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Wolkentaenzerin

Wolkentaenzerin

Titel: Wolkentaenzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nichole Bernier
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gepinkelt, hätte ich nicht solche Angst gehabt, sie sahen wirklich aus, als würden sie einen Ausbruch des Ebolavirus eindämmen wollen, weite Raumanzüge, kniehohe Stiefel und Helme mit Plastikvisieren.
Der Erste hob mich mit behandschuhten Händen hoch von der Stelle, wo ich barfuß stand, dann kamen die beiden anderen rein, sahen auf die Lache, als stünden sie auf einem Schauplatz der Behörde für Umweltschäden, und besprachen die Säuberungsaktion. Dann kontaktierte einer per Funk die Giftnotrufzentrale und erfuhr, dass Quecksilber vom Menschen nicht über bloße Berührung aufgenommen werden kann und nur bei extrem hohen Temperaturen gasförmig wird.
Dann beruhigte sich alles wieder. Alarmbereitschaft 1 und Alarmbereitschaft 2 diskutierten darüber, wie das Quecksilber nun am besten zu beseitigen sei, aber es teilte sich in immer kleinere Kügelchen und rollte zwischen die Dielen. Sie kamen ins Schwitzen, nahmen die Helme ab und dann auch ihre Handschuhe, die bis zu den Ellenbogen reichten, und kratzten sich am Kopf. »Wie wär’s mit Klebeband?«, schlug ich halb im Scherz vor.
Und so haben wir dann die toxische Lache beseitigt, die die gesamte Gefahrguteinsatztruppe von Southbrook, Connecticut, erforderte. Mit Klebeband, wie man Fusseln von einem Anzug entfernt. Zwei Stunden waren sie da, und Jonah hat einfach weitergeschlafen.
Mittwoch, 10. April 1996
Habe der Spielgruppe heute Morgen von meinem Thermometer-Zwischenfall erzählt. Habe vor allem damit gerechnet, dass sie darüber lachen würden, aber auch gehofft, dass sie mir versichern würden, Jonahs mentale Entwicklung würde nicht darunter leiden. Aber nachdem ich die Geschichte erzählt hatte, haben alle geschwiegen. Es hat buchstäblich niemand einen Ton gesagt. Fünf Sekunden vergingen. Dann stieß Leslie ein »Oh Gott« aus. Und Regan fragte, ob ich mit ihm zum Kinderarzt gegangen sei. (Nein.) Dann noch ein Schweigen, und Petra bemerkte: »Ich würde nie ein Quecksilberthermometer im Haus haben. Das ist einfach zu riskant.« Und alle murmelten ihre Zustimmung.
Ohne defensiv klingen zu wollen, erklärte ich, dass mein Kinderarzt mir gesagt hatte, Quecksilberthermometer seien am genauesten. Und dann fing Brittain an zu erzählen, nach welchen Kriterien sie ihren Kinderarzt ausgesucht hatte, wie sie seine Referenzen überprüft hatte und sichergegangen war, dass es nie einen Prozess wegen ärztlicher Kunstfehler gegen ihn gegeben hatte, etc.
Zyankali-Kapseln im Kaffee. Mit Anthrax bestrichene Pfeile. Solche Sachen hätte ich jetzt gern zur Verfügung gehabt.
Ich lächelte, und ich werde auch weiter lächeln. Ich werde Jonah nicht seine kleinen Spielkameraden vorenthalten, mit denen er sich auf dem Boden tummeln und an Halloween in Babykostümchen verkleiden kann. Aber es wird mich einiges an Überwindung kosten, ihnen dann keine Quecksilberthermometer in die Süßigkeitentüte zu stecken.
Freitag, 12. April 1996
Die Chefdame sagte mir, die Agentur sei nicht bereit, mich Teilzeit einzustellen. Ich fasse es nicht. Ich war so sicher, dass sie zustimmen würden. Wir setzen jetzt also einen Honorarvertrag auf, und ich arbeite dann Teilzeit von zu Hause aus. »Vertrau mir«, sagte Victoria. »Ich krieg das schon hin.«
Dave hat es in die oberen 30 Prozent geschafft. Er war noch nie so weit oben auf der Rangliste. Habe ihn in einem Interview auf ESPN gesehen, eine gute Mischung aus enthusiastisch, professionell und bescheiden, aber das Grinsen eines Sechsjährigen hat sich auch eingeschlichen. Er kann nicht anders.
Freitag, 19. April 1996
Am Montag stellen sich ein paar Kindermädchen bei mir vor für eine Teilzeitstelle. Wir haben endlich eine Anzeige aufgegeben, nachdem ich Dave davon überzeugen konnte, drei Nachmittage die Woche in Ordnung zu finden, gerade da ich ja zu Hause arbeiten werde. Victoria ist wirklich toll und gibt mir so viele Aufträge, wie ich eben schaffe. Schon verrückt, aber es macht mir mehr Spaß als je zuvor. Sie schob mir einen Kunden zu, für den sich niemand sonst so recht begeistern kann, einen japanischen Sake-Hersteller. Letzte Nacht habe ich dann an Entwürfen für das Label gesessen und dabei vollkommen die Zeit vergessen. Ich habe jetzt ein Konzept für eine Art Scherenschnitt, der wie Kirigami aussieht, zarte Reishalme, die sich im Wind wiegen. Habe erst um halb drei aufgehört, als Jonah zum Stillen aufgewacht ist. Heute verfluche ich mich natürlich dafür, ich kann kaum geradeaus gucken, so müde bin ich.
Es ist

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