Wollmann widersetzt sich: Roman (German Edition)
korrigierte ich sie, »es waren eindeutig Schwäne.«
Jutta schüttelte den Kopf.
»Außerdem«, setzte ich nach, »hättest du mir lieber mal enge Unterhosen kaufen sollen anstatt dieser Schlabbershorts.«
Sie sah mich verärgert an. »Jetzt bin ich also auch noch schuld?«
Ich überlegte, ob es etwas nützte, wenn ich mir kurz die Bikinihose anzog.
Aber ich wollte sie nicht noch weiter provozieren.
»Frau Sartorius kann mich einfach nicht leiden«, sagte ich beleidigt und legte mich ins Bett.
»Ist es denkbar«, meinte Jutta, während sie sich neben mich legte, »dass du ein grundsätzliches Problem mit meinen Bekannten hast?«
Aber noch ehe ich darüber nachdenken konnte, ob dies wirklich ein Problem für mich war, war ich schon eingeschlafen.
Samstagmittag brachen wir zum Squashspielen in den Südwesten der Stadt auf. Dieses Mal hatte ich jedoch darauf bestanden, selber zu fahren. Sonst saß Jutta hinter dem Steuer, zum einen, weil der Suzuki ihr gehörte, und zum anderen, weil ich nur über wenig Fahrpraxis verfügte. Zuletzt war ich rückwärts aus der Garage gefahren und hatte dabei den Gartenzaun und einen Straßenbaum gerammt.
Aus diesem Grund wirkte Jutta etwas steif, als ich den Wagen mit der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h in Richtung Squashcenter lenkte. Lange genug war ich der Beifahrer gewesen und hatte nichts gesagt, wenn Jutta zu schnell oder zu langsam gefahren war. Es war an der Zeit, das Steuer endlich selbst in die Hand zu nehmen, und wo, wenn nicht in einem Auto, wäre die Umsetzung meines Wunsches leichter zu verwirklichen gewesen.
Leider war mein Fahrstil alles andere als überzeugend. Schon weit vor Kreuzungen bremste ich nervös, auch wenn die Ampel gerade auf Grün gesprungen war. Hinter einem in zweiter Reihe parkenden Lieferwagen blieb ich so lange stehen, bis alle Autos an mir vorbeigefahren waren. Ich blinkte selbst dann, wenn die Straße nur einen leichten Bogen machte, und bei einem Stau fuhr ich so dicht an das vordere Fahrzeug heran, dass kein Blatt Papier mehr zwischen die Stoßstangen gepasst hätte. Kurz, ich fuhr wie eine achtundneunzigjährige Frau, die vor zwei Tagen ihren Führerschein gemacht hatte.
Erschwerend hinzu kam, dass ich keine Ahnung hatte, wohin wir überhaupt mussten. Zwar war am Morgen mehrmals der Name Zehlendorf gefallen, aber ich hatte nicht die geringste Ahnung, wie man dorthin kam.
Dies hatte bald auch Jutta erkannt, denn als wir ein Schild mit dem Hinweis »Charlottenburg – Mitte – Zoo« passierten, fragte sie höflich nach, ob mir eigentlich klar sei, dass wir gerade in die entgegengesetzte Richtung führen. Ich nickte, machte aber nicht gleich kehrt, um nicht orientierungslos zu wirken. Erst als Jutta mit dem Stadtplan beschäftigt war, nutzte ich die Gelegenheit und drehte rasch an der nächsten Kreuzung um.
In Zehlendorf verschärfte sich die Lage noch einmal, da wir beide die Adresse des Squashcenters vergessen hatten.
»Nun frag doch endlich mal jemanden«, drängte mich Jutta, nachdem wir eine gute Viertelstunde im Kreis gefahren waren.
»Es muss hier doch irgendwo sein«, entgegnete ich unbeirrt, »so ein Center versteckt sich ja nicht im Hinterhof.«
Obwohl ich mich sonst gerne beraten ließ, verweigerte ich eine Beratung am Straßenrand.
»Männer!«, sagte Jutta kopfschüttelnd. »Keine Ahnung wo’s langgeht, aber das mit Überzeugung.«
Ich war angenehm überrascht, dass ich auf einmal so klare männliche Eigenschaften besaß. Vielleicht sollte ich noch länger ohne Beratung im Kreis fahren, um den Eindruck unauslöschbar in Juttas Hirn zu verankern.
Mit einer halben Stunde Verspätung erreichten wir zufällig das Squashcenter. Ich parkte auf dem Behindertenparkplatz, weil ich mir nicht vorstellen konnte, dass Behinderte Squash spielten.
Gunnar wartete bereits ungeduldig am Empfang. Er trug einen olivgrünen Trainingsanzug und ausgetretene Turnschuhe. Selbst darin wirkte er erstaunlich elegant.
»Und ich dachte schon, ihr habt mich vergessen!«, rief er und küsste Jutta sofort auf beide Wangen, während ich acht Sekunden, ich hatte genau mitgezählt, mit ausgestreckter Hand seine Begrüßung erwartete. Als er mich schließlich bemerkte, hatte ich meine Hand längst fallen gelassen.
»Ich habe uns schon einen Platz reserviert«, sagte er dennoch freundlich zu mir gewandt, »hier ist dein Schläger.« Er überreichte mir einen rosafarbenen Schläger, der dazu noch viel kleiner war als seiner. »Sie
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