dass wir uns beide einen Magen-Darm-Infekt eingefangen hatten, und uns entschuldigen. Dann fing Mom an, mit Töpfen zu klappern bei dem Versuch, ein tiefgefrorenes Hühnchen in einen Truthahn zu verwandeln, aber davon wurde ihr wieder schlecht, und ihr Magen-Darm-Infekt verteilte sich auf ihrem abgetragenen Flanellpyjama. Das hat man davon, wenn man sich heimlich einen genehmigt.
6. Dezember 1979
Komme gerade von einem Wochenende bei Dad nach Hause. Es ist schwer, ein Gesprächsthema mit ihm zu finden, aber wir haben uns dieses Mal besser verstanden. Je normaler und gutgelaunter ich mich verhalte, umso entspannter scheint er zu sein. Ich glaube, er fühlt sich total schuldig, wegen dem kaputten Zuhause und so. Oder vielleicht geht das allen so und man muss immer nur lächeln, lächeln, lächeln.
15. Dezember 1979
Heute hat mich Michael im Chemieunterricht angeguckt.
    Der Name ließ Kate zusammenzucken.
Er hat sich umgedreht und gelächelt. Zuerst dachte ich, dass er nicht mich angeguckt hatte, aber dann hat er es noch mal getan, also habe ich zurückgelächelt. Als die Stunde fast zu Ende war, hat er sich ganz umgedreht, sich herübergelehnt und geflüstert: »Würdest du das weitergeben?«, und mir einen Zettel in die Hand gedrückt. Und als ich mich umsah, um zu gucken, was er meinte, lächelte Alexis Matthews mich an und streckte die Hand aus.
Ich hatte echt keine Lust, zum Mittagessen in die Kantine zu gehen, so sehr hab ich mich geschämt, also bin ich in die Kunsträume gegangen, um an dem Bild weiterzuarbeiten, das ich Mom zu Weihnachten male. Ich male ein Foto von Anna ab, auf dem sie sechs ist und mit einem Eis auf einer Bank sitzt mit diesem total zufriedenen, schläfrigen Lächeln. Das ist mein Lieblingsfoto von ihr. Ich hoffe, es gefällt Mom. Dieses ganze »Tun wir so, als ob es nie passiert wäre« hat bei uns nicht so gut funktioniert. Vielleicht macht es Mom glücklicher, wenn wir Anna bei uns haben, wie wir sie kannten.
12. Januar 1980
Ich bin mit Dad in Sarasota, auf einer seiner Betriebsprüfungen außerhalb. Wir sind schon seit fast zwei Wochen hier, und es macht total Spaß, windsurfen und segeln zu lernen. Aber ich bin mir sicher, dass er mich angelogen hat. Das kann auf keinen Fall ein verspätetes Weihnachtsgeschenk sein. Ich habe von meinen Lehrern die Erlaubnis bekommen und meine Schulbücher mitgenommen, aber ihm scheint es egal zu sein, ob ich meine Hausaufgaben mache oder nicht.
Ich glaube,

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