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Wolkentaenzerin

Wolkentaenzerin

Titel: Wolkentaenzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nichole Bernier
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dass sie immer noch Annas Aquarium hat.
Sie hat mich gefragt, wie lange ich bleiben würde, aber aus ihrem Tonfall konnte ich heraushören, dass sie eigentlich fragte: »Wann fährst du wieder?« Als ob ich in diesem Arrangement diejenige wäre, die sie von etwas abhält.
Ich müsste lügen, wenn ich behaupten würde, ich hätte nicht darüber nachgedacht, den nächsten Flieger nach Florenz zu nehmen, aber hier ist buchstäblich niemand sonst für sie da. Und ehrlich gesagt gibt es auch niemanden, der für mich da wäre.
    Kate fragte sich, ob Elizabeth jemals zurückgeblickt hatte, sich vorgestellt hatte, wie ihr Leben verlaufen wäre, wenn sie in Italien geblieben wäre. Aber wie sie Elizabeth einschätzte, hätte sie das niemals offen zugegeben.

    Die ganze zweite Woche auf der Insel las Kate über das Jahr, in dem Elizabeth sich um Amelia kümmerte. Drei Aufgaben wechselten sich regelmäßig ab: sicherstellen, dass ihre Mutter die Medikamente einnahm, sie zu ihren Arztterminen bringen und versuchen, sie zum Essen zu bewegen. An guten Tagen fuhren sie spazieren; Elizabeth nahm eine Thermoskanne Pfefferminztee mit, und sie fuhren durch den historischen Stadtteil, wo sie sich zwischen den vornehm renovierten viktorianischen Gebäuden hindurchschlängelten. Zum Schluss kamen sie stets an den Strand, wo sie von dem Parkplatz aus, an dem Elizabeth früher mit Michael gesessen hatte, den Möwen über dem Wasser zusahen.
    Während die Monate verstrichen, schien das Verhältnis der beiden entspannter zu werden, wenn auch nicht enger. Ich habe nicht die emotionalen Erleuchtungen, die man angeblich bekommt, wenn man sich so intensiv um jemanden kümmert. Wir sind herzlich zueinander, und manchmal spürt man Wärme, aber das war auch schon alles. Ich rechne es ihr hoch an, dass sie in den letzten Jahren etwas normaler geworden ist, und hin und wieder spüre ich einen Anflug von Nähe. Aber ich habe immer noch das Gefühl, dass ich absolut nichts über sie weiß.
    Ja, dachte Kate. Ich weiß genau, was du meinst.

    Im März erhielten Amelia und Elizabeth einen Anruf wegen der Hypothek. Um ihre Finanzen stand es nicht gut. Etwa um die gleiche Zeit rief die Werbeagentur an, für die Amelia halbtags gearbeitet hatte, und erkundigte sich, ob sie bald zurückkommen würde oder ob sie sich nach einem dauerhaften Ersatz umsehen sollten. Spontan fragte Elizabeth, ob sie vorübergehend die Stelle ihrer Mutter übernehmen könne, und gab als Referenz die Galerie in SoHo an, in der sie in ihrem zweiten Studienjahr gearbeitet hatte. Sie begann, drei Tage die Woche in der Agentur zu arbeiten, zu der sie mit dem Auto ihrer Mutter nach Stamford fuhr, und nach wenigen Monaten wurde sie Assistentin in der Designabteilung. Sie legte Überstunden ein und half den Grafikern aus, bis aus ihrem Bluff echte Kenntnisse im Umgang mit den Computerprogrammen wurden. Als schließlich eine Stelle frei wurde, fragte niemand nach ihren Zeugnissen oder ihrem Abschluss.
    Im Mai bekam Amelia Anspruch auf eine klinische Studie im Yale-New-Haven-Krankenhaus, was bedeutete, dass sie mehrmals pro Woche gefahren werden musste. Zunächst sperrte sich Malcolm, Elizabeths Chef, dagegen, sich auf ihren Terminplan einstellen zu müssen, und drängte sie, eine andere Lösung für die Fahrten ihrer Mutter zu finden. Was soll ich denn machen, einen Taxiservice bezahlen? Irgendeine Krankenschwester anstellen? Dafür bin ich nicht nach Hause gekommen. Ich verstehe vielleicht manchen Fremden besser als sie, aber ich bin nicht nach Hause gekommen, um jemand anderen dafür zu bezahlen, dass er sich um meine Mutter kümmert. Letztendlich ließ Malcolm Elizabeth für ein verringertes Gehalt in Teilzeit von zu Hause aus arbeiten.
    Eine Zeitlang befand sich Amelia in der Warteschleife. So nennt ihr Team das, als wäre sie eine 747, die über LaGuardia kreist . Doch im Sommer verschlechterte sich ihr Zustand.
12. August 1985
Es streut sich. Es geht ihr viel schlechter, und sie isst fast gar nichts mehr. Ich mache ihr Shakes mit Bio-Babynahrungsflocken und kaufe alberne Strohhalme aus dem Spielzeugladen, weil die sie zum Lächeln bringen. Aber nichts davon macht einen großartigen Unterschied. Sie ist meistens gereizt, aber dann und wann, wenn ich ihre Medikamente gerade richtig dosiere, bekomme ich ein Bruchstück von ihr zu sehen, das ich noch nicht kenne. Oder vielleicht war sie auch schon immer so und hat es nur nicht gezeigt. Oder nur mir nicht gezeigt.
Heute Nachmittag habe ich

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