Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wolkentaenzerin

Wolkentaenzerin

Titel: Wolkentaenzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nichole Bernier
Vom Netzwerk:
sie dazu bewegen können, über ihr Buch zu reden, das alte zerlesene Ding, das sie jahrelang wie eine Bibel mit sich herumgeschleppt hat. Wahrscheinlich lag es mehr an ihrer Bereitwilligkeit generell oder ihrem Gemütszustand als an irgendetwas, das ich gesagt oder getan habe, denn sie hat bisher nie auf meine Fragen geantwortet. Ich habe ein paarmal einen Blick in das Buch geworfen, während sie schlief. Es wird viel über Feuer und die Seele gefaselt, wie man Ärger kanalisiert, und über schlechte Angewohnheiten, Wahrheit und Göttlichkeit. Auf dem Schutzumschlag ist ein langhaariger Typ abgebildet. Ich glaube, er hat was mit dem Ort zu tun, wo sie hin ist, als ich während der Highschool mit Dad in Sarasota war. Ist nur so ein Bauchgefühl.
»Schönes Cover«, habe ich gesagt und daraufgezeigt. »Würde toll aussehen, wenn man es malt.« Das finde ich wirklich. Im Hintergrund sind asiatisch anmutende Pinselstriche auf einem blättrigen Muster, das bestimmt hübsch war, bevor es so schmuddelig und so viel geknickt wurde. Mir war bewusst, dass ich das Buch dadurch trivialisieren könnte, aber man sucht ja nach einem Aufhänger, wo es eben geht.
»Schönes Cover«, ahmte sie mich nach. »Dir geht es immer nur um die Ästhetik. Ich wünschte, du hättest etwas, woran du wirklich glauben könntest, Lizzie.«
Ich brauchte einen Moment, um den Ärger hinunterzuschlucken, der immer bei mir hochkommt, wenn sie Kunst als eine Erklärung dafür benutzt, dass es mir an diesem oder jenem mangelt. Ich versuchte, eine Entgegnung zu finden, die offen und nicht defensiv klang. Ich versuchte, mir vorzustellen, wie es sich anfühlen muss, wenn man weiß, dass man nicht mehr viel Zeit hat und dass es einem nicht gelingt, diese eine Sache, die einem im Leben wichtig ist, weiterzugeben. Wie es ist, eine Mutter zu sein, deren Kind einem nicht ähnelt und wahrscheinlich eine Enttäuschung darstellt und eine ständige Erinnerung an das Kind ist, das einem nicht geblieben ist.
»Ich glaube an vieles«, habe ich gesagt.
Sie schüttelte den Kopf. »Du bist verschlossen, Lizzie, nicht empfänglich. Du wirkst abweisend auf andere.«
Da konnte ich nicht mehr anders. »Verschlossen? Woher habe ich das wohl, Mom? Du bist die Königin der Heimlichtuerei.« Ich sah auf das Buch und wollte noch hinzufügen: Auch wenn du bei diesen Leuten vielleicht anders warst. Aber ich habe nichts gesagt.
Sie sah mich mit ihren glänzenden morphingetränkten Augen durchdringend an und sagte: »Es gehört zum Erwachsenwerden dazu, dass man seine Fehler akzeptiert und anstatt andere dafür verantwortlich zu machen, sie einfach selbst in Ordnung bringt. Manchmal können Menschen das alleine, manchmal brauchen sie Hilfe. Ich rede nicht bloß über Religion«, hat sie gesagt. »Glaube bedeutet auch, dass man an sich selbst glaubt und daran, was Menschen mit ihrem Geist bewerkstelligen können, mehrere Menschen, die sich zusammentun. Es ist unglaublich, was man mit der richtigen Einstellung und der richtigen Unterstützung erreichen kann.«
Normalerweise fühle ich mich unwohl, wenn jemand mir so von der Kraft des positiven Denkens vorschwärmt. Kleine Gemeinheiten kommen mir in den Sinn. Wie Notnagel. Hoffnungsloser Fall. Und Freak. Aber meine Mutter ist nicht unintelligent, und welche Art von Selbsthilfe sich auch in ihr verankert hatte, wie könnte ich behaupten, es hätte nicht geholfen? Nachdem sie weg war, hat sie aufgehört zu trinken, schien weniger wütend, hat angefangen, über Anna zu reden, hat einen guten Job bekommen und wirkte ganz einfach glücklicher. Ich bin keine Expertin darin, wie die Welt funktioniert. Sie ist vielleicht rund und logisch, und wir stammen alle von Affen ab und so weiter, aber es könnte auch intelligente Lebensformen auf dem Mars geben, und ganz vielleicht gibt es auch intelligente Lebensformen in Kulten um positiv denkende Langhaar-Gurus …
    Kate erkannte sich darin wieder. Diese Passage erinnerte sie an ihre eigene Überzeugung: Man kann nie wissen. Manchmal erkennt man etwas besonders Wertvolles nicht, manchmal gibt es Erklärungen für scheinbar Unerklärliches. Das hatten sie und Elizabeth gemeinsam gehabt. Wenn jemand nicht offen war für etwas, hatte Elizabeth immer gesagt: Sie hat Angst, dass ihr Gehirn eine Erkältung bekommt .
… Sie war gereizt, aber sie machte nicht dicht, also habe ich weitergefragt. »Mom, wieso bist du dorthin gegangen? Als ich damals mit Dad nach Florida gefahren bin?«
Ich dachte, wenn sie mir

Weitere Kostenlose Bücher