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Wolkentaenzerin

Wolkentaenzerin

Titel: Wolkentaenzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nichole Bernier
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Regierungsmitglieder in Washington räumten ein, dass es unmöglich sei, einen Selbstmordattentäter an einem überfüllten öffentlichen Ort wie einem Einkaufszentrum oder einer Fußgängerzone ausfindig zu machen und eine Bombenexplosion abzuwenden. »Wenn jemand fest entschlossen ist, auf einem öffentlichen Platz Verwüstung anzurichten, ist es so gut wie unmöglich, diese Person aufzuhalten«, so ein Regierungsmitglied, das anonym zu bleiben wünscht. Ein weiteres Mitglied des Nachrichtendienstes warnte vor Terrorzellen, die durch Attentate in Kleinstädten die Zuversicht der USA weiter erschüttern wollen.
    Kate schob den Teller wieder auf die Zeitung und lehnte sich zurück, nahm ihre Kaffeetasse und sah den Kindern zu.
    Jeden Tag gab es etwas Neues, irgendeine Gefahr, von der man am Tag davor noch nicht den Schimmer einer Ahnung hatte. Zu Anfang schien alles möglich, jeden Moment konnte es eine Sondersendung wegen eines neuen Vorfalls geben, sei es über einen Wasserspeicher in Kalifornien, der mit Anthrax verseucht wurde, über Rinderwahnsinn, der bei US-amerikanischem Vieh festgestellt oder über den Ebolavirus, der am JFK -Flughafen übertragen wurde. Die Nachrichten überraschten sie nicht länger, auch wenn sie Kate nicht gleichgültig ließen. Sie fand es eher erstaunlich, dass sich schon wieder ein neuer Weg auftat, der ihr das Gefühl gab, sie befände sich in einer Escher-Zeichnung, in der die Grundpfeiler der Welt verrückt worden waren.
    Sie hatte stets ganz normale Sicherheitsvorkehrungen getroffen. Ein Feuerlöscher in der Küche, eine Alarmanlage am Haus. Aber die Gefahren hatten sich im letzten Jahr verändert. Vor ein paar Monaten hatte es die Panik gegeben, dass sich jemand an der Wasserversorgung von Washington zu schaffen gemacht hatte, und kurze Zeit später hatte eine Bombendrohung die Evakuierung der U-Bahn erfordert, als Kate gerade auf die Bahn wartete. Eine halbe Stunde lang hatte sie sich langsam durch die Tunnel nach oben zum Ausgang geschoben, umgeben von verängstigten Pendlern, die nach jeder noch so winzigen Information gierten.
    Die wenigen Vorsichtsmaßnahmen, die sie treffen konnte, hatte sie ergriffen. Falls die Situation in Washington unerträglich würde, könnten sie sich in ein Wochenendhaus von Freunden auf dem Land in Maryland zurückziehen. Im Auto hatte sie Vorräte an Wasserflaschen und Konserven angelegt. Sie und Chris hatten sich gemeinsam für das Häuschen entschieden – die meisten ihrer Bekannten in Washington besaßen so einen Zufluchtsort –, aber den schweren Vorratskarton hatte sie persönlich in den Kofferraum gestellt. Als Chris ihn entdeckte, hatte er die Augen verdreht. Das kann doch wohl nicht dein Ernst sein. Wir sind hier in Washington, Kate, nicht in Tschernobyl. Sie hatte in sein Lachen eingestimmt und den Karton wieder herausgenommen. Bisher hatte Chris die Vorräte in der Reserveradmulde noch nicht entdeckt.
    Kate schob die Zeitung zur Seite und trank den letzten Schluck Kaffee, der letzte, den sie im Haus hatten. Sie nahm ihren Stift und schrieb eine Einkaufsliste, angefangen bei Frühstückszutaten bis hin zu den Lebensmitteln, die sie für ihre Lieblingsgerichte benötigten. Reisessig, Ingwer, Hühnchenbrust . Im Garten spielten die Kinder nun nicht mehr Krocket, sondern Dreckdusche, wobei sie sich Gras und Erde über den Kopf gossen. Waschmittel , fügte sie hinzu. Shampoo .
    Heute Abend würde sie allerdings nicht kochen, zumindest nichts Besonderes. Nur etwas Einfaches für die Kinder. Sie hatten eine Babysitterin aus einer Liste von Collegestudenten auf der Insel ausgewählt und würden ihren Hochzeitstag in ihrem Lieblingsrestaurant feiern. Phlox hatte vor fünf Jahren eröffnet, zunächst als ein buntes Café im Wald, das eine Kult-Anhängerschaft für frische Meeresfrüchte und ökologisch angebautes Obst und Gemüse aus dem eigenen Garten anzog. Schon bald hatten die Zeitungen und Magazine davon Wind bekommen, und das Café hatte sich um eine Lounge erweitert, die Urlauber auf der Suche nach dem neuesten Trend anzog. Die Plätze waren begehrt, obwohl die meisten Gäste die Qualität kaum zu würdigen wussten; sie würden auch Wolfsbarsch aus algenverdreckten Becken essen, wenn es nur in schicker Schrift auf der Karte stand.
    Kate sollte sich eigentlich auf den Abend freuen, auf gutes Essen, das von jemand anderem zubereitet und weggeräumt wurde. Sie wollte sich die Haare zurechtmachen und das rosa Sommerkleid anziehen, das nach

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