Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wolkentaenzerin

Wolkentaenzerin

Titel: Wolkentaenzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nichole Bernier
Vom Netzwerk:
allein.
    Selbstbewusst, so nannte es die Lehrerin aus der Vorschule. Begierig darauf, Neues zu lernen. Aber sehr empfindlich auf Kritik reagierend. Wenn sie feststellte, dass sie etwas nicht ganz richtig gemacht hatte – über die Linien gemalt, zu viele P in ihren Namen geschrieben –, legte sie den Stift hin und ging weg. Kate korrigierte die Bestrebungen ihrer Tochter fast nie; Perfektion lag ihr nicht. Nur woher kam dann Pipers Empfindlichkeit? Hatten ein Lehrer oder eine Lehrerin sie zu nachdrücklich gescholten? Ein Babysitter? Man wusste nie, was jemand anders zu den Kindern sagte und was er damit auslöste.
    Der Kellner brachte die mit Gemüse und Salami beladene Pizza. Die Kinder nahmen jeweils ein Stück und pickten die Beläge herunter, die sie nicht mochten.
    »Meldest du dich bei Max, solange wir hier sind?«
    Chris klappte ein Stück zusammen und ließ Fett auf den Papierteller tropfen.
    »Ja. Er kann dieses Jahr noch mehr Hilfe als sonst gebrauchen.«
    Chris biss ab, und die Hälfte des Pizzastücks verschwand.
    »Ich dachte, er wollte verkaufen.«
    »Er hat ein Angebot bekommen, sich aber noch nicht entschieden. Aber er muss wirklich etwas tun.«
    »Wäre auf jeden Fall schade, wenn er verkauft.«
    Die Glocke an der Tür läutete, als noch eine Familie die Pizzeria betrat, ein Paar mit vier kleinen Kindern. Chris sah zu, wie sie an einem Tisch auf der anderen Seite des Restaurants Platz nahmen und jedes der Kinder sich still hinsetzte und die Karte studierte.
    »Hast du den Typen wegen dieser Sache zurückgerufen?«
    Kate wusste nicht, was er meinte, und sah ihn fragend an. Sie beobachtete, wie Piper zum zweiten Mal den Käsestreuer nahm, obwohl ihre Pizza bereits mit einer weißen Schicht bedeckt war. Kate tippte mit dem Finger auf den Teller ihrer Tochter, bedeutete ihr zu essen und stellte den Käsestreuer zurück neben die anderen Gewürze.
    »Der Typ mit der Stelle. Dein Bekannter aus dem Restaurant in Dupont Circle, das neu eröffnet wird.«
    Chris nahm ein paar Brokkoliröschen, die neben seiner Salami lagen, und platzierte sie zusammen mit den Stückchen grüner Paprika am Tellerrand wie die Kerne einer Wassermelone.
    Kates Freund Anthony aus der Kochschule hatte angerufen, kurz bevor sie losgefahren waren. Er hatte eine Stelle als Koch in einem neuen Restaurant in Washington angenommen und wollte Kate als Patissière vorschlagen. Es war eine großartige Chance. Sie wollten hauptsächlich lokal und ökologisch angebaute Speisen zubereiten, und die Ausstattung sollte ein Team vornehmen, das fast in jedem Ort an der Ostküste Preise für sein Design erhalten hatte.
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Ich bin noch nicht dazu gekommen.«
    »Zu viel«, sagte er zustimmend.
    »Nein, das nicht. Aber …«
    »Au, das ist scharf!«, heulte Piper auf und hielt sich die Hand vor den Mund.
    »Was? Ach Süße, du hast das Chilipulver draufgestreut«, sagte Kate und hielt dem Mädchen eine Serviette unter das Kinn. »Du solltest doch nur Käse draufstreuen.«
    Chris legte Piper ein neues Stück auf den Teller und stellte den Käsestreuer daneben.
    »Aber was?«, fragte er Kate. James spielte mit dem Chilipulver und schob den Streuer in Pipers Richtung. Kate nahm ihn ihm weg und stellte ihn auf den Nebentisch.
    »Aber … Ich kann es mir einfach nicht richtig vorstellen«, sagte sie. »Wie es mit den Kindern gehen sollte.«
    Restaurantschichten waren grausam. Sie müssten eine Tagesmutter anstellen, die flexibel in ihrer Stundeneinteilung war und auch lange Schichten arbeiten konnte, wenn Chris auf Reisen war. Sie hatten es schon einmal versucht. Als Piper ein Baby war, hatte Kate in einem neu eröffneten Bistro in der Stadt gearbeitet. Die Abende waren lang, und wenn sie nach Hause kam, stand sie immer noch unter Strom, in Gedanken bei Menüzusammenstellungen und enttäuschenden Lieferanten, so dass sie allzu häufig einen Kräutertee mit einer Tablette NyQuil brauchte, um abzuschalten. Einmal kam sie morgens in die Küche und sah, dass sie am Abend eine der Platten vom Gasherd angelassen hatte, eine Flamme, die über Stunden hinweg gefährlich niedrig vor sich hin züngelte. Zwei Wochen lang spukten ihr Szenarien im Kopf herum, was alles hätte passieren können – ein Funke, ein Auflodern, Chris fort und sie von Tabletten benebelt –, und schließlich kündigte sie im Restaurant. Es waren nicht die langen Schichten so bald nach der Geburt, die sie so mitnahmen, auch wenn sie das allen erzählte, sogar

Weitere Kostenlose Bücher